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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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durch eine Fenstertür das Gerät hin-und herschieben. Im oberen Stock, im Zimmer, in dem Helena schlief, kam eine Frau mit der gleichen blauen Schürze auf den Balkon heraus, einen Kelim in den Händen. Sie legte ihn über das Metallgeländer und begann, ihn mit einem Teppichklopfer zu bearbeiten.
    493

    Frank ging auf das Haus zu. Er war absolut nicht erfreut über das, was er sah. Durch die Haustür aus dunklem Nussholz trat jetzt ein Mann. Es war ein älterer Herr in einem hellen Anzug, der eine gewisse Eleganz zur Schau trug. Sein Panamahut fügte sich perfekt in den Stil der Villa ein. Als er Frank bemerkte, kam er auf ihn zu.
    Trotz seines jugendlichen Auftretens dachte Frank, als er seine Hände aus der Nähe sah, dass er wohl eher um die siebzig als um die sechzig war.
    »Guten Tag. Sie wünschen?«
    »Guten Tag. Ich heiße Frank Ottobre und bin ein Freund der Parkers, die hier wohnen …«
    Der Mann strahlte und zeigte eine Reihe weißer Zähne, die ihn ein Vermögen gekostet haben mussten.
    »Ah, auch ein Amerikaner. Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
    Er streckte ihm eine feste, aber mit Flecken übersäte Hand entgegen. Frank dachte, dass außer dem Alter auch noch Leberprobleme im Spiel sein mussten.
    »Mein Name ist Tavernier, André Tavernier. Ich bin der Besitzer dieses Juwels hier …«
    Er zeigte auf die Villa und lächelte ihm kollegial zu.
    »Tut mir Leid, junger Mann, aber Ihre Freunde sind abgereist.«
    »Abgereist?«
    Tavernier wirkte ehrlich betrübt, ihm diese schlechte Nachricht bestätigen zu müssen.
    »Ja, abgereist. Ich hatte ihren Mietvertrag über eine Agentur laufen lassen, obwohl ich mich um die Vermietung des Hauses normalerweise selbst kümmere. Heute Morgen bin ich mit den Putzfrauen heraufgekommen, um meine Mieter persönlich kennen zu lernen, und habe sie mit gepackten Koffern auf dem Vorplatz angetroffen, wo sie auf ein Taxi warteten. Der General, Sie wissen schon, wen ich meine, hat von einem unvorhergesehenen Zwischenfall gesprochen und gesagt, sie mussten sofort abfahren. Wirklich ein Jammer, denn sie hatten schon den ganzen nächsten Monat im Voraus bezahlt. Der Korrektheit halber habe ich dem General angeboten, ihm das überzählige Geld zu erstatten, doch davon wollte er partout nichts wissen.
    Ein toller Mann!«
    Da kann ich dir einiges erzählen, was dieser tolle Mann für einer ist, du eingemotteter Lackaffe.
    Frank hätte die Diagnose des Herrn Tavernier gerne widerlegt.
    Mit seinem Urteilsvermögen über Leute sollte er sie lieber immer im 494

    Voraus und in bar bezahlen lassen. Es gab aber Dinge, die ihn jetzt mehr interessierten, als den Alten über die wahre Natur des Mannes aufzuklären, an den er sein Haus vermietet hatte.
    »Sie wissen nicht zufällig, wohin die Parkers gefahren sind?«
    Tavernier bekam einen Hustenanfall und kämpfte mit dem Schleim, der, vom Alter einmal abgesehen, auf ein paar Zigaretten zu viel schließen ließ. Frank musste warten, bis der Mann ein blütenweißes Taschentuch hervorgezogen und sich die Lippen abgewischt hatte, bevor er antwortete.
    »Nach Nizza. Zum Flughafen, glaube ich. Sie haben einen Direktflug nach Amerika.«
    »Scheiße«, rutschte es Frank heraus.
    Das Wort war aus seinen Lippen geschlüpft, bevor er es hätte aufhalten können.
    »Verzeihung, Monsieur Tavernier.«
    »Das macht doch nichts. Manchmal ist es befreiend, sich ein wenig gehen zu lassen.«
    »Sie wissen nicht zufällig, um wie viel Uhr der Flug abgeht?«
    »Nein, tut mir Leid. Da kann ich Ihnen nicht behilflich sein.«
    Frank war die gute Laune nicht gerade ins Gesicht geschrieben.
    Tavernier, von Berufs wegen Weltmann, fiel das auf.
    »Cherchez la femme, was, junger Mann?«
    »Wie bitte?«
    »Ich kann Sie gut verstehen. Ich meine, was die Frau angeht, die hier gewohnt hat. Um die geht es doch, oder? Wenn ich bis hier herauf gekommen wäre, um so eine Frau zu treffen, und das Haus leer vorgefunden hätte, wäre mir die Enttäuschung auch anzumerken.
    Zu meiner Zeit, als ich jung war und hier gewohnt habe, hat das Haus genug davon gesehen, dass man ganze Bücher damit füllen könnte.«
    Frank saß auf glühenden Kohlen. Am liebsten hätte er Tavernier einfach mit seinen Mantel-und-Degen-Geschichten stehen gelassen und wäre schnurstracks zum Flughafen von Nizza gefahren. Doch der Mann hielt ihn am Arm fest. Frank hätte ihm gerne etwas gebrochen. Menschen, die ihm körperlich zu nahe kamen, vertrug er so schon nicht, geschweige denn in einem Moment wie

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