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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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verzögern.
    Howie wurde noch operiert, als Jazz eintraf.
    Jazz wusste, sobald der Sheriff mit dem Tatort bei Ginny fertig war, würde er ihm die Hölle heißmachen, weil er sich eingemischt hatte. Schlimmer noch: Sobald Howies Eltern damit fertig waren, die Versicherungsformulare auszufüllen, würden sie ihm auf ihre Weise das Leben schwer machen. Howies Mom hatte es noch nie gutgeheißen, dass sich ihr Sohn mit Jazz herumtrieb, und diese Geschichte hier würde sie ihm nie verzeihen, auch wenn Howie überlebte.
    Die Tür ging auf, und Connie kam außer Atem und mit fliegenden Zöpfchen in den Warteraum gestürzt. Sie warf sich in Jazz’ Arme, kaum dass er halb aufgestanden war. » Was ist passiert? Bist du okay? Ist Howie okay? Was ist passiert?« Sie war auf halbem Weg nach Tynan Ridge gewesen, als Jazz sich kurz G. Williams Handy ausgeliehen und ihr eine SMS geschickt hatte, sie solle ins Krankenhaus kommen.
    Jazz fasste die Ereignisse in knapper Form für sie zusammen: Ginny, der Mörder, Howie. » Anscheinend wurde er verletzt, als er den Kerl in der Gasse abgefangen hat«, schloss Jazz. » Und dann…«
    » Ginny? Ginny ist tot?« Connie erschlaffte in seinen Armen, und er musste seine ganze Kraft aufbieten, damit sie nicht auf den Boden sank. Er setzte sie vorsichtig auf den Stuhl, von dem er gerade aufgestanden war.
    » Es tut mir wirklich leid«, sagte er. » Es war…«
    Connie begann zu weinen, ihre Brust hob und senkte sich, ihr ganzer Körper bebte heftig. Jazz stand ratlos vor ihr und wusste nicht, was er tun sollte. In Filmen und Büchern legt der Mann immer die Arme um die weinende Frau, aber er hatte nie verstanden, was damit erreicht werden sollte, und er sah auch jetzt keinen Sinn darin.
    Dennoch funktionierte es meistens, deshalb beugte er sich vor und nahm Connie in die Arme; ihr Weinen klang nun gedämpfter, ein seltsamer, bitterer Refrain zum Rhythmus seines eigenen Herzens.
    » Alles wird gut«, sagte er und kam sich wie ein Idiot vor dabei. Nichts würde gut werden. Es würde entschieden nicht gut werden. Ginny war tot. Howie wurde operiert. Und der Mörder lief noch immer frei herum. Es war das genaue Gegenteil von gut.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür erneut mit jenem eigenartigen Zischen, das Krankenhaustüren vorbehalten war. Howies Eltern wankten ins Wartezimmer, als wären sie beide angeschossen worden. Mr. Gerstens Gesicht war so aschfahl, wie es das von Howie in der Gasse gewesen war; das von Mrs. Gersten konnte er nicht sehen, da sie es an der Schulter ihres Mannes vergraben hatte.
    » Sollen wir…«, fing Connie an und hielt dann inne, da ihr zweifellos einfiel, dass Howies Eltern Jazz von Anfang an nicht gemocht hatten.
    Die Gerstens sanken wie bizarr zusammengewachsene Zwillinge auf ein Sofa. Von der Decke war eine Lautsprecherstimme zu vernehmen: » Dr. McDowell zur Onkologie. Dr. McDowell, Onkologie«, und als sie verstummte, erfüllte nur noch das stereofone Weinen zweier Menschen den Raum.
    » Und wenn er nicht…«, sagte Mrs. Gersten.
    » Psst. Er schafft es. Er ist stark«, sagte Mr. Gersten, und Jazz dachte, dass dies wohl noch nie jemand mit so wenig Überzeugung gesagt hatte.
    » Er ist nicht stark«, schrie die Frau. » Er ist das Gegenteil von stark! Er kann nicht einmal…« Und dann versiegten die Worte, und sie weinte nur noch und weinte.
    Jazz zwang sich, nicht wegzusehen, und sein Blick traf den von Mr. Gersten. Für einen Augenblick war es, als würden sie sich und ihre seltsam männlichen, stoischen Rollen in diesem Drama respektieren, aber dann brach auch Mr. Gersten zusammen, und Tränen liefen ihm übers Gesicht.
    » Und jetzt kommt es…«, murmelte Jazz und stellte sich vor, das würde nun der Moment sein, in dem Mr. Gersten ihn zumindest heftig beschimpfen würde, doch auch körperliche Gewalt wäre absolut verständlich. Doch Mr. Gersten rührte sich nicht, sagte nichts, blickte nicht zornig, nicht einmal, als Mrs. Gersten schließlich den Kopf von der Schulter ihres Mannes hob und ihre blutunterlaufenen Augen sehen ließ.
    Da Jazz relativ sicher war, dass sie ihn nicht attackieren würden, bugsierte er Connie zu einem riesigen Sessel, und sie nahmen beide darin Platz. » Bist du bereit zu hören, was passiert ist?«, fragte er so leise, dass es die kirchenartige Stille des Wartezimmers nicht durchdringen würde.
    Connie wischte sich über die Augen und nickte.
    » Das wird nicht leicht für dich werden«, sagte Jazz und zensierte die

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