Ich soll nicht töten
Ereignisse in Gedanken bereits; Connie musste nicht alles wissen. » Uns ist eingefallen, dass Ginnys richtiger Name Virginia ist, womit sie perfekt in das Muster für das nächste Opfer passte«, begann Jazz, und dann berichtete er, was danach geschah, wobei er die grausigsten Einzelheiten von Ginnys Tod und seine eigene komplizierte Reaktion darauf ausließ.
Zeit war bedeutungslos im Wartezimmer. Obwohl Jazz meinte, stundenlang zu Connie gesprochen zu haben, war er gleichzeitig überzeugt, dass überhaupt keine Zeit vergangen war. Schließlich tauchte jedoch eine Ärztin auf und näherte sich Howies Eltern.
» Mr. und Mrs. Gersten? Ich bin Dr. Mogelof. Ich bin die Unfallchirurgin, die sich um Ihren Sohn gekümmert hat.«
Jazz spürte, wie Connie neben ihm erstarrte, aber Körpersprache und Tonfall der Ärztin verrieten ihm bereits alles, was er wissen musste, bevor sie es aussprach. » Ihr Sohn hat die Operation viel, viel besser überstanden als erwartet. Angesichts seines generellen Zustands und dem Ausmaß der Verletzungen ist er wirklich in phänomenaler Verfassung. Ich denke…«
Weiter kam sie nicht. Mrs. Gersten sank erneut an ihren Mann, und ihre Tränen waren jetzt Freudentränen. Mr. Gersten schüttelte der Ärztin überschwänglich die Hand, und die Chirurgin legte ihre Reserviertheit ab und lächelte erleichtert.
» Er erholt sich gerade und darf fürs Erste nicht gestört werden, aber er wird wieder gesund. Er wird überleben.«
Connie seufzte erleichtert, während die Gerstens wieder auf die Couch sanken. Für Jazz war es, als wäre er unter dem Eis in einem zugefrorenen See eingeschlossen gewesen, wo er hektisch hin und her schwamm und nach einer Öffnung, einem Loch suchte. In der Lage, das Sonnenlicht durchs Eis dringen zu sehen, die freie Luft, aber unfähig, sie einzuatmen, während die Luft in seinen Lungen bereits zur Neige ging und sein Leben nicht einmal mehr in Sekunden bemessen war, sondern in Augenblicken unbestimmter Länge. Und plötzlich, als es schwarz um ihn wurde und der letzte Rest Leben aus ihm entwich, fand seine tastende Hand eine Lücke im Eis, und er zog sich hindurch und öffnete den Mund, um die kostbare…
Jazz fiel in Connies Armen von einem Moment auf den anderen in einen tiefen Schlaf.
Eine Hand stieß ihn sanft an.
Aufwachen, Jasper, auf, auf, mein Junge …
Er schreckte hoch und weckte Connie, die mit ihm eingenickt war. Die Gerstens waren nirgendwo zu sehen, und G. William stand vor ihm.
» Verstehst du mich, Jazz? Bist du wach?«
Jazz brummte etwas, setzte sich auf und wischte sich einen peinlichen Speichelfaden vom Kinn. Es war nicht der übliche Traum mit dem Messer gewesen. Diesmal war es um Rusty gegangen. Er blinzelte sich den Schlaf aus den Augen.
… auf, auf …
» Ich bin wach. Ist Howie…«
» Er ist zu sich gekommen. Liegt auf der Intensivstation. Dr. Mogelof erlaubt heute eigentlich noch keine Besucher, aber angesichts der Umstände macht sie eine Ausnahme. Ich muss mit euch beiden reden. Eine Art zeitlichen Ablauf der Ereignisse heute Abend rekonstruieren.« G. William sah auf die Uhr. » Gestern Abend, genau genommen.«
Connie befreite sich aus Jazz’ Armen und stand auf. » Gehen wir.«
» Tut mir leid.« G. William schien es aufrichtig zu bedauern. » Nur für Angehörige, da hinten. Jazz darf mit, weil ich ihn in einer polizeilichen Angelegenheit brauche, aber dich werden sie nicht hineinlassen. Vielleicht morgen.«
Connie nahm diese Aussage so gut auf, wie sie es immer tat, wenn man ihr Vorschriften machen wollte: Sie verschränkte die Arme vor der Brust, schob eine Hüfte vor und fixierte den Sheriff mit einem Blick, den Jazz nur zu gut kannte.
Er ging dazwischen, bevor Connie einen Streit anfangen konnte. » Lass gut sein, Connie. Am besten, du fährst nach Hause und schläfst dich richtig aus. Wir kommen morgen zusammen wieder und besuchen Howie, okay?«
» Er ist auch mein Freund«, sagte sie, das Kinn trotzig vorgereckt und mit einem zornigen Funkeln in den Augen.
» Ich weiß.« Er umarmte sie, obwohl sie die Arme nicht für ihn öffnete. Er hielt sie fest, bis sie auftaute, ihm einen spitzen Kuss auf die Wange drückte und ging, ohne auch nur noch einen Blick in Richtung Sheriff zu werfen.
G. William rückte seinen Hut zurecht und grinste. » Die wird dich auf Kurs halten, Jasper Francis. Lass sie bloß nicht gehen.«
Er legte Jazz die Hand auf die Schulter und führte ihn durch eine Tür, dann einen Flur entlang. Es
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