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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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Kleinkrafträdern herumzuhängen pflegten, bis sie mich ansprachen und ich fester Bestandteil der ansässigen Teenieclique sein durfte – als jüngstes Mitglied. Und so weiter.
    Anna lauschte aufgeregt, schließlich glitt ein spitzbübisches Lächeln über ihr Gesicht: Das war der Moment, in dem auch ihr klar wurde, dass Frühreife ein gutes Mittel sein konnte, der Erziehungsmacht der Eltern zu entkommen – oder sie zumindest auf eine harte Probe zu stellen. Noch am selben Abend begann sie mit einer Diät gegen ihren Babyspeck.
    »Annoula, willst du nichts anderes essen als das bisschen Käse und die paar Gurken?«, fragte Tante Matina.
    »Tu« , machte meine Cousine. »Ich nehme jetzt ab.«
    »Anna! Du bist elf Jahre alt! Du musst mehr essen!«, sagte Matina.
    »Tu!!!!« , machte Anna.
    Da blickte Tante Matina zwischen ihrer Tochter und mir hin und her und schüttelte halb verärgert, halb belustigt denKopf. »Ihr zwei! Das ganze Jahr über seht ihr euch nicht. Und dann ist es plötzlich, als wärt ihr keine Sekunde getrennt gewesen.«
    »Vraka ke kolos« , nickte Yiayia. »Ich sag’s ja immer: vraka ke kolos .«
    Wir verdrehten die Augen und taten, als ginge uns das Gerede der Großen nichts an. Unter dem Tisch aber fassten wir uns an den Händen und drückten ganz fest zu, bis unsere Hände heiß waren.

Orthodoxe Bekenntnisse
    A ls ich zur Schule kam, störte mich, dass bei mir nicht alles so war wie bei den anderen aus meiner Klasse: Ich durfte den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen und musste früher nach Hause (Ethikunterricht war zu jener Zeit noch nicht etabliert).
    Kinder fallen bekanntlich nicht gern aus der Reihe, sie wollen in der schützenden Gruppe der Altersgenossen aufgehen. Dass ich meinen Ranzen zweimal pro Woche eine Schulstunde früher als die anderen packte, war allerdings für meine Mitschüler kaum zu übersehen. Ganz allein schlenderte ich den kleinen Weg entlang des Schulgebäudes zu unserer Siedlung. Wäre ich älter gewesen – ich hätte mich gefreut. Nicht aber als Erstklässlerin: Ich fühlte mich wie eine Ausgestoßene. Alles nur, weil dort, wo auf der Klassenliste hinter den Namen der anderen Kinder die Abkürzung »kath.« stand, bei mir das Kürzel »gr.orth.«, für griechisch-orthodox, angegeben war. Ich wusste nicht mal so recht, was es bedeutete.
    Unsere direkte griechische Verwandtschaft war alles andere als tiefgläubig. Zwar entzündete Pappous in seinem Haus an Feiertagen mitunter Öllichter vor einem Madonnenbild, manchmal schaltete er auch während der Übertragung einer Messe das Radio an, so dass die salbungsvollen Gesänge der Popen durch das Haus klangen. Die Kirche besuchte meine griechische Familie aber nur bei Hochzeiten und Taufen. Und niemand von uns bekreuzigte sich bei Busfahrten, wie es (nach wie vor) viele der Fahrgäste in Griechenland tun – nicht etwa,um den Herrgott wegen des verwegenen Fahrstils der Busfahrer um Schutz zu bitten, sondern weil Kirchen passiert werden. Da das Athener Streckennetz von vielen Kirchen und Kapellen gesäumt wird und eine orthodoxe Bekreuzigung nicht nur ein, sondern drei Kreuzzeichen hintereinander beinhaltet, müssen diese Fahrgäste oft pausenlos nach allen Richtungen ihr Kreuz schlagen. Ich aber wusste noch nicht einmal, ob das orthodoxe Kreuz von links nach rechts oder umgekehrt angedeutet wird – vom katholischen ganz zu schweigen: Papa, der katholisch getauft war, war nämlich aus steuerlichen Gründen aus der Kirche ausgetreten.
    Dass mein Bruder und ich überhaupt getauft wurden, lag an einem Versprechen, das meine Eltern dem Popen bei ihrer Hochzeit geben mussten: Zur damaligen Zeit gab es in Griechenland noch keine standesamtliche Trauung, meine Eltern aber wollten unbedingt bei der südländischen Verwandtschaft heiraten. Dafür, dass er einen Katholiken kirchlich trauen sollte, forderte der Pope allerdings, dass wenigstens die künftigen Kinder des Brautpaars den orthodoxen Glauben annehmen sollten. Meinem Vater war das recht – in der griechisch-orthodoxen Kirche gibt es keine Kirchensteuer.
    Abgesehen von den steuerlichen Aspekten interessierte er sich nicht weiter für Religion, meine Mutter aber sehr wohl: Sie war dagegen, und zwar mit Inbrunst. Mama pflegte die Attitüde einer bekennenden Atheistin. Zwar kritisierte sie nicht das Christentum an sich – im Gegenteil, sie hielt es für erhaben vor allen anderen Glaubensrichtungen. Allerdings nur als Theorie, denn gläubig war sie nicht. Die

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