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Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Titel: Ich sehe was, was du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Diaz
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er mir das Tablettendöschen wegnahm. Ich habe das Döschen nie wieder gesehen. Aber ich wusste, was er getan hatte. Meine Fingerabdrücke waren auf dem Döschen mit den Tabletten, die er benutzt hatte, um meinen Vater zu töten,
meine
Fingerabdrücke – nicht die von jemand anderem. Ich konnte keinem Menschen von all dem erzählen, nicht einmal Logan, denn wenn ich das getan hätte …«
    »Hattest du wirklich Angst, dass Logan denken könnte, dass du euren Vater ermordet hast?«, fragte er, unfähig, seine Überraschung zu verbergen.
    Stirnrunzelnd schüttelte sie den Kopf. »Nein, nein, natürlich nicht. Logan würde nie so etwas von mir denken. Aber er trauerte auch noch um meinen Vater. Ich wollte ihm den Schmerz und das Wissen ersparen, dass der Tod unseres Vaters hätte verhindert werden können. Ich wollte ihm das Wissen ersparen, dass ich einen schlechten Menschen in unsere Familie aufgenommen hatte und dass dieser Mensch für den Tod unseres Vaters verantwortlich war.«
    »Das ist nicht deine Schuld. Es wäre besser gewesen, es Logan zu erzählen. Er hätte dir beigestanden.«
    »Wie denn? Wie hätte er mir beistehen können? Indem er für den Fall, dass die Tabletten eines Tages wieder auftauchten, alle belastenden Beweise beseitigte? Ehrlich gesagt weiß ich nicht einmal, ob er so etwas tun würde – selbst wenn er es könnte –, und außerdem wollte ich das Risiko nicht eingehen. Die Arbeit bei der Polizei ist sein Leben. Es hätte ihn innerlich umgebracht, wenn er gegen alle seine Überzeugungen hätte handeln müssen, um wegen mir Beweise zu unterdrücken. Das konnte ich ihm nicht antun, und ich wollte ihn auch nicht zwingen, sich zwischen seiner Integrität und seiner Schwester zu entscheiden.«
    Resigniert zuckte sie mit den Schultern. »Nicht, dass das jetzt noch wichtig wäre. Die Polizei hat das Pillendöschen und meinen Computer beschlagnahmt. Es gibt nichts, das man jetzt noch tun könnte. Ich muss ins Gefängnis, und der Mann, der meinen Vater getötet hat, läuft immer noch frei herum und kann ungehindert weitere Familien zerstören. So wie er meine zerstört hat.« Beim letzten Wort schüttelte sie ein Schluchzen, und sie vergrub das Gesicht in den Händen.
    Pierce ertrug es nicht, sie so leiden zu sehen. Er streckte die Hand nach ihr aus und zog sie auf seinen Schoß, hielt sie fest umschlungen und wiegte sie in seinen Armen, bis sie aufhörte zu zittern. »Warum hast du mir das alles nicht gleich erzählt?«, flüsterte er.
    »Nachdem ich dich so verletzt hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich dir vertrauen konnte. Ich hatte Angst, dass du Logan alles erzählen würdest. Das konnte ich nicht riskieren.«
    Noch vor einer Woche hätte er Logan wahrscheinlich wirklich alles erzählt. Aber inzwischen … zur Hölle, er wusste nicht, wie er sich entschieden hätte. Nachdem die Polizei das Pillendöschen gefunden hatte, stand das ohnehin nicht mehr zur Debatte.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür und Alex kam herein.
    Pierce warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Sind die fünf Minuten schon vorbei?«
    »Es waren sogar zehn.« Alex zog einen Stuhl heran, um sich zu setzen. Sein Blick wanderte zwischen ihnen hin und her, als er die Spannung im Raum wahrnahm. »Braucht ihr noch mehr Zeit?«
    Pierce sah zu Madison und hob fragend eine Augenbraue.
    Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, doch dann presste sie die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Sie setzte sich auf ihren eigenen Stuhl, richtete sich kerzengerade auf und starrte die gegenüberliegende Wand an.
    Was hatte sie ihm sagen wollen? Gab es noch etwas, das sie ihm verschwieg? Er würde nicht umhin kommen, sie das zu fragen – aber erst später, wenn sie allein waren und wenn sie wieder bereit war, seine Fragen zu beantworten. In diesem Moment sah sie sehr verletzlich aus. Sie wirkte, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen.
    Alex überflog eine Seite in der Akte und sah sie an. »Ich gehe davon aus, dass ihr Ehemann die Internetrecherchen durchgeführt hat und dass es ihm gelungen ist, ihre Fingerabdrücke auf dem Pillendöschen zu platzieren. Oder dass er das Etikett auf dem Döschen gegen das Etikett von einem der Medikamente ausgetauscht hat, die ihr Vater von seinem Arzt verschrieben bekommen hat.« Er machte sich ein paar Notizen. »Vor allem angesichts der Entführung erscheint das logisch. Die beweist nämlich, dass er Zugang zu Ihrem Haus hatte. Wahrscheinlich hat er sich Zutritt verschafft, als

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