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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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werde, fahr ich selber raus!«
    Es gelang ihm schon nach dem zweiten Anlauf, aber er hatte ja schließlich keine Elternschule hinter sich.
    Einmal in der Woche fand sie statt, ein ganzes Semester lang. Nach jedem Abend waren Charlotte Oxenwadel und ich völlig zerknirscht, beladen mit Schuldkomplexen, zerrissen von Reue, voller Mitgefühl unseren armen Kindern gegenüber, denen wir, unwissend zwar, unendlich viel Böses angetan, ihre zarten Seelen verletzt und die Saat zu unzähligen Komplexen in ihnen ausgestreut. »Kommst du noch mit hoch?« fragte ich vor unserem Haus, »schaffst du die Treppen?«
    Die gemeinsame Schuld hatte uns so verbunden, daß wir schon bald zu dem vertrauten »Du« übergegangen waren.
    »Ja, ich kann jetzt doch nicht einschlafen. Manfred wird mir gut tun.«
    Er tat uns gut, indem er uns erst einmal einen Kognak kredenzte.
    »Na, was habt ihr diesmal alles falsch gemacht?« fragte er munter.
    »Lach nicht über diese Dinge, Manfred! Ich weiß nicht, wie ich es je wieder gut machen soll!« Charlotte und ich seufzten zweistimmig. »Ach, wie oft hab ich den Andreas angeschrien! Gestern hab ich dem Mathias sogar eine runtergehauen, weil er mich bis aufs Blut gereizt hat...«
    »Na und?«
    »Und ich hab meiner Suse eins auf die Finger gegeben, als sie ihre Suppe auf den Tisch gekippt hat!« klagte Charlotte.
    Manfred lachte.
    »Weißt du denn nicht, wie ungeheuer schädlich das für die Kinder ist, Manfred? Man muß ihnen Freiheit lassen und Liebe geben! Man darf sich auf keinen Fall hinreißen lassen und seinen Ärger zeigen!«
    »Wie viele Kinder nennt denn eure Lehrerin ihr eigen?«
    »Was weiß ich, wie viele Kinder sie hat und ob sie überhaupt verheiratet ist.«
    »Na, dann würde ich ihr mal zwei von der Sorte unserer Söhne wünschen«, sagte Manfred grimmig, »wo willst du hin, Malchen?«
    Ich war schon an der Zimmertür. »Zu Andreas und Mathias!«
    Er seufzte, »jetzt fängt das wieder an!«
    Tatsächlich hatte ich nach jeder Elternschulung das dringende Bedürfnis, meine Söhne in die Arme zu schließen und ihre Verzeihung zu erbitten für all das Schreckliche, was ich ihnen angetan.
    »Mathiasle, Andreasle, bitte verzeiht mir!«
    »Was denn?« murmelte Mathias schlaftrunken.
    »Daß ich so ungerecht zu euch war und böse. Es tut mir schrecklich leid, ich will’s nie wieder tun. Ihr wißt doch, daß ich euch liebe!«
    »Ja, Mulchen, ja, mir wisset des. Jetzt reg di doch net auf! Schlaf schö, gut Nacht!«
    Ich herzte und küßte sie, und sie seufzten sehr unter dieser Marotte ihrer Mutter.
    »Charlotte läßt dich grüßen«, sagte Manfred, als ich wieder ins Wohnzimmer kam, »sie war nicht mehr zu halten. Es drängt sie, ihre armen Kinder aus dem Schlaf zu reißen, sie in die Arme zu schließen und um Verzeihung zu bitten. O Himmel, hoffentlich überstehen wir die Elternschule ohne ernsthafte Schäden!«
    An einem dieser Schulungsabende wurde das Problem der Streitigkeiten unter Geschwistern abgehandelt. »Es ist außerordentlich wichtig für die Entwicklung der Kinder, daß sie miteinander streiten dürfen«, so sprach unsere Dozentin. »Die Eltern müssen sich positiv dazu einstellen und glücklich sein über jede Auseinandersetzung, die Geschwister offen miteinander austragen!«
    »Wenn sie nur nicht soviel Krach dabei machen würden«, klagte eine Mutter, »ich könnte grade durchgehen, wenn sie sich streiten, daß die Wände wackeln.«
    »Warum tun Sie’s nicht?« fragte die Meisterin mit feinem Lächeln, »wenn sie den Lärm nicht ertragen können, dann gehen Sie doch einfach an die frische Luft und laufen einmal um das Häuserkarree herum!«
    »Dann wäre ich ja den ganzen Tag unterwegs«, sagte ich, worauf die Dozentin mich kurz musterte und erklärte: »Das würde Ihnen gar nicht schaden, Frau Müller, dann würden Sie viel besser aussehen!«
    Nachdem die Elternschule abgeschlossen war und allmählich die Erinnerung an das Gelernte verblaßte, fiel mir die Kindererziehung wieder leichter.
    Dagegen stiegen Erinnerungen an meine eigene Kindheit auf. Ach, wie gerne hätte ich als Kind manchmal ein lautes, böses, ja sogar häßliches Wort herausgeschrien oder mich mit den Geschwistern herumgebalgt, aber das war ganz und gar unmöglich, das tat man nicht! Wir Geschwister trugen unsere Streitigkeiten in stillem, aber gefährlich verbissenem Kampf aus.
    Ich kann mich nicht daran erinnern, daß meine Eltern jemals miteinander gestritten hätten, jedenfalls nicht laut und niemals

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