Ich und du Muellers Kuh
zusammen.
Das Zimmer neben der Küche wurde also zum Schlafzimmer. Es duftete beim Zubettgehen noch sanft und anheimelnd nach dem Essen des Tages, und öffneten wir die Fenster, so rauschte unten der Strom der Autos, hinunter in die Stadt und hinauf zur Autobahn. Manchmal, in der Frühe des Sonntagmorgens, wachten wir auf, fuhren entsetzt hoch und konnten schlecht wieder einschlafen, weil es draußen so still war.
Dieses Schlafgemach wurde durch eine Tür mit einem Raum verbunden, den wir zum Kinderzimmer erkoren, eine Lösung, die unsere Söhne nicht recht befriedigen konnte. Der Lichtstreifen unter der Tür verriet, wie lange sie nachts noch lasen oder spielten, auch leise geführte Gespräche und mit Vorsicht in Szene gesetzte Streitigkeiten wurden im elterlichen Schlafzimmer deutlich vernommen und durch Machtworte vereitelt.
Damit die Beiden mehr Platz zum Spielen hätten, kauften wir Etagenbetten. Das obere Bett war ungleich beliebter als das untere, also wechselten wir ab. Eine Woche durfte Mathias oben schlafen, die andere Andreas. In einer Mathiaswoche riß uns morgens ein Knall mit anschließendem wildem Geschrei aus dem Schlaf. Wir stürzten ins Kinderzimmer. Mathias lag brüllend auf dem Boden, Blut lief ihm über das Gesicht. Andreas hockte daneben und versuchte, ihn zu beruhigen und zum Schweigen zu bringen.
»Er hat mir zeige wolle, wie er mit em Kopf voraus d’ Leiter nunterklettere kann, und auf einmal hat’s ihn Überschläge, und jetzt isch sei Kopf blutig.«
»Ja!« schrie Mathias, »ja, so war’s, und i kann nix dafür!«
Manfred fuhr um fünf Uhr morgens mit ihm ins Krankenhaus, wo die Platzwunde an der Stirn genäht wurde.
Zu Hause bezog Mathias Stellung vor dem Spiegel, er betrachtete den Kopfverband mit Wohlgefallen, fand sich tapfer und schön und konnte sich nur schwer von seinem Anblick trennen.
»Och, Mulchen, wenn mi jetzt die Bigi sehe tat, no tät’s ihr leid, daß i nimmer da bin!« Er seufzte und gedachte der Weidener Spielgefährtin, die bei seinem Abschied nur wenige Tränen vergossen hatte.
Später bereicherte der Goldhamster Nicki die nächtlichen Geräusche um eine neuartige Variante. Nicht, daß Manfred und ich uns besonders zu Goldhamstern hingezogen fühlten oder gar freiwillig ein solches Tier erworben hätten, wir wurden von unseren Söhnen dazu gezwungen. Andreas und Mathias hatten nämlich in seltener Einmut erklärt, daß sie ein Tier haben wollten zum Liebhaben. Am einfachsten wäre ein Krokodil, denn es könnte in der Badewanne wohnen. Ein Pferd hätten sie ebenso gerne, dann müßte man allerdings auf der Terrasse einen Stall bauen. Einen Hund würden sie auch hinnehmen, doch wenn all diese Tierchen den Eltern nicht genehm wären, wie sie schon ahnten, dann würden sie sich mit einem Goldhamster begnügen, denn der Rolfi hätte auch einen, und der wäre richtig niedlich.
Nun hatte ich gerade gelesen, wie wichtig es für ein Kind sei, lebende Tiere zu hegen und zu pflegen. Ein solches Haustier würde das kindliche Verantwortungsbewußtsein stärken und sein Zärtlichkeitsbedürfnis stillen. »Deshalb wollen wir nicht an uns denken«, so sprachen Manfred und ich zueinander, »und an unsere Bequemlichkeit, sondern an das Wohl unserer Kinder!«
Also kauften wir einen Goldhamster mitsamt dem teuren Käfig, dem Häuschen und dem Rädchen. Dieses Rädchen, so erklärte die Verkäuferin in der Tierhandlung, sei für den Hamster lebensnotwendig, weil er nämlich als Wüstentier gewohnt sei, bei der Nahrungssuche weite Strecken zurückzulegen. Im engen Käfig, das müßten wir wohl bestätigen, könne er dieses nicht tun, weshalb man genötigt sei, ein Rädchen am Gitter anzubringen. Der Hamster würde sich täuschen lassen, das Rädchen besteigen und darin immer auf der Stelle laufen, stundenlang, riesige Strecken, dies wäre für sein Wohlbefinden äußerst wichtig, für uns zudem possierlich anzuschauen.
Wir brachten also das Tierchen mit all dem teuren Drumherum nach Hause, setzten uns vor den Käfig und warteten, daß es possierlich zu laufen beginne. Aber der Goldhamster tat nichts dergleichen, kroch in sein Häuschen und ließ sich den ganzen Tag nicht mehr blicken. »Mensch, mit dem sin mir aber agschmiert!« schimpfte Mathias, »hättet mir bloß a Krokodil kauft! Der isch ja furchtbar langweilig!«
»Vielleicht hat er Heimweh nach dr Wüschte oder nach dere nette Frau im Laden«, meinte Andreas nachdenklich, »in Bad Reichenhall, wo i so Heimweh ghabt
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