Ich und du Muellers Kuh
weißer Manschette und rosa Schleife. Eva brach in Begeisterungsrufe aus, sagte, daß sie noch nie so etwas Süßes bekommen habe und trug die Winzigkeit wie einen Schatz in die Küche. Unser bombastischer Strauß lag auf dem Flurschränkchen. Eva hatte ihn dorthin gelegt und nur bemerkt, daß er ganz großartig, aber nicht nötig gewesen wäre.
»Ja, wir hätten es fast geschafft«, wiederholte Sigmund, »aber Prilli steckt in der zweiten Trotzphase und hat eine Vase runtergeworfen.«
»Da mußtet ihr sie noch trösten!« sprach Hugo Pratzel mit scharfer Ironie in Stimme, Mienenspiel und Wortwahl. Sigmund schaute ihn freundlich an.
»Ja, da hast du recht, das mußten wir. Mir scheint, du hast einiges dazugelernt, Hugo!«
Bei Sigmund kam man mit Ironie nicht weit. Er nahm sie einfach nicht zur Kenntnis. Hugo öffnete den Mund, um eine zweite schärfere Salve hinterher zu schießen und klarzumachen, wie er seine Worte verstanden wissen wollte, aber Eva drängte sich zwischen die beiden.
»Hugo, die Suppe ist angerichtet, wir können essen.«
So gingen wir denn zu Tisch und löffelten die Hochzeitssuppe, die ich mittlerweile schon beinahe gerne mochte.
O, wie dankbar war ich für den Schlagabtausch zwischen den beiden verschiedenartigen Vätern! Mit meinem Fernsehauftritt hatte hier offensichtlich niemand Schwierigkeiten, sie beharrten bei ihren Lieblingsstreitpunkten, und mir sollte es recht sein. Eine so hohe Welle der Dankbarkeit spülte über mich hin, daß ich meinen Teller zum zweiten Mal unter Hugo Pratzels Suppenkelle hielt.
»Ich mag diese Suppe!«
»Wir mögen dich auch«, sagte Hugo, »wenngleich du uns schnöde verlassen hast und zu Fernsehruhm emporgestiegen bist.«
Jetzt lag der Brocken auf dem Tisch zu gefälliger Bedienung. Maria würgte bereits daran.
»So sehen wir dich wenigstens auf dem Bildschirm.«
»Ich muß schrecklich viel arbeiten, Maria!«
Julius Fink legte den Löffel nieder.
»Unsere Frauen arbeiten auch von morgens bis abends! Aber da ertönen keine Siegesfanfaren und keine Lobeshymnen! Sie tun es im stillen, ohne Publikum und ohne Lohn. Also beklage dich nicht!«
»Ich beklage mich ja nicht, Julius.«
»Da hast du auch keinen Grund dazu! Was meinst du, was du uns zu schlucken gibst?« Seine Baßstimme war über den Bariton bis zum Tenor hinaufgeklettert. Sie sprach aus, was vermutlich alle hier dachten. »Du heimst Lorbeeren ein, spielst den großen Star und meinst, du könntest hier alle in den Schatten stellen, die still und bescheiden ihre Arbeit als Pfarrfrau tun!«
Ich saß erstarrt.
»Mag noch jemand Suppe?« Eva Pratzel fragte es in die Stille hinein und wartete gar nicht erst auf Antwort. »Wir wollten diesmal keine Urlaubsfilme Vorführern Wir wollten mal etwas anderes machen, und da haben wir eine lustige Diaserie besorgt. Uns hat sie Spaß gemacht, aber ich weiß nicht so recht, nach Lage der Dinge...« sie warf einen beschwörenden Blick auf ihren Ehemann, »Hugo, ich denke, wir sollten vielleicht doch umdisponieren und die Urlaubsfilme...«
»Nein, laßt doch!« riefen die anderen, dankbar Hugos Filmkunst und dem explosiven Gesprächsstoff zu entrinnen, »lustige Dias sind gut!«
»Na, wie ihr wollt«, sagte Hugo, »dann verfügt euch mal ins Wohnzimmer, es ist schon alles aufgebaut.«
Die Serie hieß: »Der feine Ton«, und sie handelte vom Umgang mit Freunden und Gästen. Sympathische Geschöpfchen mit Knollennasen traten auf alle erreichbaren Hühneraugen und in sämtliche Fettnäpfchen, schnitten peinliche Gesprächsthemen an und gerieten in unerfreuliche Situationen.
Wir saßen in betretenem Schweigen, keiner lachte.
»Da hast du wirklich Gipspfoten gehabt, Hugo«, Julius Fink sprach es, nun wieder in sonorem Baß, »laß dir gratulieren zu deiner geschickten Auswahl!«
»Ich fand’s halt lustig«, verteidigte sich Hugo, »konnte ich ahnen, daß gerade heute so etwas passiert. Und überhaupt, ihr Lieben, ich habe schon bemerkt, daß ihr meine Filme nicht mögt! So dumm bin ich nun auch nicht!«
Schweigen. Eva knipste das Licht an. Manfred wand die Finger ineinander, daß sie knackten.
»Uns wird schwindlig beim Zuschauen, weil du nämlich zuviel mit der Kamera herumfuhrwerkst und sie nie still hältst.«
»Was verstehst denn du vom Filmen!« rief Hugo. »Du photographierst doch nur!«
»Bißchen was verstehe ich schon davon. Ich habe es dir schon immer sagen wollen, Hugo.«
»Und darf ich fragen, warum du es mir nicht gesagt hast?«
»Weil
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