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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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So fiel seine Bitte auf fruchtbaren Boden. Nach einer Woche hektischer Betriebsamkeit, nach Räumen und Malen, nach Streit und Versöhnung, bezog Andreas sein eigenes kleines Reich und fühlte sich wie ein König.
    »Und wer soll mir abends vorlese?« schimpfte Mathias. »Du kannsch selber lese, du Faultier, außerdem hat ja ‘s Mulchen jetzt wieder Zeit!«
    »Gut, dann will i aber mei Zimmer au umräume!«
    So wurde noch einmal geräumt, und es war eine große Freude und eine schöne Zusammenarbeit.
    Andreas zog sich in sein Zimmer zurück, wann immer dies möglich war, las, züchtete Kröten und Eidechsen und betrachtete die Welt durch ein Mikroskop.
    »Was gibt’s Guts?« Er kam früher als sonst von der Schule heim.
    »Ist eine Stunde ausgefallen oder warum bist du so früh dran?«
    »Sie spielet no Völkerball.«
    »Und du? Du spielst doch auch gern.«
    »Ja, gern scho, aber net gut, da bin i eifach übrigbliebe.«
    »Och, Andreas!« Glühendes Mitleid erfüllte mein Mutterherz. »Ärger dich nicht, das sind ganz blöde Burschen!«
    »Aber i ärger mi doch gar net, Mulchen. Es macht mir ehrlich nix aus. Im Gegeteil, jetzt kann i scho a bißle vorlerne. Heut nachmittag will i >Blättle< austrage.«
    Er war »Gemeindedienstfrau« geworden, verteilte in einem Bezirk den Gemeindebrief und versah seinen Dienst mit Eifer und Sorgfalt. Spät kehrte er heim, ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen und streckte müde die Beine aus.
    »Mensch, Mulchen, i bin vielleicht erledigt. Die alt Frau Haberschlamm hat gsagt, i soll mit ihr Tee trinke, und dann habet mir uns gmütlich hingsetzt und Tee trunke, und sie hat aus ihrm Lebe erzählt. Du, die hat was durchgmacht mit ihrm Mann, weil er doch so lang krank war, und sie hat ihn pflegt und sich richtig aufgopfert und zum Schluß sogar no gfüttert. Aber jetzt isch se furchtbar allei, seit er gstorbe isch, und dann hat se gweint. Mir war’s so arg, und i hab gsagt: >Frau Haberschlamm, wollet Se vielleicht no en Tee<, aber se hat gar net mit weine aufghört.«
    »Was hast du denn dann gemacht?«
    »Was hätt i mache solle? I bin halt sitzebliebe, bis se fertig war und bloß no so a bißle gschnieft hat, und dann hab i ihr Tee eigschenkt und gfragt, ob der Mann auf dem Bild an dr Wand vielleicht ihr Mann wär. Da war se scho wieder a bißle froher und hat gsagt, ja, in seine beschte Zeite. Mulchen, dr Vati muß se unbedingt mal bsuche!«
    »Da hast du aber nicht viel Blättchen austragen können?«
    »Ach wo! I war doch no bei dem Mann. Weisch, bei dem, der nebe ‘m Hof wohnt, mit seim dicke Dackel, der immer gschimpft hat auf uns, wenn mir gschpielt habet, und gschrien, er holt d’ Polizei. Weisch nimmer?«
    »Doch, ich weiß! Der hat dich reingelassen?«
    »Ja, er hat d’ Türkette weggmacht und gsagt, i soll reikomme. I hab zerscht furchtbar Angscht ghabt vor ihm und dem Dackel. Aber der Dackel isch bloß in dr Eck gsesse und hat a bißle kläfft. Der Mann war ganz freundlich und hat mir was Beppsüßes zum Trinke gebe und gsagt, jemand müßt mit dem Dackel schpaziere gehe. Er könnt’s net, weil er krank wär, und ob i’s net tun könnt. Da bin i halt gange.«
    »Hast keine Angst gehabt vor dem Dackel?«
    »Ach, Mulchen, er isch ja furchtbar dick und hat richtig schnaufe müsse. Alle paar Schritt habet mir schtehebleibe müsse, damit er pinkle kann und sich ausruhe. Dann hab i für den Mann no Wurscht und Brot eikauft, und er hat gsagt, er hätt zwar sein Glaube an d’Menschheit verlöre, aber i wär a Ausnahm. Dann hab i no was von dem Beppsüße trinke müsse, und jetzt isch mir’s ganz durmelig. Aber morge werd i wieder hingehe, denn der Dackel zerreißt eim ja’s Herz. Ach, Mulchen, manche Leut habet kei schös Lebe! Bis nachher, i geh nauf und mach no a bißle Hausaufgabe.«
    Er war erwachsen geworden, und ich hatte es nicht gemerkt. Anders verhielt es sich mit Mathias. Er ging in die entgegengesetzte Richtung und wandelte eine Wegstrecke zurück, die wir längst überwunden glaubten.
    »I hab Angscht«, erklärte er, als ich mich abends von ihm verabschieden wollte.
    »Aber Mathias, seit wann denn?«
    »Seit vorgeschtern, wo ihr au weg wart.«
    Ich setzte mich an sein Bett. »Erzähl mal, was war denn?«
    »I hab solche Angscht ghabt, daß i am liebschte a Ameis gwese wär. Da war a schrecklichs Geräusch, wie wenn jemand auf m Flur geht. I war ganz starr, ja, Mulchen, i hab sogar betet und gsagt: >Lieber Gott, gib mir doch a Zeiche, wenn des Geräusch

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