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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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Wasser gerade richtig sein.« Mittlerweile aber hatte Mesner Lasewatsch wieder soviel Fassung erlangt, daß sein verwirrter Geist zu denken anhub und seine Füße sich in Richtung Sakristei bewegten. Dort füllte er kaltes Wasser in die Kanne, brachte sie herbei und goß Wasser in das Taufbecken. Er tat dies klug und bedacht nach Art einer besorgten Mutter, die das Bad für ihr Kind richtet. Zwar fuhr er nicht mit dem Ellenbogen in das Becken, denn er trug seinen schwarzen Sonntagsanzug, aber er rührte mit der Hand im Wasser, vermengte sorgsam kaltes und warmes und erst, nachdem er mit der Mischung zufrieden, zog er tropfend von dannen.
    Schon nach dem zweiten Vers des Taufliedes konnte die feierliche Handlung vollzogen werden. Der Täufling Thilo Knastenberg verstummte, als das lauwarme Naß seine Stirn berührte, und leckte selig schmatzend das auf, was bis zu seinem Mäulchen hinunterrann.
    So ging der Gottesdienst seinem wohlverdienten Ende entgegen. Noch einmal sang der Kirchenchor, dann brauste die Orgel auf, und die Gemeinde strömte dem Ausgang zu. Meine Nachbarin stellte mich ihren sämtlichen Bekannten vor, und wir standen zusammen, bis die Herren aus der Sakristei traten, den Talarkoffer in der Hand. Vor soviel geballter Geistlichkeit entflohen die Damen. Der Herr Dekan lud uns leutselig in sein Auto ein. Er lobte die Besonnenheit des jungen Amtsbruders, während er kräftig auf das Gaspedal trat, einigen Kirchenbesuchern, die schwatzend auf der Straße standen, einen heilsamen Schrecken einjagte und dann in Richtung auf unsere Wohnung davonbrauste.
    »Er hat Hunger«, sagte die Frau Dekan und lachte herzlich. Mir war nicht so sehr zum Lachen zumute, denn trotz aller Pannen waren wir früher dran als erwartet. Else hatte das Essen bestimmt noch nicht fertig, denn von meinem Vater war sie lange Predigten gewohnt. Was sollten wir nur in der Zwischenzeit mit Dekans anfangen?
    Meine Sorge erwies sich als unbegründet, denn bis Frau Dekan die Treppen hinauf und dann wieder zu Atem gekommen war, verging eine lange Zeit. Dann zeigte sie Interesse für unsere Wohnung, und nach alter schwäbischer Sitte gingen wir von Zimmer zu Zimmer. Ich zog sogar die Schubladen auf und öffnete die Schränke, um meine Reichtümer zu zeigen.
    Frau Dekan war beeindruckt. Sie sagte, es täte ihr wohl, Pfarrer zu sehen, die Wohnkultur hätten und Ordnung hielten. Ich wehrte bescheiden ab, sagte, daß es eigentlich noch gar nicht so richtig schön sei und daß wir noch einen Teppich bräuchten, aber sie wisse ja, daß man nicht alles auf einmal anschaffen könne, und horchte dabei entsetzt auf den Lärm in der Küche.
    Else klapperte mit den Kochtöpfen, krachte Schüsseln auf den Tisch und fuhrwerkte wild in der Küche herum. Ich wußte, was das zu bedeuten hatte: Das Essen ist fertig, hieß es, alles wird kalt, wenn jetzt nicht bald gegessen wird!
    Um Unterhaltung bei Tisch brauchten wir nicht besorgt zu sein, Frau Dekan nahm sie ganz allein auf sich.
    »Wissen Sie, was ein Berber ist?« fragte sie.
    Wir wußten es.
    »Ein Teppich«, sagte Manfred.
    »Ein Pferd«, meinte ich.
    Frau Dekan nickte wohlwollend.
    »Sie kommen vom Land, das erklärt manches, aber Sie müssen noch viel lernen hier in der Großstadt! Ein Berber ist ein Zuhälter. Unser Haus steht in der Altstadt, da gewinnt man Einblicke!«
    »Klären Sie uns auf, Frau Dekan!« bat Manfred, und auch sein Freund zeigte lebhaftes Interesse. Sie zierte sich nicht lange und schöpfte gerne aus dem reichen Schatz ihrer Erfahrungen.
    »Eines Abends mußte ich eine >Dame< vor unserem Haus bemerken, Sie wissen, was für eine ich meine?« Wir nickten. »Sie stand dort, direkt unter unserem Wohnzimmerfenster und lauerte auf Beute. Es bot sich an, sie heilsam zu ernüchtern und möglicherweise zur Umkehr zu bewegen. Also goß ich ihr ein Gläschen Wasser auf’s wohlfrisierte Haupt. Sie aber erhob ein Geschrei und bezichtigte mich der Geschäftsschädigung. Die >Grüne Minna< holte uns ab, und so fuhren wir denn gemeinsam zur Polizeistation. Kennen Sie die >Grüne Minna< von innen?«
    Nein, wir mußten auch hier unsere Unerfahrenheit bekunden. Die Frau Dekan hatte keine andere Antwort erwartet und gab uns deshalb unverzüglich eine genauere Beschreibung der >Grünen Minna< von innen, worauf mich schauderte und ich beschloß, dieses Gefährt — wenn möglich — niemals zu benutzen.
    »Mir hat es weiter nichts ausgemacht«, fuhr die Frau Dekan fort, »denn ich habe für eine gute

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