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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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die vom einstigen Glanz dieses Hauses zeugten. Zur Blütezeit musste der Garten ein wahres Naturschauspiel geboten haben. Jetzt machten sich überall wilde Lavendelbüsche breit.
    Die geschlossenen Rollläden, die von der Hitze gezeichneten Gemäuer und das Unkraut, das seine Wurzeln in die Risse grub wie ein Dieb seine Finger in die Handtasche eines ahnungslosen Opfers, hatten etwas Trostloses und Verwahrlostes, dem man sich schwerlich entziehen konnte.
    Er sah ein Auto von der Straße in die Zufahrt einbiegen. Es hielt mitten auf dem Hof und wartete. Kurze Zeit später parkte ein gelber Renault Kangoo neben dem Peugeot. Zwei Männer in Arbeitsanzügen stiegen aus, einer etwas älter, so an die sechzig, der andere ungefähr dreißig, stämmiger Typ, dümmliches Gesicht, langer, dunkler Bart. Der Jüngere würdigte ihn keines Blickes. Er öffnete die Hecktür und begann, Gartengeräte auszuladen.
    Der andere gab ihm Anweisungen.
    »Fang schon mal an, Bertot, ich komm gleich.«
    Nachdem er die Hierarchie in seinem Sinne noch einmal bestätigt hatte, ging er zu Nicolas. Jetzt, da er ihn von nahem sah, sprühte auch dieses Gesicht mit der platten Nase nicht gerade vor Intelligenz.
    Er schien lediglich die etwas schlankere und reifere Version des anderen zu sein.
    »Guten Tag.«
    »Wünsch ich Ihnen auch.«
    Hulot versuchte, jeglicher Beschwerde durch sanftmütiges Verhalten zuvorzukommen. Er lächelte sein bestes Brave-Jungen-Gesicht.
    »Hoffentlich habe ich jetzt nichts falsch gemacht, und falls doch, dann bitte ich um Entschuldigung. Ich habe mich wohl verfahren, schon viel weiter unten. Bin dann aber weitergefahren, um irgendwo drehen zu können, bis ich schließlich hierher kam. Ich habe das ver375

    fallene Haus gesehen, und die Neugier hat gesiegt. So habe ich geparkt, um es mir anzusehen. Bin aber gleich wieder weg.«
    »Kein Problem, Sie stören überhaupt nicht. Außer Erde und Unkraut ist hier nichts mehr, was sich lohnen würde zu klauen. Sie machen Urlaub, oder?«
    »Ja.«
    »Das hatte ich mir schon gedacht.«
    Donnerwetter, Gaston-le-Beau! Du bist eben an einem Wagen mit dem Kennzeichen von Monte Carlo vorbeigefahren. Selbst ein Blinder mit Krückstock hätte das kapiert.
    Der Mann zuckte in aller Bescheidenheit mit den Schultern.
    »Es kommt manchmal vor, dass sich jemand hier hoch verirrt.
    Rein zufällig, so wie Sie, oder aus Neugier, wie die meisten anderen.
    Die Leute aus Cassis kommen nicht gerne her. Und ehrlich gesagt, mache auch ich nicht gerade Freudensprünge, wenn ich hier hoch muss. Nach allem, was passiert ist … Aber was soll man machen, Arbeit ist Arbeit, und in diesen Zeiten kann man nicht allzu wählerisch sein. Zur Sicherheit sind wir immer zu zweit, wie Sie sehen.
    Auch wenn es schon Jahre her ist, aber an diesem Ort läuft mir immer noch ein Schauer über den Rücken …«
    »Warum, was ist denn passiert?«
    »Kennen Sie nicht die Geschichte von La Patience?«
    Er blickte ihn an, als sei es unmöglich, dass jemand auf diesem Planeten die Geschichte von La Patience nicht kannte. Wenn er ihn auf einer fliegenden Untertasse hätte entschwinden sehen, wäre vielleicht sein einziger Kommentar gewesen: »Ah, das dachte ich mir schon …«
    Nicolas ließ ihn fortfahren.
    »Nein, ich glaube, davon habe ich noch nie reden hören.«
    »Hier gab es ein Verbrechen, oder besser gesagt, eine ganze Reihe von Verbrechen. Haben Sie wirklich nie davon gehört?«
    Hulot merkte, wie sein Puls etwas schneller schlug.
    »Nein, nie.«
    Der Mann zog eine Packung Tabak und Blättchen aus seiner Westentasche und drehte sich mit beachtlichem Geschick eine Zigarette. Wie immer, wenn einfache Leute merken, dass sie Hüter einer interessanten Geschichte sind, begann auch er, mit großer Emphase zu sprechen.
    »Ich kenne die Geschichte nicht in allen Details, weil ich damals nicht in Cassis lebte. Aber anscheinend hat der Typ, der in diesem 376

    Haus gewohnt hat, die Gouvernante und seinen Sohn umgelegt, bevor er alles angezündet und sich eine Kugel in den Kopf gejagt hat.«
    »Ach du Schande.«
    »Allerdings, nicht gerade eine Kleinigkeit. Aber im Dorf sagen sie, dass der Typ halb gestört war und in zwanzig Jahren höchstens so um die zwanzig Mal gesehen wurde, er und sein Sohn. Die Frau kam ins Dorf zum Einkaufen, hat aber nie den Mund aufgemacht.
    Guten Tag, guten Abend und ciao, Filiberta! Er hat nicht mal mehr das Land bestellt, und davon besaß er wirklich ein ganz schönes Stück. Er hatte es einer

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