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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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Frauen respektieren und dass sie ihnen im Haus und bei der Feldarbeit helfen sollten. Hinter seinem Rücken lachten die anderen ihn aus, aber wenn sie mal Probleme mit ihren Frauen hatten, gingen alle zu „Kilibik Ismail“ und seiner Frau Melike und baten um Rat. Leider hatten Onkel Ismail und seine Frau keine Kinder, |81| jetzt waren beide schon ziemlich alt. Ismail Amca hatte viele Jahre bei der Post gearbeitet, aber inzwischen war er im Ruhestand. Melike Teyze war Lehrerin gewesen. Sie trug nicht mal an Ramadan ein Kopftuch, aber das war nicht so schlimm. Sie war nicht die Einzige in Alaca.
     
    Wir waren schon sechs Wochen bei Babaanne. Ablam ging immer noch nicht in die Schule, und manchmal war es richtig langweilig. Wir bekamen nie Besuch, und Babaanne wollte auch niemanden besuchen.
    „Babaanne, hast du keine Freunde in Alaca? Meine Anne hat ganz viele Freundinnen in Deutschland.“
    Mine sah mich dabei an und zog die Schultern hoch. Babaanne gab lange keine Antwort. „Freunde gibt es nicht, Çocuklar, merkt euch das. Sie nehmen einem den Mann weg oder heulen einem die Ohren voll mit ihren Sorgen!“ Babaanne wurde böse und ging auf den Innenhof, um die Hühner wieder in den Stall zu scheuchen.
    Danach scheuchte sie uns auch ins Bett, wie ihre Hühner.
    Wenn Mine und ich abends im Bett noch tuschelten, sagte Babaanne immer: „Schscht, seit sofort still, sonst hol ich den Yalcin rein!“
    Dann war Ruhe, und wir schliefen sofort ein. Wir hatten Yalcin schon mal an unserem Haus vorbeilaufen sehen und waren vor Angst fast gestorben. Yalcin sah nachts noch schlimmer aus als bei Tageslicht.
    Vor dem Schlafengehen erzählte Babaanne uns immer Geschichten von Dede, der viele Frauen gehabt hatte. Aber Babaanne war unsere echte Babaanne. Die anderen waren schmutzige Frauen gewesen, die ohne Trauschein mit Dede zusammen waren. Babaanne hatte wegen Dede viel leiden müssen, weil er auch immer im Café gewesen war und Raki |82| getrunken hatte. Mein Dede war mal ein reicher Mann gewesen, aber er hatte viel Geld beim Kartenspielen verloren und für diese schlechten Frauen ausgegeben.
    „Allah sei Dank, er ist gestorben, bevor er dieses Haus auch verspielen konnte. Dieser Hurensohn!“, seufzte sie dann und hob die Hände zu Allah.
    Einmal standen ein paar Dorfkinder vor der Haustür und fragten, ob wir rauskommen würden zum Spielen. Aber Babaanne jagte sie alle mit ihrem Besen weg. Sie wollte nicht, dass wir mit anderen Kindern spielten. Sie sagte, dass viele Kinder keinen Knochen in der Zunge hätten und oft böse Ausdrücke benutzen würden. Babaanne wollte nicht, dass wir uns mit ihnen anfreundeten.
    Seit wir in Alaca waren, hatte meine Abla mich nie mehr geärgert. Aber sie war auch nicht mehr so lustig wie in Deutschland.
    „Wir sind jetzt seit zwei Monaten hier und Anne hat noch kein einziges Mal geschrieben, Nilgün. Meinst du, sie holt uns wirklich irgendwann mal ab?“
    „Gefällt es dir hier nicht?“, fragte ich.
    Mine vergrub ihr Gesicht in den Händen und fing an zu weinen. „Das hier ist nicht unsere Heimat, und das ist auch nicht Türkiye. Ich möchte in Istanbul sein und dort in die Schule gehen. Ich hasse diese alte Hexe!“ Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht.
    Babaanne war sehr streng, aber sie hatte uns noch nie geschlagen.
    „Ich bin doch bei dir, du musst nicht weinen, und außerdem kommt Anne bestimmt bald und holt uns ab. Aber so ein Haus ist teuer. Sie muss bestimmt noch mehr arbeiten und viel sparen!“ Diesmal versuchte ich, meine Schwester zu trösten.
    |83| Plötzlich stand Babaanne neben uns und rückte ihr Kopftuch zurecht.
    „Hört auf mit dem Gejammer. Kommt rein, wir essen.“
    „Babaanne, ich habe keinen Hunger“, sagte Ablam und fing wieder an zu weinen,„Annem hat uns vergessen, sie wird nie kommen.“
    „Natürlich wird eure Anne bald kommen und euch holen.“ Babaanne fing an zu singen: „Ağlama yavrum, ağlama, üc gün kaldi bayrama.“
    Danach gab sie uns aus ihrem Şalvarbeutel eine Handvoll braunen Kandiszucker.
    „Lasst uns Süßes essen und Süßes sprechen“, sagte sie und drückte uns fest an ihre Brust. Manchmal konnte Babaanne richtig lieb sein.
    Einmal hatte sie uns Popcorn gemacht, und ich durfte auch schon mal bei ihr im Bett schlafen, weil ich schlecht geträumt hatte.
    Aber das Beste war, Babaanne hatte immer braunen Kandiszucker in ihrer Tasche.
    Wenn man ein Stück Kandiszucker ein wenig lutscht und es dann in die Hand nimmt, sieht es aus wie

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