Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Titel: Ich sehe was, was du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Diaz
Vom Netzwerk:
sehen, was die Leute so gebannt anstarrten. Als er sich Madison wieder zuwandte, wirkte er angespannt. Er bat sie, hinüber zu dem Gebäude zu gehen, neben dem sie standen. »Rühr’ dich nicht von der Stelle. Ich bin sofort wieder da.«
    »Warte, was hast du gesehen?«
    Doch er bahnte sich bereits seinen Weg durch die Menge. Rote und blaue Lichter blitzten auf, als ein Polizeiauto in das vor ihnen liegende Ende der Straße einbog.
    Madison gab es auf, etwas sehen zu wollen. Doch als einer der beiden eingetroffenen Polizisten anfing, die Leute wegzuschicken, teilte sich die Menge allmählich. »Wenn Sie kein Zeuge sind, gehen Sie bitte weiter. Machen Sie Platz«, bellte einer der Beamten.
    Die Leute murrten und beklagten sich zwar, gingen jedoch aus dem Weg.
    Der Mann, der direkt vor Madison stand, trat ebenfalls zur Seite, und endlich konnte sie sehen, was die Leute anstarrten.
    Mitten auf der Straße lag der junge Mann, der Madison noch vor wenigen Augenblicken beschimpft hatte. Sein Hals war seltsam verdreht. Das Fahrrad lag neben ihm, und seine blinden Augen starrten in den hellen Sommerhimmel, den er nie wieder sehen würde.
    Madison konnte kaum atmen. Und unwillkürlich griff sie sich an die Kehle.
    Pierce war zusammen mit einem Polizisten neben der Leiche in die Hocke gegangen. Die Gesten der beiden legten den Schluss nahe, dass sie ein weißes Blatt Papier diskutierten, das auf dem Bauch des Toten lag.
    Nach Luft ringend wandte Madison sich ab. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, etwa mit ihr auf einer Höhe, stand eine wohlbekannte Gestalt in der Menge. Da er die Kapuze seiner Jeansjacke tief in die Stirn gezogen hatte, war sein Gesicht nicht zu sehen. Sie wusste dennoch, wer da stand.
    Damon.
    Madison schrie laut Pierce’ Namen, und Damon tauchte in der Menge unter. Die Leute um sie herum wichen vor ihr zurück, und plötzlich war Pierce bei ihr und griff nach ihren Schultern.
    »Was ist los, Mads? Bist du verletzt?« Auf der Suche nach Verletzungen tastete er sie besorgt ab.
    Sie schüttelte den Kopf und versuchte, an ihm vorbeizuspähen. Sie verdrehte ruckartig den Kopf, während sie mit den Augen die Menge absuchte.
    Pierce rüttelte sie sanft, aber bestimmt an den Schultern. »Was ist los? Warum hast du geschrien?«
    Sie schluckte mühsam. »Damon, ich habe Damon gesehen.«
    Pierce beendete das Telefonat und schob das Handy zurück in seine Anzugsjacke. Das Café, in dem er und Madison noch vor einer Stunde gesessen hatten, hatte sich inzwischen in ein improvisiertes Polizeihauptquartier verwandelt. Polizisten standen in kleinen Gruppen herum und unterhielten sich oder saßen an Tischen, um Zeugen zu vernehmen.
    Nicht, dass es einen Zeugen gegeben hätte, der etwas Wesentliches gesehen hätte. Bis jetzt hatte sich niemand gemeldet und ausgesagt, dass er gesehen hätte, wie der Fahrradfahrer getötet worden war.
    Pierce strich Madison beruhigend über den Rücken. »Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«
    »Ich bin mir sicher. Hör auf, dir Sorgen zu machen. Was hat Hamilton gesagt?«
    »So ziemlich das, was du erwartet hast.«
    »Er glaubt, dass ich mir Damon nur eingebildet habe.«
    »Darauf läuft es hinaus. Nichtsdestotrotz glaubt er dir, dass du den Mann gesehen hast. Deshalb nimmt er deine Zeugenaussage auch ernst.«
    »Ich weiß, dass es Damon war. Glaubst du, dass … dass er es war, der den Jungen getötet hat?«
    »Du hast einen Mann gesehen, der der Beschreibung des Schützen entspricht und der dieselbe Jeansjacke getragen hat. Aber sein Gesicht hast du nicht gesehen. Du weißt nicht, ob es Damon war. Hatte er Blutspritzer auf der Jacke?«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein. Jedenfalls habe ich keine gesehen.«
    »Der Junge ist erstochen worden, genau wie die anderen ›Simon sagt‹-Opfer. Der Mörder hätte Blut an seiner Kleidung haben müssen.«
    Sie sah ihn verwirrt blinzelnd an. »Wie kommst du darauf, dass es sich um den ›Simon sagt‹-Mörder handelt?«
    Er seufzte tief. »Weil er dieselbe Nachricht hinterlassen hat, wie bei seinen anderen Opfern. Hamilton hat bestätigt, dass Wortwahl und Schrift übereinstimmen.«
    »Vielleicht ist ja Damon der Mörder. Vielleicht hat er den Jungen erstochen und dann den Reißverschluss seiner Jacke zugemacht, um die Blutspuren zu verbergen.«
    »Ich habe Hamilton auf diese Möglichkeit hingewiesen. Er hält diese These für extrem unwahrscheinlich. Der Mörder würde sich nicht unter die Leute mischen und riskieren,

Weitere Kostenlose Bücher