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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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Gummiband riß, und der Herr, dessen roter Kopf dräuend neben mir aus dem Wasser stieg, tauchte wieder unter, um seiner Hose habhaft zu werden. Laut schimpfend, mit einer Hand die Hose, mit der anderen die Leiter haltend, kroch er aus dem Becken und verschwand in den Nebenräumen.
    Auch wir traten eilends den Rückzug an, um seiner Wiederkehr und dem allgemeinen Zorn zu entrinnen. Manfred schüttelte den Kopf, daß die Tropfen sprühten und sprach auf dem Rückweg kein einziges Wörtlein mit dem Rest der Familie. Nur Mathias bekam einen freundlichen Blick und ein aufmunterndes Kopfnicken, worauf er emporblühte und sagte, daß es schön gewesen sei und daß wir es hoffentlich bald wieder machen würden.
    So suchten wir die Schwimmbäder der Stadt und ihrer Umgebung heim, hinterließen Zorn und Chaos und taten dies so lange, bis wir die Angst aus unserem Herzen und die Schwimmflügel von unseren Armen werfen und schwimmen konnten. Ein Restchen Angst und Unbehagen allerdings blieb immer noch in mir.
    »Damit mußt du leben lernen«, sagte Manfred.
    Ein schwacher Trost, schließlich mußte ich mit so vielem leben lernen, nicht nur mit der Angst vorm Wasser. Auch die Fortbewegung im Trocknen ging so unendlich langsam voran.
    Nach einem Vierteljahr fiel die erste Krücke, nach einem weiteren die zweite, Manfreds alter Spazierstock genügte fortan als Stütze. Ich mühte mich ab, übte auf dem weichen Wohnzimmerteppich und gelangte mit der Zeit zu einer großen Geschicklichkeit, nicht im Gehen, leider, aber im Fallen.
    »Ihr wißt überhaupt nicht, wie gut ihr es habt, Manfred! Ihr lauft herum, ohne irgendetwas zu denken. Ich muß so viel denken, daß ich im Kopf gar nicht nachkomme. Hacke aufsetzen, Fuß abrollen, das Gewicht verlagern, den anderen Fuß nachholen. Nicht einknicken, nicht Umfallen! Ich wollt, ich wär ‘ne Kuh! Die hat vier Beine, wenn eines streikt, bleiben immer noch drei.«
    »Gut, daß du keine bist! Die Sonne scheint. Ich leihe dir meine beiden Füße und meinen Arm und dann bist du besser dran als jede Kuh. Komm, wir gehen spazieren!« Die Treppe war mir schon immer zuwider gewesen, jetzt aber wurde sie zum Problem. Hinunter konnte ich auf einem Bein hüpfen, aber hinauf war es eine mörderische Strapaze. Hatte ich den fünften Stock erreicht, dann kam ich mir vor wie nach der Besteigung eines Dreitausenders, klammerte mich an die Wohnungstür, als sei es das Gipfelkreuz und hatte nur den einen Wunsch, mich irgendwo zu lagern, den Rucksack auszupacken und Stärkendes zu mir zu nehmen.
    »Alle Leute gucken hinter mir her, weil ich humple!«
    »Kein Mensch guckt hinter dir her!«
    »Siehst du, jetzt hast du es selber ausgesprochen! Kein Mensch guckt hinter mir her! Und warum? Weil ich humple!«
    Manfred lachte. Batsch, da lag ich auf der Nase, stand aber gleich wieder aufrecht und schaute mich unauffällig um, ob irgendwelche Menschen dies Mißgeschick mitangesehen hatten.
    »Hast du bemerkt, wie sicher ich an deinem Arm gehe, wie schön fest du mich hältst?«
    »Hat’s weh getan, Malchen? Du bist mir einfach weggerutscht.«
    Er hockte vor mir, betrachtete die Laufmasche im Strumpf und das Blut auf dem Knie; ich wußte, daß es ihm ebenso weh tat wie mir.
    »Du wirst es nicht glauben, Manfred, aber ich war eine der besten Läuferinnen in meiner Klasse, und du hättest mich mal Bockspringen sehen sollen !«
    »Niemand will, daß du Bock springst. Du hast ungeheure Fortschritte gemacht! Wenn das so weiter geht, dann läufst du mir bald weg!«
    Ich zog schnüffelnd die Nase hoch und versuchte, die Tränen aus den Augen zu zwinkern. Seit dieser Krankheit war ich derart wehleidig geworden, daß mir vor mir selber graute.

    Ich ging zu Evelyn. Trost wollte ich mir bei ihr holen und dafür ein weißes, mit rosa Blüten besticktes Strampelhöschen überreichen, denn Evelyn hatte ein Töchterlein bekommen, welches Marika hieß und nun bereits einen Monat zählte.
    Auf mein Kingeln antwortete Raskolnikow mit wütendem Gekläff. Evelyn öffnete. Sie war etwas fülliger geworden und steckte in ihrem grünen Kleidchen wie eine Raupe kurz vor der Häutung; um die Mundwinkel zuckte ein angestrengtes Lächeln. Raskolnikow sprang an mir hoch und schnappte nach dem Päckchen im rosa Seidenpapier.
    »Ich möchte die kleine Marika begucken und ihr was Schönes schenken!«
    Ich hob das Päckchen hoch über meinen Kopf, damit Raskolnikow es nicht zerreiße und strebte dem Zimmer zu, aus dem ich das Kind schreien

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