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Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia K. Stein
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CIA-Spitzel-Rolle.
    „Judith, jetzt komm doch mal her“, er zieht mich zu sich heran und drückt mich an sich. Ich verstecke meinen Kopf an seiner Brust. Er hat ja recht. Man soll sich die Vergangenheit nicht schönlügen. Aber Florence – das kann ich nicht verstehen.
    „Ich will noch nicht nach Hause“, sage ich, weil wir uns langsam in die Richtung von meinem Apartment in der West Village bewegen.
    „Ich kann dir einen abgefahrenen Club zeigen“, bietet Peter mit aufkeimendem Enthusiasmus an. Er wirkt wacher, nachdem wir den Rotwein getrunken haben.
    „Heute ist Montag.“ Ich habe eigentlich gehofft, dass Peter mich zurück zu ihm einlädt und wir da weitermachen, wo wir vorhin unterbrochen wurden. New York hat definitiv zu viele Clubs und eigentlich interessieren sie mich gerade nicht sonderlich.
    „Montag in New York ist ja nicht Montag in Dinslaken“, grinst Peter. Es spricht Dinslaken so ulkig aus, dass ich lachen muss. Sein Grinsen mit dem hübschen Grübchen ist wirklich unwiderstehlich.
    Ich nicke also vage und Peter zückt sofort sein iPhone. Er ruft einen Freund an, der uns auf eine Gästeliste setzen soll. Peter kennt echt jeden in New York. Ich kenne niemanden, der so viel telefoniert und so viele Leute begrüßt, egal, wo man hinkommt.
    Wir gehen also ins Haman. Mit Matratzen und orientalischen Mustern ist der ganze Laden gestylt wie der Haremstrakt eines arabischen Prinzen. Man zieht die Schuhe aus und fläzt sich auf den dicken Matratzen – immerhin ein schmusefreundlicher Laden. Ich nippe gehorsam am Blackbull, den Peter mir in die Hand drückt, während er rumläuft und ein paar Bekannte begrüßt. Ich habe mich daran gewöhnt. Er trinkt viel schneller, wirkt aber überhaupt nicht betrunken und auch nicht müde. Wenn Peter ausgeht, wird er immer munterer, je später es wird, ein echter New Yorker eben. Zwischendurch kommt er aber immer zu mir und wir küssen uns, nein, wir knutschen sogar ziemlich rum. Wenn wir uns küssen, ist alles unwirklich deutlich und der Kuss zerfällt in seine Einzelteile: die Hitze in seinem Mund, die Feuchtigkeit, sogar die Poren seiner Zunge kann ich spüren. Als ein ziemlich abwesend wirkender Bekannter von Peter sich endlich verabschiedet, sagt Peter, dass er Kiffen langweilig findet und die Trägheit der Bekifften noch viel mehr. Da kann ich absolut zustimmen. Ich bin heilfroh, dass er nicht kifft. Diese ganzen Drogen in New York machen einen verrückt. Vor allem seit sogar meine Mutter meint, experimentieren zu müssen, als wären wir in den Siebzigern.
    Ich werde immer müder, während Peter immer munterer wird. Er macht jedenfalls keinerlei Anstalten zu gehen.
    „Sollen wir nicht gleich nach Hause – ich muss morgen zur Arbeit. Du musst doch auch zur Uni.“
    Er streichelt meinen Arm. „Ich wollte eigentlich noch ein paar Freunde im Hudson Hotel treffen.“ In New York trifft man sich häufig in Hotelbars. Aber die Hotels sind auch wirklich sehenswert. In Dinslaken stünde da nur das Schwarze Ferkel an der B8 zur Auswahl, was in etwa das materialisierte Gegenteil von cool sein dürfte. Peter küsst mich und streicht meine Haare hinter die Ohren. „Ist es okay, dass ich bleibe?“
    Ich nicke und versuche, nicht enttäuscht auszusehen. Dann stehe ich auf und Peter küsst mich zum Abschied nochmal ganz tief und ich wünschte, wir wären zu Hause. Ich fahre ein Stück mit der Subway und gehe den Rest des Weges zu Fuß durch den lauen Abend. Es sind noch ziemlich viele Leute unterwegs, vielleicht ist es auch der Vollmond, der die Menschen voll Energie pumpt.
     
    Aber ein paar Tage später weiß ich, dass es nicht der Vollmond ist, sondern vielleicht einfach New York. Peter zeigt mir in dieser Woche noch viele Clubs. Und nach ein paar Tagen stolziere ich mit erhobenem Kopf an den Türstehern vorbei. Erstens habe ich mir angewöhnt, mich aufzubretzeln und hohe Schuhe zu tragen, womit ich die kleineren Amerikaner meist überragen kann und zweitens kommt Peter einfach überall rein und kennt jeden. Man fühlt sich eigentlich gar nicht so schlecht an Peters Hand an langen Schlangen wartender, teilweise grandios aussehender Mädels vorbeizulaufen und vom Türsteher mit Handschlag begrüßt zu werden. Daran könnte man sich gewöhnen. Jedenfalls kenne ich sie bald alle, die „in“-Läden: Thompson Hotel, Rivington Hotel, Milk and Honey, Little Branch, Apotheque, The Box, Marquee, Bungalow 8, Cielo, Hudson Terrace – wobei die Bars und Clubs zwar

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