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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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er will! Wissen Sie, er ist einfach aus dem Alter raus.«
    »Nein, nicht doch«, Sigmund kam ins Stottern, »ich meinte nicht Ihren lieben Mann, ich dachte eigentlich mehr an Kinder...«
    »Mit Kindern kann ich nicht dienen. Aber da ist Raskolnikow. O, Pfarrer Säusele, wenn Sie ahnten, was ich mit ihm durchzumachen habe! Ein wahres Martyrium! Wissen Sie, er ist krankhaft eifersüchtig, richtig neurotisch, manchmal bin ich mit den Nerven völlig fertig. Den ganzen Tag läuft er hinter mir her! Ja, Sie können es ruhig glauben, und wenn ich ohne ihn weggehe, dann ist er nachher unausstehlich!«
    »Das ist ja außerordentlich schwierig«, murmelte Sigmund. »Ich weiß nun natürlich nicht, welche Stellung dieser Raskolnikow in Ihrer Familie einnimmt, ich meine, in welcher Beziehung Sie zu ihm stehen... In gewisser Weise maßt er sich ja Rechte an...«
    »Genau das sage ich auch immer. Karl-Otto, sage ich, wir können uns doch nicht von ihm kujonieren lassen. Jetzt ist er schon so alt...«
    »Ja, ist er schon älter oder...«
    »Im besten Alter würde ich meinen. Bei uns lebt er seit etwa fünf Jahren.«
    Sigmund rang nach Worten, räusperte sich.
    »Da sollte man schon etwas unternehmen, ich meine, einiges muß falsch gelaufen sein...«
    »Hah, das können Sie mir glauben, daß da was falsch gelaufen ist!«
    »Und Ihr Mann, wie steht der zu ihm?«
    »Der mag ihn eigentlich, aber manchmal wird’s ihm natürlich auch zuviel. Gestern hat er ihn in den Finger gebissen!«
    »Was? Das ist ja entsetzlich! Ihr Mann hat Raskolnikow...?«
    »Nein, um Himmelswillen! Karl-Otto beißt doch keinen Dackel! Pfarrer Säusele, vielleicht gibt es ein Buch über Hundeerziehung. Ich wäre Ihnen außerordentlich dankbar... Was haben Sie denn, Pfarrer Säusele?«
    »Sigmund, was ist denn?« Agathe betrachtete ihren Mann, als hätte sie ihn noch nie gesehen, »ist dir nicht gut?«
    Er stand da, beide Hände auf dem Bauch, quietschte und prustete aus seinem Bartgestrüpp heraus und schüttelte sich vor Lachen.
    »Evelyn, was hat er denn?«
    »Weiß ich doch nicht! Ich hab ihm von Raskolnikow erzählt, und auf einmal brüllt er los. Du solltest jetzt endlich zu Tisch bitten, Amei!«
    Da stand sie, faszinierte meine Gäste, erzählte ihnen Witze, und ich mußte die niederen Dienste tun und das heiße Öl aus der Küche holen. Manfred öffnete die Tür zum Eßzimmer, und ein derart durchdringender Geruch schlug uns entgegen, daß mir vor Schreck fast der Öltopf entglitten wäre. Die Gäste hoben ihre Nasen aus den Gläschen und schnupperten besorgt.
    »Habt ihr da drinnen eine Leiche?« fragte Eva.
    Die »weiße lady« schien zu wirken, denn im allgemeinen machte Eva keine witzigen Bemerkungen.
    Evelyn kicherte. »Nein, keine Leiche, das ist meine Knoblauchsoße, duftet sie nicht allerliebst?«
    Sie wandte sich an Maria Fink, »wissen Sie, Knoblauch ist sehr gesund. In den Karpaten gibt es Menschen, die werden ioo Jahre alt und warum? Weil sie Knoblauch essen!«
    »Nein!« Maria Fink schüttelte entschieden den Kopf, »nein, meine Liebe, weil sie Kefir trinken! Kennen Sie Kefir?«
    »Nein, was ist denn das Fürchterliches?«
    »Überhaupt nichts Fürchterliches, sondern der Stoffwechsel eines Pilzes...«
    Jetzt war Maria bei ihrem Lieblingsthema angelangt, aber ich stoppte ihren Redefluß und dirigierte sie zwischen Sigmund und Hugo an den Eßtisch. Diese beiden wußten bereits alles über Kefir, hatten auch selbst schon ein Pilzchen in ihrer Küche geheckt und schließlich elend umkommen lassen. Evelyn saß zwischen Hugo und Julius und über Hugo hinweg Kefirneuigkeiten weiterzugeben, das war ein Ding der Unmöglichkeit. Karl-Otto thronte zwischen Eva und Agathe, und nach ihren strahlenden Gesichtern zu urteilen, hatte er ihnen bereits mehrfach gesagt, daß sie zauberhaft seien. Sie glauben es ihm auch noch, dachte ich ärgerlich, man sollte sie aufklären, diese Unschuldslämmer!
    Ich saß zwischen Julius und Manfred. Julius war nach der anderen Seite hin orientiert, nämlich zu Evelyn, und Manfred schenkte Wein ein und drehte das Feuer unter dem Rechaud kleiner; an mir und meinem Witz war niemandem gelegen. Sie hatten Hunger und steckten deshalb ihre Gabeln alle gleichzeitig in den Öltopf, der lief über, es gab eine Stichflamme, gellendes Geschrei und einen häßlichen Fleck auf der Tischdecke.
    Evelyn reichte ihre Teufelssoße herum. Wir nahmen uns arglos, tunkten das Fleisch hinein, steckten es in den Mund, rissen ihn wieder auf,

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