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Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition)

Titel: Ich steig aus und mach 'ne eigene Show (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eveline Hall , Hiltud Bontrup , Kirsten Gleinig
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und empfand es als große Ehre, an diesem Abend dabei zu sein. Schon die Proben mit Balanchine waren etwas ganz Besonderes gewesen. Er sprach Englisch und koordinierte alles mit extremer Ruhe und großem Überblick. Wie ein Dirigent das Spiel seiner Musiker zusammenhält, so ließ er uns tanzen. Vor allem hochgewachsene Tänzerinnen begeisterten ihn, das war deutlich zu spüren. Ich war genau sein Typ. Schon während der Vorbereitungen zu Strawinskys Geburtstag hatte er mir angeboten, mit ihm nach New York zu gehen. Er wollte mich in seiner Kompanie aufbauen. Ich nahm das als große Auszeichnung wahr, aber mit meinen sechzehn Jahren kam ich gar nicht auf die Idee, tatsächlich mitzugehen und meine Heimat zu verlassen. Mein Platz war in Hamburg an der Oper und zu Hause bei Mama und Papa. Etwas anderes lockte mich nicht.
    Ich war siebzehn Jahre alt, als ich mich zum ersten Mal richtig verliebte. Zur Spielzeit 1962/63 sollte ein neuer Ballettmeister aus Paris an die Staatsoper kommen: Peter van Dyk. Er war schon vorher hin und wieder als Gast in Hamburg und bei einem seiner ersten Besuche lief ich ihm vor der Oper über den Weg. Wir schauten uns kurz in die Augen und schon war es um mich geschehen. Er war es. Kein anderer. Von diesem Moment an hatte ich nur noch ihn im Kopf. Bald deutete sich an, dass Gustav Blank nach München gehen und van Dyk die Ballettleitung übernehmen würde. Schon vor seinem endgültigen Wechsel begann er die Solisten zu trainieren, und da die Grenzen zwischen den einzelnen Klassen ja durchlässig waren, nahm auch ich hin und wieder an diesem Training teil. Ich war jedes Mal so aufgeregt, dass ich meinte, er würde mir meine Verliebtheit sofort von der Stirn ablesen. Gleichzeitig genoss ich es über alle Maßen, in seiner Nähe zu sein und seine Blicke auf mir zu spüren.
    Je näher das Ende der Spielzeit und damit der offizielle Wechsel rückte, desto nervöser wurde die Stimmung im Ensemble. Jeder bangte um seine Zukunft. Keiner wusste, wen van Dyk übernehmen und ob er seine Leute aus Paris mitbringen würde. Eines Tages, als ich aus der Garderobe kam und mich mit meiner großen Tasche auf den Heimweg machte, lief er vor mir über den Flur. Plötzlich huschte mir ein Gedanke durch den Kopf: Warum fragst du ihn nicht einfach? Kurz entschlossen lief ich hinter ihm her: »Herr van Dyk, haben Sie eine Minute?« – »Natürlich habe ich Zeit. Was kann ich denn für Sie tun?«, fragte er. – »Könnten Sie sich vielleicht vorstellen, dass ich in Ihrer Kompanie arbeite?« Er guckte mich gelassen an und sagte nur: »In meinem Kopf sind Sie moralisch schon lange engagiert. Und Sie können auch gerne bei meinem Sechs-Uhr-Training mitmachen.«
    Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Ich stürzte nach draußen, sehnte die U-Bahn herbei, die gefühlte Stunden auf sich warten ließ. Zu Hause riss ich die Tür auf und rief, noch halb im Treppenhaus: »Mami, ich glaube, ich bin engagiert! Ich bleibe an der Oper.« Meine Eltern konnten es kaum glauben, dass ich noch während meiner Ausbildung ein Engagement bekommen hatte, und weinten vor Freude. Es war einfach nicht zu fassen.

Spießrutenlauf

    So sehr mich diese Nachricht überwältigte – sie hatte eine Schattenseite. Nun ging es richtig los mit den Anfeindungen und der Missgunst der anderen. Eveline Klopsch, die Elevin, die noch nicht einmal ihren Abschluss hatte, machte beim Abendtraining des neuen Ballettdirektors mit. Ich erntete böse Blicke und war mehr denn je auf mich gestellt. In der Garderobe tuschelten sie über mich und schnitten mich, wann immer sich die Gelegenheit bot. Ich versuchte, mir nichts daraus zu machen, auch wenn es schwerfiel. Denn das Ballett war immerhin mein Leben. Andere Mädchen hatten Hobbys und Freundinnen. Bei mir drehte sich alles ums Tanzen. Wie viel mir damals fehlte, habe ich gar nicht gespürt.
    Das Training bei van Dyk war die Krönung meines Tages. In der Tänzerklasse konnte ich die Solisten nun ganz genau beobachten und mir Dinge von ihnen abschauen. Viele wirkten auf der Bühne ganz anders als im Ballettsaal. Dort hatten manche keine besondere Ausstrahlung, doch wenn der Vorhang aufging, verzauberten sie mich. Sie hatten plötzlich Bühnengesichter, das, was man Bühnenpräsenz nennt. Sie wirkten vollkommen frei. Das faszinierte mich.
    Auf dem Spielplan für die Saison stand auch Schwanensee. Kurz vor Probenbeginn fragte van Dyk mich zwischen Tür und Angel: »Was mögen Sie eigentlich lieber: drehen oder

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