Ich Töte
solchen Serie von Mordfällen steckte man bestimmte Schläge nicht weg, ohne zu wanken. Frank ließ ihn zurück, damit er den Leuten von der Spurensicherung, die gerade aus dem Auto stiegen, seine Anweisungen geben konnte. Er ging durch die Glastür und kehrte in sein Büro zurück. Helenas Gesicht kam ihm in den Sinn. Er hörte ihre Stimme am Telefon, als sie ihm ängstlich und doch so sicher gesagt hatte, dass sie ihn liebe.
Noch eine Niederlage.
Nur wenige Kilometer entfernt gab es eine Frau, die seine Rettung sein konnte und für die er dieselbe Hoffnung verkörperte. Die Welt lag für ihn in greifbarer Nähe, und zwei Männer verstellten ihm den Weg.
Der eine war Keiner, dessen Blutrausch ihn dazu trieb, so lange unschuldige Menschen umzubringen, bis ihn jemand stoppte. Der andere war General Parker, dessen Abartigkeit ihn dazu trieb, alles Gute, was ihm auf seinem Weg begegnete, abzutöten, bis auch ihn 485
jemand stoppen würde.
Und Frank wollte dieser Jemand sein.
Das und ausschließlich das war seine Aufgabe. Polizist zu sein, hieß im Grunde nichts anderes. Die eigentlichen Motive waren in Tresoren verschlossen, die man nur öffnete, wenn man selbst es wollte.
Durand, Roncaille, der Staatsminister, der Fürst und auch der Präsident der Vereinigten Staaten konnten denken, was sie wollten.
Frank verstand sich als einfacher Arbeiter, weit entfernt von den Räumen, in denen die Projekte entworfen wurden. Er war derjenige, der vor den Mauern stand, die es abzureißen oder aufzubauen galt, umgeben von Zementstaub und Kalkgeruch. Er war derjenige, der vor verstümmelten, enthäuteten Körpern stand, umgeben vom stechenden Geruch nach Schießpulver und Blut. Er wollte keine Seiten für die Ewigkeit schreiben. Er wollte nur einen Bericht verfassen, in dem er beschrieb, wie und warum er den Urheber so vieler Morde hinter Gitter gebracht hatte.
Anschließend würde er sich um Parker kümmern. Keiner hatte ihm in seinem mörderischen Rausch etwas beigebracht. Man musste grausam sein in der Verfolgung seiner Ziele. Und genau so würde er dem General gegenübertreten. Mit einer Grausamkeit, die selbst Parker, der darin ein Meister war, erstaunen würde.
Als Frank in sein Büro kam, setzte er sich an den Schreibtisch und wählte die Nummer des Handys, das er Helena gegeben hatte.
Es war abgestellt. Wahrscheinlich war sie nicht mehr allein und wollte nicht riskieren, dass es plötzlich zu klingeln begann und damit seine Existenz verriet. Er stellte sie sich zu Hause vor, mit Stuart als einzigem Trost zwischen ihren beiden Kerkermeistern Nathan Parker und Ryan Mosse.
Eine Viertelstunde saß er so und dachte nach, die Hände im Nacken verschränkt, den Blick an die Decke gerichtet. Wo auch immer er seine Gedanken hinlenkte, traf er auf verschlossene Türen.
Und doch spürte er, dass die Lösung nahe war, zum Greifen nahe. An ihrer Einsatzbereitschaft gab es keinen Zweifel, an ihrer Befähigung auch nicht. Jeder der Männer, die an diesem Fall mitarbeiteten, hatte eine Biographie, die für ihn Zeugnis ablegte. Fehlte bloß ein bisschen Hilfe vom Glück, das immer einen großen Teil jeden Erfolges ausmachte. Und es war komisch, dass ihnen die Gunst des Schicksals ausgerechnet hier so hartnäckig vorenthalten wurde, im Fürstentum Monaco, in dieser Stadt der großen und kleinen Casinos, 486
wo auf jedem Spielautomaten die Parole »Winning is easy« ausgegeben wurde. Jeder kann gewinnen. Frank hätte sich am liebsten vor eines dieser Geräte gesetzt und so lange Geld eingeworfen, bis sich die Räder alle drei zu einer kompletten Reihe einschwingen und statt eines triple bar den Aufenthaltsort von Jean-Loup Verdier anzeigen würden.
Plötzlich flog die Bürotür auf. Morelli stürzte herein und war so aufgeregt, dass er vergessen hatte anzuklopfen.
»Frank, wir haben endlich einmal Glück gehabt!«
Lupus in fabula! Hoffentlich ist es wirklich der Wolf und nicht nur ein Stoffhund …
»Was ist passiert?«
»Gerade sind zwei Personen auf die Wache gekommen, um Anzeige zu erstatten. Das heißt, wirklich Anzeige erstattet haben sie nicht, aber sie haben uns mitgeteilt, dass sie sehr beunruhigt sind …«
»Und weshalb?«
»Ein Besatzungsmitglied der Try for the Sun, die am Grand Mistral teilnimmt, ist verschwunden.«
Frank nahm ruckartig die Hände aus dem Nacken und wartete, was kam. Morelli, der gewusst hatte, dass er auf Interesse stoßen würde, fuhr fort.
»Gestern Abend war er mit einem Mädchen auf
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