Ich und du Muellers Kuh
tolle Stimmung. Es ist kein Essen, es ist eine Gaudi!«
»Für eine Gaudi ist es doch recht teuer!« sagte Manfred, nachdem er das Fleisch eingekauft hatte. Ich stand in der Küche und rührte Soßen, und zwar nach Evelyns Rezepten.
»Du brauchst mindestens fünf Soßen«, hatte sie mit Bestimmtheit erklärt, »eine Remouladen-, eine Vinaigrette-, eine Curry-, eine Teufels-, eine Knoblauch- und eine Senfsoße! Die Teufelssoße übernehme ich, und sie wird so geraten, daß den Pfarrern das Feuer aus den Augen springt. Auch die Knoblauchsoße kannst du mir übergeben, denn wie ich dich kenne, bist du zu zimperlich für eine richtige. Wenn du dich bei den anderen genau an meine Rezepte hältst, kannst du eigentlich nichts verderben.«
Ich tat alles, was sie wollte, und wußte bald nicht mehr richtig, wer nun eigentlich diese Einladung gab, denn Evelyn nahm es furchtbar ernst damit und sagte, sie habe schon schlaflose Nächte und dieser Abend solle für die Pfarrer unvergeßlich werden.
Am Morgen vor der Einladung sagte ich zu Manfred:
«Ich werde Karl-Otto übernehmen. Paß du bitte auf Evelyn auf, daß sie uns unsere Lieben nicht verschreckt!«
»Das will ich gerne tun«, erklärte er bereitwillig.
Schon nach kurzer Zeit aber schien mir diese Einteilung nicht mehr so günstig, darum verkündete ich Manfred, daß er doch besser Karl-Otto im Auge behalten solle, weil es unauffälliger wäre, ich würde dann Evelyn übernehmen. Er stimmte wieder zu, wenn auch nicht mehr ganz so freudig.
Unsere Lieben im Nikodemuspfarrhaus ahnten nicht, was da alles zu ihrem Vergnügen vorbereitet wurde und was wir im Schilde führten. Sie wanderten abends friedlich die Stäffele zu uns hinauf. Erst Finks, zehn Minuten später Pratzels und nach einem kleinen halben Stündchen Säuseles.
Evelyn und Karl-Otto dagegen trafen schon eine Stunde vorher bei uns ein. Evelyn wollte die Soßen probieren und die Tischordnung ins Auge fassen. Karl-Otto fühlte sich verantwortlich für die »weiße lady«. Er goß all ihre Einzelbestandteile in einen Mixer, schüttelte ihn gewandt und probierte viele Male.
»Eine >lady<, egal ob blau oder weiß, muß genau die richtige Mischung haben«, so belehrte er Manfred, der neben ihm Zitronenscheiben auf die Gläserränder klemmte. »Sie darf nicht zu stark sein und nicht zu schwach, nicht zu süß und nicht zu sauer! Ihr Feuer soll erst brennen, wenn man sie bereits in sich hat!«
»Dir wird das Feuer bald aus den Augen schlagen, wenn du dauernd probierst!« bemerkte Evelyn.
»Es sind nur winzige Schlückchen, und jemand muß sie ja abschmecken. Ich opfere mich auf.«
»Bitte, mein Lieber, trink soviel du willst! Aber wenn du beim Heimweg wieder mitten auf der Kreuzung anhältst und aussteigst, um zu prüfen, ob deine Scheinwerfer in Ordnung sind, dann Karl-Otto, steige ich auch aus und gehe zu Fuß nach Hause!«
»Das ist allerdings eine fürchterliche Drohung«, bemerkte Karl-Otto und schüttelte die »weiße lady« in die vorbereiteten Gläschen.
Es klingelte. Evelyn riß sich die Schürze vom Leib.
»Sehe ich ordentlich aus?«
»Ordentlich ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck«, meinte Manfred, »aber du fällst ins Auge, Evelyn.«
»Ist es nicht zu schlicht?«
Das »schlichte« Kleid war ein schwarzes Schleiergewand, verziert mit roten und goldenen Blumen, vorne bis zum Hals geschlossen, doch hinten sehr viel weiter ausgeschnitten als nötig.
Maria und Julius standen vor der Wohnungstür, sie keuchten. »Wenn wir nicht so gesund leben würden, hätten wir diese Treppe nie bezwungen. Das ist ja eine fürchterliche Anstrengung.
»Kommt herein! Ihr könnt euch gleich hinsetzen und ausschnaufen!« Wir schoben sie durch den engen Gang der Diele zu. »Gleich gibt es etwas zu trinken.«
Julius’ Augen strahlten, als er Evelyn erblickte. Er sah gerne hübsche Frauen, und er machte kein Hehl daraus. »Was für eine freudige Überraschung«, sang er mit samtenem Baß, »ja, wen haben wir denn hier?«
Evelyn bedachte ihn mit einem schmelzenden Blick und einer »weißen lady«. Er nahm das Gläschen entgegen und trank es aus in einem Zug.
»Was für ein überaus köstliches Getränk! Maria, es wird dir schmecken. Ich spüre, es ist gesund und vitaminreich!«
Karl-Otto servierte ihr ein Gläschen. Wir behielten ihn zu dritt im Auge, aber er ließ nichts von »Maria, du bist zauberhaft« hören, sondern wandte sich an Manfred mit den Worten:
»Du hättest mich darauf vorbereiten sollen,
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