Ich Töte
Entwicklungen nicht informiert. Er stieß einen Pfiff aus, als Frank ihn auf den neuesten Stand brachte.
»Verdammt! Will der ins Guinnessbuch der Rekorde?«
»Sieht so aus. Inzwischen hat er zehn Morde auf dem Gewissen, und das Problem ist, dass ich mich mitschuldig fühle.«
»Lass bloß nicht locker, Frank! Das sage ich mir auch jeden Tag, falls dich das interessiert.«
»Mehr kann ich im Moment sowieso nicht tun.«
Er legte auf. Armer Cooper! Jedem das Seine. Frank war kurzzeitig verstört. In Erwartung der offiziellen Berichte über Hudson McCormack befürchtete er, dass von einem Moment zum anderen die Tür aufgehen und Roncaille hereinkommen könnte, fuchsteufelswild und am Ende mit seinem Latein. Wahrscheinlich wurde Roncaille just in diesem Moment selbst der Kopf gewaschen, und er würde es nach und nach an seine Untergebenen weiterreichen.
Er nahm die Diskette vom Schreibtisch, schaltete den Computer ein und schob sie hinein. Dann öffnete er eine der beiden jpg-Dateien.
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Auf dem Bildschirm erschien ein Foto. Es war in einem öffentlichen Lokal aufgenommen worden, vermutlich ohne dass McCormack es gemerkt hatte. In einer dieser überfüllten New Yorker Bars, schmal und tief und voller Spiegel, damit sie größer wirken, wo tagsüber die Büroangestellten verkehren, die in ihrer Mittagspause auf einen schnellen Snack vorbeikommen, und die sich abends in einen Treffpunkt für Singles auf der Suche nach Begleitung verwandeln. Rechtsanwalt Hudson McCormack saß an einem Tisch und sprach mit einem Mann, der nur von hinten zu sehen war und einen Trenchcoat mit hochgestelltem Kragen trug.
Frank öffnete auch die andere Datei. Es war ein vergrößerter Ausschnitt desselben Fotos, etwas grobkörniger als das Original.
Eine ganze Weile betrachtete er das Bild eines hübschen jungen Amerikaners mit kurz geschnittenen Haaren, wie es in New York gerade Mode war, im blauen Anzug, der wie geschaffen schien für den Auftritt in Gerichtssälen.
Das also war höchstwahrscheinlich das Gesicht des Leichnams ohne Gesicht, den sie als Letztes gefunden hatten. Wer weiß, ob der Ärmste, als er in Erwartung einer Regatta auf offener See nach Monte Carlo aufbrach, sich je hätte vorstellen können, dass sein Leben in einem engen Kofferraum enden würde. Und dass seine letzte Öljacke der Plastiksack sein würde, in dem sie die Leichen verschwinden ließen …
Immer noch starrte Frank auf das Foto. Und auf einmal bahnte sich eine verrückte Idee den Weg in sein Gehirn, wie die Spitze eines Bohrers, die unversehens auf der anderen Seite einer allzu dünnen Wand herausschießt. War es überhaupt möglich …
Er öffnete das elektronische Adressbuch, das er in Nicolas’
Computer vorgefunden hatte. Sein Freund war kein Computerfreak gewesen, doch dafür hatte es gerade gereicht. Frank hoffte inständig, die Telefonnummer zu finden, die er brauchte. Er gab den Nachnamen ein, und im selben Moment erschien die gewünschte Nummer zusammen mit Vornamen und Adresse auf dem Bildschirm.
Bevor er dort anrief, wählte er Morellis interne Nummer.
»Claude, habt ihr gestern den Anruf von Jean-Loup aufgenommen?«
»Natürlich.«
»Ich brauchte dringend eine Kopie davon.«
»Ist bereits vorhanden. Ich schicke sie dir gleich nach oben.«
»Danke.«
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Erstklassiger Polizist, dieser Morelli. Wortkarg, aber effizient.
Während er die Nummer aus Nicolas’ Adressbuch wählte, dachte er darüber nach, wie sich die Geschichte mit Barbara wohl entwickelte, jetzt wo die Anwesenheit der Polizei im Sender nicht mehr erforderlich war. In ihrer Gegenwart wirkte er alles andere als wortkarg, wenngleich nicht weniger effizient. Seine Gedanken wurden durch die Stimme unterbrochen, die aus dem Hörer kam.
»Ja?«
Er hatte Glück. Die Person am anderen Ende der Leitung war genau diejenige, die er sprechen wollte.
»Salut, Guillaume, hier ist Frank Ottobre.«
Der junge Mann schien nicht im Mindesten überrascht zu sein. Er antwortete, als hätten sie sich vor zehn Minuten noch gesehen.
»Hi, FBI-Mann. Was verschafft mir die Ehre?«
»Als du mir letztes Mal geholfen hast, war ich so zufrieden mit dir, dass ich deine Dienste, glaube ich, gern noch einmal in Anspruch nehmen würde.«
»Vorschlag angenommen. Komm, wann du willst.«
»Ich werde gleich da sein.«
Frank legte auf und betrachtete noch einmal das Foto auf dem Bildschirm, bevor er die Datei schloss und die Diskette herausnahm.
Wäre außer ihm noch jemand im Raum gewesen,
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