Ich und du Muellers Kuh
rief Hugo, »jetzt weint sie!«
»Ich schau mal nach«, Maria eilte hinaus, ich lief hinterher und Agathe auch.
Eva stand am Spülstein in der Küche und stellte meine protzigen Blumen in einen Krug. Sie weinte tatsächlich.
»Eva, bitte, wir wollten dich doch nicht verletzen!«
»Ihr habt mich auch nicht verletzt! Ich weine nur über meine eigene Dummheit!« Sie putzte sich energisch die Nase. »Wir mögen diese Suppe nämlich schon längst nicht mehr! Ich hätte euch gern etwas anderes angeboten, was nicht derartig viel Arbeit macht, aber ich war fest davon überzeugt, daß ihr alle ganz verrückt auf die Suppe seid. Warum habe ich euch nie gefragt? O ihr, wie kann man nur so dumm sein!«
Die Herren gesellten sich zu uns.
»Dies war ein Abend der Wahrheiten«, sprach Julius.
»Ja, wir haben heute viel aufgearbeitet«, meinte Sigmund.
Hugo warf ihm einen scharfen Blick zu. »Ihr seid die einzigen, die nichts abgekriegt haben!«
»Ach, weißt du, wir kriegen so viel von dir ab, daß wir dieses Mal gern verzichten konnten!«
Eva schüttete die restliche Suppe in eine kleine Schüssel. Ein letztes Tränlein tropfte aus ihrem Auge, fiel in die Suppe und bereicherte sie um ein neues, kostbares Ingredienz.
»Was wollen Sie mit dem gewonnenen Geld anfangen?« fragte mich am nächsten Tag ein Reporter.
»Ich hab’s ja noch nicht.«
»Ja, aber wenn Sie es hätten, was würden Sie sich dann kaufen?«
»Ich hätte mal gerne was aus Pelz!« So sprach ich in meines Herzens Einfalt und weil mir das gerade einfiel.
Am nächsten Tag stand in der Zeitung: »Sie kauft sich einen Pelzmantel!«
Ein Sturm der Entrüstung brauste über das Land.
»Was, eine Pfarrfrau einen Pelzmantel! Hat man so etwas schon gehört? Gibt es nichts Wichtigeres? Kinder hungern! Menschen darben! Und sie will einen Pelzmantel! Eine schöne Pfarrfrau ist das!«
Agathe Säusele rief an, erzählte von den verschiedenen Phasen, in denen sich die Kinder gerade befanden und kam dann zum eigentlichen Grund ihres Anrufes.
»Weißt du, Amei, es ist psychologisch unklug, zu sagen, du willst dir einen Pelzmantel kaufen. Die Leute bringen Pelzmantel und Pfarrfrau nicht zusammen, und du kriegst Ärger! Also denk dran: Psychologisch klug handeln!«
Ich hatte mich kaum am Schreibtisch niedergelassen, da klingelte das Telefon schon wieder. Diesmal war es Eva Pratzel.
»Habt ihr euch von vorgestern erholt? Jetzt kann ich schon über die Suppe lachen. Aber Hugo ist’s nah gegangen. Er hat sich ein Buch gekauft >Filmen, aber richtige, das liest er gerade und knurrt dabei dauernd vor sich hin. Übrigens, Amei, ich will mich nicht einmischen, aber sag doch nicht solche Sachen, daß du einen Pelzmantel kaufst und so. Du weißt doch, wie die Leute sind. Nachher kriegst du was auf die Nase. Also, verheb’s!«
Am Nachmittag erschien Maria Fink, bepackt mit Kefir, Kleiekeksen und einem duftenden Strauß Fresien. »Irgendwann hast du mal gesagt, daß Fresien deine Lieblingsblumen sind, also hat Julius sie für dich gekauft. Er läßt dich herzlich grüßen. Kleiekekse schlagen nicht an, du kannst sie also ohne Sorgen knabbern, während du lernst. Kefir ist jetzt besonders wichtig für dich, denn er stärkt und beruhigt die Nerven. Ich bitte dich herzlich, ihn regelmäßig zu trinken!«
Wir sprachen über dies und das und besonders über den »Abend der Wahrheit«, versicherten uns unseres gegenseitigen Wohlwollens und landeten beim — wie hätte es anders sein können — Pelzmantel.
»Er ist mir überhaupt nicht wichtig, Maria, wirklich, ich hab’s bloß so hingesagt!«
»Dreh jedes Wort dreimal um, bevor du’s rausläßt! Ich will nicht, daß man über dich spricht!«
Dann ging sie und ich begab mich wieder an den Schreibtisch, denn die letzte Sendung rückte in bedrohliche Nähe.
»Gitti, kommst du mit zu der letzten Sendung? Ich darf Gäste mitbringen, und es ist so beruhigend für mich, wenn ich eine kleine Hausmacht dabei habe.«
Ja, sie wollte und Bruder Stefan auch. Die beiden blieben allerdings die einzigen.
Der große Tag brach an. Nur Manfred aß sein Frühstück mit gutem Appetit, wir anderen kauten lustlos an unserem Toast herum.
»Mulchen«, ließ sich Mathias vernehmen, »i sag dir, wenn heut abend was passiert, und du verliersch, dann heul bloß net, sonsch kann i mi nie mehr in meiner Klass sehe lasse. Gell du, des tusch du net?!«
Ich versprach es.
»Pah, was soll denn da passiere?« rief Andreas, »du hasch des Zeugs ja so
Weitere Kostenlose Bücher