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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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ist bereits vergessen, besänftigt durch die Süße jener Musik.
    Es wird eine andere Nacht geben. Und viele andere Nächte nach ihr.
    Schmeichelnd wie die Melodie, die sich wirbelnd im Raum verbreitet, kommt mit der Musik die Stimme.
    Bist du da, Vibo?
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    »Merde!«
    Nicolas Hulot warf die Zeitung, die er in den Händen hielt, zu den anderen, die sich bereits auf seinem Schreibtisch stapelten. Alle, Franzosen wie Italiener, brachten die Nachricht vom Doppelmord auf der ersten Seite. Trotz des Versuchs, bestimmte Informationen zurückzuhalten, war etwas durchgesickert. Allein schon die näheren Umstände der Tat waren ein Leckerbissen, der die Gier der Reporter entfesselte wie eine Rinderseite einen Schwarm Piranhas. Hinzu kam, dass beide Opfer bekannte Persönlichkeiten waren und die Schlagzeilen zu wahren Wundern an Kreativität aufblühen ließen.
    Ein Formel-1-Weltmeister und seine Freundin, wie’s der Zufall will, eine Schachspielerin von Weltruhm.
    Das war eine Goldmine, die jeder Journalist mit bloßen Händen ausgebeutet hätte.
    Ein ganz Gerissener hatte es geschafft, die Ereignisse Stück für Stück zu rekonstruieren, vermutlich dank fürstlich bezahlter Informationen vom Kapitän, der die Leichen entdeckt hatte. Besonders die Inschrift auf dem Tisch ließ die Fantasie der Chronisten wuchern.
    Ein jeder hatte seine ganz persönliche Interpretation angeboten und der Fantasie der Leser geschickt Raum gelassen.
    Ich töte …
    Der Kommissar schloss die Augen, aber die Szene, die er vor Augen hatte, verschwand nicht. Er konnte die in Blut auf Holz geschriebenen Zeichen nicht aus seinem Kopf verbannen. Solche Dinge geschahen nicht im richtigen Leben. Das waren Erfindungen von Schriftstellern, die ihre Bücher verkaufen wollten. Das waren Drehbücher, an denen irgendein erfolgreicher Filmautor in seinem Haus am Strand von Malibu schrieb, während er einen Drink schlürfte.
    Das waren Fälle, die von Rechts wegen amerikanischen Detektiven mit den Gesichtern von Bruce Willis oder John Travolta, mit gestählten Körpern und flinker Pistole zustanden, nicht aber einem einfachen Kommissar, der seiner Rente wesentlich näher war als dem Ruhm.
    Er erhob sich vom Schreibtisch und ging zum Fenster. Sein Schritt war schwer wie der eines Mannes, der erschöpft von einer langen Reise heimkehrt. Alle hatten sie ihn angerufen, und im zeitlichen Aufeinanderfolgen der Telefonate hatte sich die Hierarchie widergespiegelt.
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    Allen hatte er dieselben Antworten gegeben, weil alle dieselben Fragen gestellt hatten. Er sah auf die Uhr. Bald würde die Besprechung beginnen, in der die Untersuchungen koordiniert werden sollten.
    Neben Luc Roncaille, dem Direktor der Sûreté, würde auch Generalstaatsanwalt Alain Durand kommen. Er hatte beschlossen, persönlich als Untersuchungsrichter die Leitung des Falles zu übernehmen, und allem Anschein nach würde auch ein Staatssekretär aus dem Innenministerium anwesend sein. Fehlte bloß noch der Prinz als oberster Dienstherr der Polizeikräfte, doch es war noch nicht gesagt, dass …
    Jedem gegenüber würde er auf das ausweichen, was ihm im Moment zur Verfügung stand: wenig Informationen und viel Diplomatie.
    Er hörte es klopfen und wandte sich um.
    »Herein.«
    Die Tür ging auf, und herein kam Frank mit einer Miene, als wäre er überall lieber als hier.
    Hulot war überrascht, ihn zu sehen, konnte aber nicht anders, als sich instinktiv erleichtert zu fühlen. Er wusste es als Dankesgeste zu schätzen, als kleinen Akt der Solidarität in diesem Meer von Schwierigkeiten, in dem er hilflos herumpaddelte. Da war er, Frank Ottobre.
    Der Frank von früher wäre genau der richtige Typ Polizist für einen Fall wie diesen, auch wenn er wusste, dass sein Freund kein Polizist mehr sein wollte, nie wieder.
    »Salut, Frank.«
    »Salut, Nicolas, wie geht’s?«
    Hulot hatte den Eindruck, dass der andere mit seiner Frage nur vermeiden wollte, dass ihm selbst diese Frage gestellt wurde.
    »Wie es geht? Du kannst dir vorstellen, wie es geht! Ein Meteorit ist auf mich herabgestürzt, und ich hätte allerhöchstens einen Kieselstein aushalten können. Ich stecke in einem unglaublichen Schlamassel. Ich hab sie alle am Hals. Wie Hunde, die meinen Hintern mit dem eines Fuchses verwechselt haben.«
    Frank erwiderte nichts und ließ sich in den Sessel vor dem Schreibtisch fallen.
    »Wir erwarten den Autopsiebericht und die Ergebnisse der Spurensicherung, auch wenn sich anscheinend nicht viel

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