Ich uebe das Sterben
noch an den Herd. Harald und ich haben das Gefühl, alles falsch zu machen und denken, dass Basti unglücklich ist. Selbst auf den Spaziergängen ist keiner von uns entspannt. Doch eigentlich hat Basti unsere Herzen schon längst erobert.
Als Harald und ich den Hund Sonntagnachmittag wieder zu seinen Besitzern bringen, sind wir verunsichert. Doch die beiden sind sich sicher, dass Basti uns gut findet. So unterschreiben wir den Schutzvertrag für ihn: Zar Valentin Simba, wie er laut Geburtsurkunde heißt.
Am liebsten würden wir ihn sofort mitnehmen, aber da Haralds Mama Ende Januar ihren siebzigsten Geburtstag feiert, entschließen wir uns schweren Herzens dazu, Basti noch bis Anfang Februar bei seinen derzeitigen Besitzern zu lassen. Es wäre sicherlich zu viel Hektik für Basti, direkt mit uns zu verreisen.
Als Harald und ich ins Auto steigen, will Basti wieder mit einsteigen. Aber die Besitzerin holt ihn zurück. Ich schaue Basti an, und sein Blick brennt sich für immer in mein Gedächtnis. Es ist, als wolle er sagen: »Hey, ich habe mich doch ganz anständig benommen und nur einmal in die Wohnung gepinkelt, und überhaupt liebe ich zwar meine Menschen und mein Hunderudel hier, aber so zwei Menschen ganz für mich allein zu haben, wäre doch toll.« Ich muss die aufsteigenden Tränen runterschlucken.
Als wir auf der Autobahn in Richtung Heimat unterwegs sind, weicht die augenblickliche Traurigkeit bald der Vorfreude auf Basti.
Eine Woche nach der schönen Geburtstagsfeier von Haralds Mama fahren wir zu Basti. Ich habe viele schlaflose Nächte verbracht – zerrissen zwischen totaler Begeisterung und der Angst, überfordert zu sein. Wir platzen fast vor Anspannung, als wir wieder die lange Hofeinfahrt hinunterfahren, um Basti abzuholen. Wird er uns wiedererkennen?
Die Besitzer kommen uns schon mit ihm entgegen. Seine Freude über uns ist ein wenig verhalten. Vielleicht fragt er sich, ob wir ihn erneut nur für einen Tag mitnehmen.
Wie dem auch sei, er steigt freiwillig ins Auto, und wir machen uns auf die lange Heimreise. Unterwegs schaue ich immer wieder auf den Rücksitz, wo er thront wie ein kleiner König. Wir haben die Rückbank mit kuscheligen Decken ausgelegt, die er jedoch mit aller Gewalt auf die Seite schiebt. Er gehört offensichtlich eher zu den harten Jungs.
Basti ist ein besonderer Hund, wie wir in der nächsten Zeit feststellen. Er fürchtet sich vor Füchsen und lauten Geräuschen, hat den Teppich im Flur zu seiner Pipiecke auserkoren, weigert sich, Treppen zu steigen, tötet mit Vorliebe Topfpflanzen, verarbeitet Regale zu Sägespänen und »liest« gerne Zeitschriften, indem er sie in kleine Teile zerfetzt.
Aber er bringt Spaß und Freude, und es ist schön zu sehen, wie er allmählich Vertrauen zu uns fasst und sich auch mal schmusen lässt. Mit jedem Tag fühlt er sich sichtlich wohler bei uns. Und ich genieße es sehr, endlich Hundebesitzerin zu sein.
Auch zu sportlichen Veranstaltungen begleitet Basti uns: Im Mai läuft Harald in Würzburg den Marathon, und Basti und ich feuern ihn an. Im Vergleich zum Vorjahr macht es mir in diesem Jahr viel mehr Spaß, Harald zu begleiten und dabei nur neben der Strecke zu stehen, denn ich habe ja meinen Hund an der Leine und bin nicht mehr allein.
Um Bastis unbändiges Temperament ein bisschen zu zähmen, besuche ich mit ihm die Hundeschule. Zugegebenermaßen macht das mir mehr Spaß als ihm, aber für unser Zusammenleben ist der Unterricht wirklich gut. Basti lernt, sich auf Handzeichen zu setzen, zu legen, bei Fuß zu gehen, stehenzubleiben und zu apportieren. Ich platze fast vor Stolz, wenn in der Hundeschule alles klappt.
Allerdings ist es ziemlich witzig, Bastis Gesichtsausdruck zu sehen, wenn er meinen Befehlen Folge leistet. Er schaut mich an, als wolle er sagen: »Ich mach’ das jetzt, weil ich dich gernhabe, aber einen Sinn sehe ich nicht darin!«
Wir sind ein tolles Team. Aber leider haben wir mehr gemeinsam, als uns lieb ist.
Als Basti geimpft werden muss, hört der Tierarzt routinemäßig auch das Herz ab. Ein angespannter Gesichtsausdruck des Veterinärs lässt nichts Gutes ahnen, und ein paar Röntgenbilder machen aus einem ersten Verdacht eine traurige Gewissheit: Basti hat einen Herzfehler. Sein Herz ist zu groß.
Der Arzt teilt mir mit, dass man dieses Problem mit Medikamenten nicht behandeln kann. Basti soll sich lediglich nicht sonderlich anstrengen und belasten.
Mit dieser Diagnose gebe ich mich nicht zufrieden und
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