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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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einen Souvlaki-Imbiss, die machen vielleicht Souvlakia! Na glifis ta cheria sou, zum Finger abschlecken! Da gehen wir alle mal mit den Kindern hin. So was gibt’s in Deutschland nicht!«, schwärmte Giorgos.
    »Aber nicht jetzt!«, sagte Meri und drohte ihrem Mann mit dem Finger. »Erst müssen noch ein paar Kilo runter. Denk an deinen Bluthochdruck, Liebling.«
    Onkel Giorgos machte ein säuerliches Gesicht. Dann aber lächelte er plötzlich: »Bravo, Steliza , du hast ja den ganzen Teller leer gegessen!«
    »Linsensuppe mag sie, die gibt es in Deutschland oft«, sagte Mama. »Die Deutschen essen sie das ganze Jahr über, nicht nur zur Fastenzeit.«
    »Linsensuppe, das ganze Jahr über!?«, dröhnte Onkel Giorgos und schüttelte den Kopf. »Verstehe einer die Deutschen!«
    Mittlerweile waren Anna und ich aus unserer frommen Phase herausgewachsen, zu Ostern allerdings lohnte sich der Kirchenbesuch wieder. Vor dem Karfreitag wurden die Kirchen ganz und gar mit Blumen ausgeschmückt, bei den Altären wurden stilisierte Totenbahren mit Jesusfiguren aufgestellt, die dann beim Karfreitagsumzug durch die Straßen getragen werden sollten. Die Kirchen konkurrierten dabei in punkto Blumenschmuck untereinander, so dass es üblich war, mehrere Totenbahren Christi zu besichtigen und die Dekoration zu begutachten. Also verabredeten wir uns – dieser Treffpunkt war bereits ein Ritual – am Dimotiko Theatro, um von dort aus durch die Kirchen zu ziehen. Zumindest war das die Version für die Erwachsenen. Tatsächlich hatten wir vor, nur eine Kirche aufzusuchen und von dort aus dann einen bestimmten Plattenladen in Piräus anzusteuern, wo sich Annas Clique nachmittags traf, um einen Café Frappé zu trinken.
    Der Altar in der Kirche war mit Nelken geschmückt, die von Rosen und Freesien umrahmt waren; der betörende Duft überlagerte sogar noch den des Weihrauchs. Wir machten unser Kreuzzeichen, stellten zwei Kerzen auf, dann reihten wir uns in die Schlange der Gläubigen ein, die ehrfürchtig aufKnien unter den Totenbahren mit den Christusfiguren durchkriechen wollten – so war das Brauch.
    Ich war bereits damit fertig und wartete auf Anna, als es geschah: Einem alten Weiblein wurde es beim Wiederaufrichten schwindelig, und so hielt es sich an einer girlandengeschmückten Säule fest. Die kippte um und schlug mit einem ohrenbetäubenden Knall nur knapp neben mir auf den Steinboden.
    Die Säule selbst war aus bemaltem Holz. Trotzdem hätte sie mich wahrscheinlich erschlagen, wenn sie nur ein paar Zentimeter weiter zu Boden gefallen wäre, denn sie war massiv, mehrere Meter hoch und baumdick – und sie war in keiner Weise fixiert gewesen (solche Dinge kommen vor im Süden – sogar in Kirchen).
    Vielleicht war das so eine Art Strafe Gottes, gab ich zu bedenken, als wir vor dem Plattenladen auf den Stufen hockten und Frappé schlürften. Weil wir gelogen hatten und nun hier herumsaßen, statt weiter durch die Kirchen zu ziehen.
    » Bourdes , Quatsch«, sagte meine Cousine laut, um die Klänge der Sex Pistols aus dem Laden zu übertönen (das Geschäft war spezialisiert auf Punkmusik).
    »Wir haben doch gar nicht gelogen. Wir haben nur nicht alles erzählt. Außerdem: Wenn es eine Strafe sein sollte, dann wärest du jetzt tot!«, erklärte meine Cousine, und weil ich immer noch zweifelnd dreinblickte, bot sie an, später Rita zu dem Thema zu konsultieren.
    Rita war die Hausangestellte bei Tante Matina und Onkel Michalis, die mittlerweile nicht mehr in dem Haus von Matinas Eltern lebten, sondern in einer luxuriösen Dreihundert-Quadratmeter-Wohnung mit Meeresblick an der Uferstraße von Castella, unweit des Paraskevas-Bades. Weil Onkel und Tante nach wie vor ständig arbeiteten, kam nun täglich Rita und kümmerte sich um alles. Sie war nur gut zehn Jahre älter als wir und hatte bereits drei Kinder, ihr Mann aber, so hieß eshinter vorgehaltener Hand, taugte nichts, darum musste Rita die Familie ernähren. Trotz ihres Pechs mit dem Ehemann erschien sie aber meistens recht fröhlich und war ein wenig wie eine Freundin für uns – und sie kannte sich bestens in allen Glaubens- und Aberglaubensfragen aus.
    Rita packte meine linke Hand – die Herzenshand – und untersuchte die Linien eingehend: » Uuuh , die Lebenslinie geht ja fast bis zum Ellenbogen – kommt mir nicht so vor, als ob du bald verunglückst. Aber vielleicht hat dich jemand verhext. Du solltest was gegen den bösen Blick unternehmen.«
    Den bösen Blick kannte ich

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