Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
Vom Netzwerk:
Mathias sahen ihm traurig nach.
    Vor der nächsten Reportage rafften beide in hektischer Eile ihre Indianerausrüstung zusammen.
    »Wo isch mei Tomahaxt? Los Andreas, mach doch! Tschüs, Mulchen!« Und weg waren sie.
    Wir kauften Zeitschriften, die wir sonst nicht zu lesen pflegten und lasen staunenden Auges Artikel mit der Überschrift:
    »Amei, die pfiffige Pfarrersfrau!« »Hübsche Beine hat die Kleine!« »Frau Pfarrers Bibel ist Wilhelm Busch!«
    »O, Manfred, was werden die Leute sagen? Wie wird’sdie Gemeinde verkraften?«
    Sie verkraftete es gut! Saß mit gedrückten Daumen am Fernsehapparat, schickte Blumen und Kuchen und tat mir kund, daß sie stolz sei.
    Der Kirchengemeinderat unterbrach eine Sitzung, um gemeinsam »Alles oder Nichts« anzuschauen und seine vierte Pfarrfrau auf dem Bildschirm zu betrachten.
    Frau Prälat äußerte, daß es aufs Ganze gesehen, eine erfreuliche Sache wäre, wenn Pfarrfrauen im Fernsehen aufträten, die »Alles« wüßten, daß sie persönlich es aber begrüßen würde, wenn meine Kleider um einiges länger und mein Gebaren um vieles zurückhaltender würde.
    Von Sendung zu Sendung schwoll die Tasche des Briefträgers an. Auf meinem Schreibtisch überragte der Postberg bald die Wilhelm-Busch-Literatur.
    O, wie gern ich diese Briefe las! Wie wohl sie meiner Seele taten! Ich wäre toll, stand dort geschrieben, meine Stimme wäre die der Brigitte Horney und mein Aussehen das der Adele Sandrock, ich solle mich nicht aufregen, wenn ich eine Antwort nicht wisse, sondern zur nächsten Frage übergehen, und mein liebes Lächeln solle mir und der Menschheit noch recht lange erhalten bleiben. Müller reimte sich auf Knüller, und Busch auf Tusch...
    Ich war tief gerührt ob dieser Freundlichkeit und mit mir meine Familie.
    »Mensch«, rief Andreas, als er mir den Postpacken auf den Schreibtisch legte, »sin des nette Leut! I tät nie en Brief schreibe, wenn i net müßt!«
    Dann kam der Tag, an dem ich den ersten bösen Brief erhielt. Als Manfred nach Hause kam, saß ich noch wie erstarrt am Schreibtisch. Er las den Brief und riß ihn in kleine Fetzen.
    »Das hat ein kranker Mensch geschrieben, Malchen! Du mußt es ganz schnell vergessen!«
    »Aber er muß sich fürchterlich über mich geärgert haben, sonst könnt er doch nicht solche Sachen schreiben!«
    »Ich sage dir, das sind Auswüchse einer krankhaften Phantasie!«
    Es kamen andere.
    »Sie sind die plötste Ku, die jeh im Fernsehen wahr!« So stand es auf einer Postkarte geschrieben.
    Die Schwierigkeiten der Schreiberin mit der Orthographie trösteten mich nicht darüber hinweg, daß der Briefträger diese lapidare Feststellung auch noch hatte lesen können.
    Alle bösen Zuschriften waren ohne genaue Adresse, so daß ich mich nicht verteidigen konnte, und fast alle stammten aus frommen Kreisen.
    Ein Brief, mit Gift und Galle reichlich versehen, war unterschrieben mit »Ihre evangelischen Glaubensschwestern.«
    »Eine Pfarrfrau sollte sich um die Alten und Kranken kümmern und sich nicht im Fernsehen produzieren...«, so stand dort zu lesen. Da war sie wieder, die altvertraute Regel!
    Eine Pfarrfrau sollte dies und sollte jenes, aber niemals das tun, was ihr Spaß macht!
    Eine Pfarrfrau sollte sich um andere kümmern und nie um sich selber!
    Eine Pfarrfrau sollte in ein bestimmtes Bild passen, und wenn sie das nicht tut, dann ist sie eine Enttäuschung, und man hat das Recht, sie zur Ordnung zu rufen!
    Die mühsam erlangte Sicherheit, das ohnehin schon angeknackste Selbstbewußtsein, da schwanden sie wieder dahin, übrig blieb eine von Zweifeln geplagte und mit schlechtem Gewissen belastete Pfarrfrau.
    »Du bekommst soviel begeisterte Briefe und hängst dich an die wenigen bösen«, schalt Manfred, »das ist undankbar! Wie kann ein denkender Mensch überhaupt anonyme Briefe lesen? Man wirft sie in den Papierkorb, und wenn du es nicht tust, dann werde ich dafür sorgen!«
    Er fing den Briefträger ab und verschwand mit der Post in seinem Zimmer, um sie zu sichten. Ich sah denn auch einen zerrissenen Brief und hatte große Mühe, alle Schnipsel aus dem Papierkorb zu fischen und wieder zusammenzusetzen.
    »Es ist meine Post, und du darfst sie nicht einfach aufmachen und zerreißen!«
    »Ich hab nur diesen einen Brief zerrissen, weil er dich nämlich verunsichert hätte.«
    »Und wenn er mich zehnmal verunsichert! Ich will ihn lesen!«
    »Gut, tu was du nicht lassen kannst!«
    Damit verschwand er und ward bis zum Abendbrot nicht

Weitere Kostenlose Bücher