Ich und du Muellers Kuh
weitergeht, dann isch da jemand, und wenn net, dann net...<«
»Ja und?«
»Dann isch des Geräusch weitergange?« Er barg seinen Kopf in meinen Schoß.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Mathias, hier kommt bestimmt niemand rein!«
»Doch, Geischter könnet rei!«
»Es gibt keine Geister, Mathias!«
Er hob den Kopf und schaute mich strafend an.
»Doch, ‘s gibt, Mulchen! Hasch du denn dr Heilige Geischt vergesse?«
»Was redet ihr denn da?« Manfred stand in der Tür, den Blick vielsagend auf die Armbanduhr gerichtet.
»Wir reden über den Heiligen Geist.«
»Muß das jetzt sein, wo wir eh schon spät dran sind?«
»Ja!« rief Mathias, »i hab nämlich Angscht vor dem!« Manfred schüttelte ungläubig den Kopf, kam näher und setzte sich auf den Bettrand.
»Vor dem Heiligen Geist braucht man keine Angst zu haben, Mathias, er ist kein Gespenst oder was immer du dir darunter vorstellst!«
»Ja, wie sieht er denn dann aus?«
Manfred rang nach Worten.
»Laß mich mal«, sagte ich. »Wir haben doch die Bilderbibel angeguckt.« Mathias nickte. »Kannst du dich an das Bild erinnern, wie der Herr Jesus getauft wird?« Er nickte wieder. »Da schwebt er über ihm, und ich hab ihn dir auch gezeigt und gesagt, daß es der Heilige Geist ist, weißt nimmer? Wie hat er ausgesehen?«
»Wie en Vogel, a Taube oder so.«
»Na siehst du! Vor einer Taube brauchst du doch keine Angst zu haben!«
»I will aber net, daß hier in dr Nacht eine rumfliegt und in Wirklichkeit dr Heilige Geischt isch!«
»Was sagst du ihm auch für Sachen, Malchen!« Manfred erhob sich ärgerlich, »das ist doch alles Unsinn! Ich erkläre es dir morgen, Mathias. Wir müssen jetzt wirklich gehen! Du brauchst keine Angst zu haben!«
»Aber i hab halt Angscht!« rief Mathias kläglich.
Ich knöpfte mir den Mantel auf. »Ich bleibe zu Hause!«
»Nein, das kommt nicht in Frage. Du mußt mit, Malchen, und zwar jetzt auf der Stelle, sonst kommen wir zu spät!«
Ich nahm Mathias in die Arme. »Hast du auch Angst, wenn’s hell ist?«
»Net so arg.«
»Gut, dann lassen wir das Licht im Flur an und machen deine Tür weit auf. lst’s recht so, oder soll ich den Andreas rufen?«
»Ja, wenn der komme tät und ‘s Licht im Flur anbleibt, dann hab i, glaub i, kei Angscht mehr.«
Ich rief Andreas, der murrte zwar, kroch aber dann doch zu seinem Bruder ins Bett.
Manfred stand wütend an der Wohnungstür und schaute auf die Uhr.
»Bei uns geht’s zu wie bei Säuseles!« knurrte er, »und zu spät kommen wir natürlich auch wieder!«
»Mir ist’s peinlich, als erste anzurücken und den Eindruck zu erwecken, als hätte ich den ganzen Tag nur auf diesen Augenblick gelauert!«
»Nun, diesen Eindruck hast du noch nie in deinem Leben erweckt, scheint mir«, sagte er bissig und fügte den Spruch hinzu, den er an dieser Stelle zu sagen pflegte und der mich noch nie überzeugt hatte: »Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige!«
»Da hast du völlig recht«, sagte ich, denn meine Gedanken weilten bei Mathias. »Wir hätten ihn nicht allein lassen dürfen mit seiner Angst vor dem Heiligen Geist!«
»Ich wollte, man würde mehr vom Heiligen Geist bei uns spüren! Licht anlassen im Flur! Mach ihn nur wieder zum Baby, das wird ihm sicher helfen!«
»Vielleicht befindet er sich gerade in einer Phase. Ich muß mal die Agathe fragen.«
Als wir heimkamen, lagen beide Söhne friedlich schlafend in Mathias’ Bett. Sie hatten eine Mauer von Büchern um sich aufgerichtet.
Am nächsten Tag sprachen Vater und Sohn über den Heiligen Geist, wobei allerdings dem Sohn keine große Erleuchtung zuteil wurde. Fürchten täte er sich nicht mehr vor ihm, so erklärte er mir später, »aber, Mulchen, ‘s isch schwierig. Man kann ihn fascht überhaupt net verschtehe.«
Allmählich wich die Angst vor der Dunkelheit, die Angst vor dem Alleinsein blieb.
»Mensch, Mulchen, müsset ihr immer zamme wegfahre, der Vati und du? Und wenn amal en Unfall passiert, was isch dann? Hasch dir net überlegt, daß mir dann zwei Stiefeltern krieget?«
»Du weißt doch, wie gut der Vati fährt!«
»Ja, des weiß i, aber wie fahret die andere?«
»Draußen ist so schöner Schnee. Wir gehen spazieren, der Vati und ich, kommt ihr mit?«
»Nei, i möcht lieber hierbleibe und lese«, sagte Andreas.
»Und du, Mathias?«
»I tät natürlich au viel lieber hierbleibe und schpiele, aber...«, er erhob sich seufzend, »gehet mir halt.«
»Bleib doch da, Mathias, wenn du nicht
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