Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
weil ich dick war. Fette Sau, Schwein – von diesen Schreien wachte ich dann schwer atmend und nass geschwitzt auf.
Nie wieder wollte ich so werden, ich hatte regelrecht Panik davor, dick zu werden. Also griff ich nach den Beruhigungsmitteln in meiner Schublade, schob mir Tabletten in den Mund und spülte mit Wasser hinterher.
Ich wusste genau, dass meine Einstellung zu meinem Körper krankhaft war, dass ich magersüchtig war, dennoch brachte ich es nicht über mich, etwas zu essen. Und dann gab es da diese grausame Realität, in der Maki ständig weinend zu mir kam und mich anflehte, ihr Geld zu leihen.
Eines Nacht träumte ich, dass der Drache, der sich auf Maejimas Rücken herumwand, mich erwürgte wie eine Schlange.
»Shoko, komm her!«
»Nein, lass mich!«
»Dein Vater wird von keinem anderen Geld bekommen.«
»Ja, ich weiß.«
»Ohne mich seid ihr am Ende.«
»Nein!«
Ich schrie laut und wachte davon auf. Ich war wieder völlig nass geschwitzt, und mein Herz schlug so heftig, als wolle es durch den Brustkorb brechen. Geld war die Fessel, die mich knebelte, ganz egal, wie sehr ich mich auch abrackerte.
Seit dem Tod meiner Mutter hatten Taka und ich keinen Sex mehr gehabt, obwohl ich eigentlich gerne mit ihm geschlafen hätte. Aber mein Körper und meine Seele waren so kaputt, dass es einfach nicht ging.
Mir war klar, dass ich mich zusammenreißen musste, aber es gelang mir nicht. Doch selbst in diesem Zustand fehlte ich keinen Tag bei der Arbeit. Manchmal fühlte ich mich so, als würde ich allein durch einen stockfinsteren Tunnel laufen, ohne jemals das Licht am anderen Ende zu erreichen. Ich hasste mich dafür, dass ich so schwach war.
Als ich 25 wurde, wog ich nur noch 39 Kilogramm und nahm weiter ab. Ich hätte viel darum gegeben, mit meiner Mutter reden zu können. Da ich Maki immer noch so viel Geld wie möglich gab, reichte das Geld nie, ganz egal, wie viel ich verdiente. Ich war nur eine Last für Takamitsu. Mir war ständig schwindelig, und wenn ich etwas heruntergeschluckt hatte, wurde mir sofort schlecht und ich musste mich übergeben.
Als wir damals nach Yokohama gezogen waren, waren wir zwar arm, aber glücklich. Selbst dann, wenn wir an unserem freien Tag durch das Kaufhaus gingen und uns alles nur ansehen, aber nicht kaufen konnten. Trotzdem, wir waren zufrieden, wenn wir am Bahnhof frisch gepressten Orangensaft für wenig Geld kaufen und mittags irgendwo eine billige Nudelsuppe essen konnten. Wenn wir uns dann noch eine frisch frittierte Krokette teilten, sagten wir lachend: »Beim nächsten Mal sollten wir schon so weit sein, dass wir uns jeder eine Krokette leisten können.«
Wenn wir abends in den 24-Stunden-Supermarkt gingen, der an einem dunklen Bergweg ohne Straßenlaternen lag, alberten wir herum und lachten die ganze Zeit. Dann kam uns der lange Weg immer ganz kurz vor. Wir kauften eine Dose Bier, eine Dose Saft, etwas Süßes und etwas zum Knabbern. Und all das teilten wir uns und hatten unseren Spaß dabei. War ich wirklich die gleiche Person, die damals so gerne gegessen hatte? Was war nur aus mir geworden! Ich hasste mich selbst, und wie in einer Spirale zog es mich immer weiter in die Tiefe.
Dann rief eines Tages Papa an.
»Maki braucht Geld, kannst du ihr helfen?«
»Was? Ich habe ihr doch erst gestern Morgen 70 000 Yen (etwa 630 Euro) geliehen. Dann ist sie am Abend heulend zu mir gekommen und hat mir erzählt, dass Icchan ihr das Geld weggenommen hat und sie deshalb die Rechnungen nicht bezahlen kann. Also habe ich ihr noch mal 70 000 Yen gegeben. An einem Tag 140 000 Yen! Ich kann das heute nicht schon wieder machen.«
»Es tut mir wirklich leid, dass ich dich darum bitten muss, Shoko, aber du bist die Einzige, die ihr helfen kann.«
»Schon gut.«
»Es tut mir auch leid, dass wir damit Takamitsu zur Last fallen. Aber ich zahle es euch ganz bestimmt zurück. Bitte sei so gut und überweise 100 000 Yen (etwa 900 Euro) auf mein Konto.«
»Ja, das mache ich gleich, mach dir keine Sorgen.«
Früher hatte ich Angst vor meinem Vater gehabt, und jetzt kam er wegen Maki zu mir, entschuldigte sich bei mir und bat mich um etwas.
Sogar als sie ein Yankee war, hatte Maki immer sehr an Papa gehangen und ihm alles erzählt. Und Papa hatte Maki auch immer alles erzählt, so wie ich und Mama.
Ich sprach also mit Taka, und er überwies 100 000 Yen auf Papas Konto. Es war zwar nicht Makis Konto, aber letzten Endes war das egal, denn das Geld würde an Maki gehen. Wie
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