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Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Titel: Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shoko Tendo
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sind, sind eigentlich hübscher als ganz dünne.«
    Irgendwann gelang es mir dann endlich wieder, die Dinge so zu sehen, wie sie waren, und nicht, wie ich sie mir wünschte. Ab da wollte ich unbedingt zunehmen und fragte den Arzt: »Wenn ich wieder essen kann, wie schaffe ich es dann zuzunehmen und wie werde ich wieder gesund?«
    Der Arzt erklärte mir, dass mein Körper insgesamt sehr schwach sei und es mir vielleicht nicht gleich gelingen werde, mein Gewicht auf ein Normalmaß zu erhöhen, aber mit viel Geduld könne ich es schaffen.
    Ich versuchte als Erstes meine Einstellung zu verändern, optimistisch in die Zukunft zu schauen und wieder ein normales Leben zu führen. Ich aß regelmäßig, aber da mein Körper kaputter war, als ich gedacht hatte, war es zunächst schwierig, auf ein Gewicht von mehr als 40 Kilogramm zu kommen. Doch nach sechs Monaten ging es mir bereits viel besser.
    Weil ich schon immer großes Interesse an Make-up und Kosmetik gehabt hatte, schrieb ich mich in einer Kosmetikschule in Roppongi ein, um noch mehr darüber zu lernen. In Wahrheit wollte ich auch versuchen, einen Weg zu finden, um meine Narben im Gesicht besser zu verdecken. Auch wenn sie nicht wirklich entstellend waren, so wurde ich doch gelegentlich darauf angesprochen und gefragt, woher ich die Narben hätte und ob ich einen Unfall gehabt hatte. Ich versuchte zwar, mich davon nicht berühren zu lassen, aber immer wenn es schwül war und die Luftfeuchtigkeit hoch war, spürte ich wieder jeden Schlag, den ich jemals bekommen hatte.
    Taka und ich hatten immer noch nicht wieder miteinander geschlafen, und das Thema wurde allmählich zu einer Belastung für uns. Wir redeten über alles, nur darüber nicht. Es machte mir Angst, und es gab mir das Gefühl, keine Frau mehr zu sein. Wenn ich in solchen Momenten in den Spiegel sah, konnte ich die Narben nur allzu deutlich sehen.
    Ich lernte viel in der Kosmetikschule, und wenn ich ausging, schminkte ich mich, angefangen bei der richtigen Grundierung, sehr sorgfältig. Dennoch konnte ich die Narben nicht vollständig abdecken. Da ich noch nie besonders selbstbewusst gewesen war, was mein Aussehen betraf, entwickelten sich meine Narben mit der Zeit zu einem richtigen Komplex. Nachdem ich lange nachgedacht hatte, ging ich schließlich zur Abteilung für plastische Chirurgie des Universitätskrankenhauses.
    »Wir können die Narben so korrigieren, dass man sie nach dem Schminken nicht mehr erkennen kann.«
    »Ganz verschwinden werden sie aber nicht?«
    »Nein, das ist leider nicht möglich. Aber wir können sie deutlich unauffälliger machen.«
    Das war natürlich nicht die Aussage, auf die ich gehofft hatte. Dennoch entschloss ich mich einige Tage nach meinem 27. Geburtstag dazu, mich operieren zu lassen.
    Wie der Arzt versprochen hatte, fielen die Narben danach weit weniger auf und ich fühlte mich wesentlich besser.
    Als ich mich eines Tages schick gemacht hatte und zum Shoppen nach Shinjuku gefahren war, wurde ich angesprochen, ob ich nicht für einen Club als Hostess arbeiten wolle. Da ich schon länger mit dem Gedanken gespielt hatte, mir wieder einen Job zu suchen, sah ich mir den Club an, klärte die Konditionen ab und nahm das Angebot schließlich an.
    Mit der neuen Arbeit fing auch mein Leben wieder neu an, und alles drehte sich nur um die Arbeit. Ich stand kurz vor Mittag auf, sah die Nachrichten an und las die Zeitung, auch Rubriken wie Politik, Ausland, Wirtschaft und Gesellschaft, alles, was ich sonst nie gelesen hatte. Wenn mich ein Kunde am Nachmittag anrief, um ein Dohan 42
› Hinweis
mit mir zu verabreden, ging ich früher von zu Hause los als sonst und ließ mich beim Friseur hübsch machen, bevor ich zum Treffpunkt ging.
    Dohan (Douhan): wörtlich: Begleitung. Die Hostess begleitet einen Gast zum Beispiel in ein Restaurant, danach gehen beide in den Club, wo der Gast mehr als sonst bestellt. Bei diesen Verabredungen ist Sex in der Regel nicht inklusive und wird in der Branche auch nicht gern gesehen. Sex ist ein heikles Thema im Hostessenbusiness, es geht darum, den Kunden mit der Aussicht darauf zu halten, damit er möglichst viel Geld in der Bar ausgibt. Hat der Gast bekommen, was er wollte, gehen er und sein Geld jedoch meist woanders hin.
    Wenn ich schon arbeitete, dann wollte ich aber keine unbedeutende Assistentin einer Top-Hostess sein, sondern die Nummer eins werden.
    Manchmal, wenn ich mit Kunden zusammen war, die wie in den wirtschaftlich besseren Zeiten mit

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