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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Auf der Brücke haben wir einen Bademantel gefunden. Vielleicht war das Mädchen an Deck gekommen, um frische Luft zu schnappen. Vielleicht war sie schwimmen gegangen. Der Mörder muss vom Land herübergeschwommen sein. Auf jeden Fall hat er sie überrascht, sie unter Wasser gezogen und sie ertränkt. Ihr Körper wies keine sichtbaren Verletzungen auf. Dann hat er den Mann geschnappt, draußen an Deck, und ihn niedergestochen. Er hat beide ins Schlafzimmer geschleift und dann in aller Ruhe diese … dieses gotteslästerliche Werk vollendet. Dann hat er das Schiff bis zum Hafen gebracht, das Ruder so blockiert, dass es auf die Mole zulenkt, und ist auf demselben Weg verschwunden, auf dem er gekommen war.«
    Frank schwieg. Trotz des Halbdunkels hatte er die Sonnenbrille 65

    nicht abgenommen. Mit gesenktem Kopf schien er die Blutspur zu betrachten, die wie ein Eisenbahngleis zwischen ihnen entlangführte.
    »Was hältst du davon?«
    »Man muss schon verdammt kaltblütig sein, um so etwas zu tun, falls alles so abgelaufen ist, wie du gesagt hast.«
    Er wollte nur noch weg von hier, wollte nach Hause gehen, wollte nie gesehen haben, was er gesehen hatte, wollte nicht sagen, was er sagte. Er wollte auf die Mole zurück, wollte in aller Ruhe in der Sonne seinen Spaziergang nach Nirgendwo fortsetzen. Er wollte atmen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Dennoch sprach er weiter.
    »Wenn er vom Land herübergekommen ist, müssen wir davon ausgehen, dass er nicht in einem Anfall von Wahnsinn gehandelt hat, sondern dass alles sorgfältig geplant und vorbereitet war. Er wusste, wo die beiden sich befanden, und mit großer Wahrscheinlichkeit waren sie es, die er treffen wollte.«
    Der andere nickte, als decke sich das, was er hörte, in etwa mit seinen Überlegungen.
    »Das ist noch nicht alles, Frank. Er hat noch einen Kommentar zu seiner Tat hinterlassen.«
    Hulot trat beiseite und gab den Blick auf den Holztisch in seinem Rücken frei. Mit ihm kam die wahnsinnige Inschrift zum Vorschein, diese Botschaft des Teufels.
    Ich töte …
    Frank nahm die Sonnenbrille ab, als ob das Licht unter Deck nicht ausreiche, um den Sinn dieser Worte zu begreifen.
    »Wenn es so gelaufen ist, dann bedeutet diese Inschrift etwas, Nicolas. Das ist nicht nur ein Kommentar zu dem, was er getan hat.
    Es bedeutet, dass er es wieder tun wird.«
    66

Dritter Karneval
    Der Mann schließt die schwere, hermetisch dichte Tür hinter sich zu.
    Lautlos schwingt der Türflügel heran, fügt sich perfekt in den stählernen Türsturz ein und verschmilzt fast unsichtbar mit der Wand. Das Verriegelungsrad, wie in einem U-Boot, gleitet leicht durch seine Hände. Der Mann ist stark, aber es ist deutlich zu sehen, dass der Mechanismus regelmäßig geölt und perfekt gepflegt wird.
    Der Mann ist in dem, was er tut, sehr sorgfältig und gewissenhaft.
    An dem Ort, an dem er sich befindet, herrschen makellose Sauberkeit und Ordnung.
    Er ist allein, eingeschlossen in seinen geheimen Schlupfwinkel, der die Menschen ausschließt, das Tageslicht und den einfachen Fluss der Gedanken.
    In seinem Geist drängen und kontrollieren sich wechselseitig die verstohlene Eile eines Tieres, das in seine Höhle flieht, und die hellwache Konzentration des Raubtiers, das seine Beute wittert, das Blut und das Rot des Sonnenuntergangs, Stimmen, die schreien, und Stimmen, die flüstern, Krieg und Frieden.
    Der Raum ist rechteckig und ziemlich geräumig. An der linken Wand ziehen sich lange Regale entlang, voll gepackt mit elektronischen Apparaturen. Hier steht ein komplettes Tonstudio, bestehend aus zwei achtspurigen Alexis-Bandmaschinen, die an einen Macintosh-Rechner angeschlossen sind. Ergänzt wird die Anlage durch verschiedene Geräte zur Manipulation von Geräuschen, die sich auf der rechten Seite der Wand türmen. Da sind Kompressoren, Focus-Rite- und Pro-Tools-Filter, einige Roland- und Korg-Racks für musikalische Effekte. Da ist ein Scanner, mit dem man alle möglichen Funkfrequenzen abhören kann, inklusive des Polizeifunks.
    Dem Mann gefällt es, den Stimmen in der Luft zu lauschen. Sie fliegen von einer Seite des Raums zur anderen, sie gehören Menschen ohne Gesicht und ohne Körper, sie sind die Fantasie und die Freiheit der Imagination, sie sind seine Stimme auf dem Band und seine Stimme im Kopf.
    Der Mann hebt den hermetisch verschlossenen Behälter vom Boden auf, wo er ihn abgestellt hatte, um die Tür mit dem Rad zu verriegeln. Zur Linken, an der Metallwand, steht ein Holztisch

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