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Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Titel: Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shoko Tendo
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Geld nur so um sich warfen, kam es mir vor, als wäre die Zeit zurückgedreht worden. In dieser so glamourös wirkenden Welt gab es jedoch auch heftige Konkurrenzkämpfe zwischen den Hostessen. Die Arbeit endete nie, wenn der Club schloss. Normalerweise gingen wir mit guten Gästen noch auf einige Drinks in andere Bars, sodass ich meist erst früh am Morgen nach Hause kam.
    Immer noch gab ich einen Großteil meines Geldes an Maki weiter, in der Hoffnung, ihr damit irgendwie helfen zu können.
    Als ich eines Tages sehr spät nach Hause kam, flüsterte ich dem schlafenden Taka ins Ohr: »Willst du mit mir schlafen?«
    »Shoko?!«
    »Taka, komm, schlaf mit mir …«
    »Ach was, du bist immer noch nicht ganz gesund. Du musst das nicht machen, keine Sorge.«
    »Aber ich möchte doch gerne.«
    »Du bist doch total müde.«
    »Aber …«
    »Schon gut, schlaf schön. Gute Nacht.«
    »Okay, dann gute Nacht.«
    Ich legte mich im Bett auf die Seite und starrte auf Takas Rücken. Dabei fiel mir ein, wie es gewesen war, als ich mich als Kind an Mamas warmen Rücken gekuschelt hatte. In dieser Nacht konnte ich keine Sekunde schlafen.
    Die Arbeit nahm mich immer mehr in Anspruch, und ich war traurig, wenn ich an Taka dachte und daran, wie sehr ich ihm mit meiner Familie zur Last fiel. Taka arbeitete Tag und Nacht und beschwerte sich dennoch kein einziges Mal. Wir sahen uns kaum noch und lebten irgendwie aneinander vorbei. Ich kochte ihm Mahlzeiten, die er dann aus dem Kühlschrank nehmen und in der Mikrowelle aufwärmen konnte. Natürlich wäre ich gern häufiger zu Hause gewesen, aber das ging nicht. Denn meine Tätigkeit setzte voraus, dass ich 24 Stunden am Tag verfügbar war. Bei der kleinsten Nachlässigkeit konnte ich meine Kunden verlieren. Schließlich warteten all die Hostessen nur darauf, sich gegenseitig die Kunden abzuluchsen. Außerdem musste ich mir genau überlegen, wen ich als Kunden annahm. Wenn ich mich von all diesen Eifersüchteleien und Konkurrenzkämpfen lösen wollte, dann musste ich eine der Besten werden.
    Einige Tage dachte ich sehr gründlich über meine ganze Situation nach und entschied dann, dass es das Beste wäre, mich scheiden zu lassen. Takamitsu hatte immer zu mir gehalten und alles mit mir durchgestanden, daher wollte ich ihn eigentlich nicht verlieren, aber ich sah keinen anderen Weg.
    »Hör zu, ich will dir nicht weiter zur Last fallen, es ist besser, wir lassen uns scheiden.«
    »Tu nicht so, als wäre ich ein Fremder, wir müssen das gemeinsam durchstehen«, sagte Takamitsu mit Nachdruck. Doch ich war überzeugt, dass er sein Leben lang leiden würde, wenn er sich nicht von mir trennte. Geld hatte mich damals an Maejima gebunden, und das hatte so viel Leid über mich gebracht. Ich flehte ihn daher erneut an, in die Scheidung einzuwilligen. Takamitsu meinte, dass er Zeit zum Nachdenken brauche. Einige Tage später sagte er dann: »Vor dir war ich oft grausam zu Frauen, Shoko. Du bist die Einzige, die ich je ganz und gar verstanden habe.«
    Er sagte nur diesen einen Satz, dann unterschrieb er die Scheidungspapiere und zog aus.
    Nachdem ich die Papiere abgeben hatte, kehrte ich wieder nach Hause zurück. Auf dem Bett lag nur noch mein Kissen.
    »Komm, schlaf mit mir.«
    In den fünf Jahren, die wir zusammen gewesen waren, hatte ich das nur einmal zu ihm gesagt. Wäre etwas anders verlaufen, wenn wir miteinander geschlafen hätten?
    »Bitte, bleib für immer bei mir«, hatte ich mir in unserer ersten Nacht in seinen Armen gewünscht. Dann hatten wir uns geküsst und die Zukunft mit unseren Körpern besiegelt. Und ich liebte ihn immer noch, denn er hatte mich und meine Gefühle wirklich respektiert.
    »Die Wohnung ist so klein. Irgendwann werden wir in eine größere umziehen.«
    Das haben wir uns oft in dem kleinen Zimmer gesagt. Doch jetzt kam mir die Wohnung sehr groß vor, und überall lagen nur noch meine Sachen.
    Ich wusste, dass ich etwas Unersetzliches für immer verloren hatte.
    Als ich an meinem 29. Geburtstag von der Arbeit nach Hause zurückkam und die Tür öffnete, klingelte das Telefon. Ich hob schnell den Hörer ab.
    »Hallo?«
    »Shoko?«
    »Papa, was gibt’s denn?«
    »Hör mir gut zu, aber bleib bitte ganz ruhig, ja.«
    Mein Herz schlug schneller, das konnte nichts Gutes bedeu ten.
    »Okay. Was ist?«
    »Ich habe Krebs und mir bleiben höchstens noch sechs Monate zu leben.«
    In meinem Kopf machte sich ein Rauschen breit und für einen Moment war ich wie weggetreten, dann

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