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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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gsagt, des dürfet mir ihr nimmer ando, weil es ihr Tod wär, denn jeder Tropfe Essig zerstört zehn Tropfe Blut.«
    »Nei, zwanzig!« verbesserte Mathias, »und jetzt wisset mir net, wieviel Tropfe Blut bei uns no drin sin und ob mir vielleicht scho ganz zerstört sin!«
    Sie seufzten, »Komm doch heim, Mulchen!«

    Frau Doktor saß an meinem Bett trotz ihrer übervollen Praxis.
    »Warum haben Sie den Mut verloren?« klagte sie, »warum haben Sie nicht gewartet, bis ich zurückkam? Wir hätten es geschafft!« Aber dann strömte sie wieder Zuversicht aus. »Alles wird gut! Nichts ist passiert! Sie müssen nur hier raus. Es hat keinen Zweck herumzuliegen. Wir müssen etwas tun! Heilgymnastik! Massagen! Schwimmen.«
    »Jetzt ist Schluß hier!« sagte Manfred am nächsten Tag. Nach neun Wochen Krankenhausaufenthalt trug er mich die Treppen hinunter und verlud mich ins Auto. Pfarrer Gottesacker brachte meinen Koffer hinterher und ein Kuchenpaket mit Biskuitrolle und Gugelhupf für den Empfang zu Hause. Ich hatte inzwischen viel von ihm gelernt, was Backen anbetrifft und christliche Geduld. Er gab mir das Paket und ich ihm einen Kuß. »Danke«, sagten wir beide.
    Die Buben empfingen mich mit Blumen und frohen Gesichtern. Tante Albertinchen war abgereist. Manfred hatte sie davon überzeugen können, daß sie eine große Hilfe in schwerer Zeit gewesen sei, nunmehr aber an ihre eigene Gesundheit denken müsse. So war sie in ein Kurbad gefahren.
    Die Omi wirkte im Haus. Sie kochte, briet, backte und verwöhnte uns mit schwäbischen Spezialitäten.
    Sie lernte mit Andreas, spielte mit Mathias, eilte zum Telefon und ertrug mich mit Geduld, wenn ich hinter ihr herhumpelte und alles besser wissen wollte.
    Ich brauchte zwei Krücken dazu.

Gutes Mulchen, weine nicht

    Ich lernte gehen, aber es war ein langer und mühevoller Weg. Wenn ich aus dem Fenster schaute, bekam ich Schwierigkeiten mit mir selbst. Da unten gingen Menschen, so als wäre es die einfachste Sache von der Welt. Die einen liefen schneller, die anderen langsamer. Aber sie bewegten sich zielstrebig irgendwohin und kamen vermutlich auch an. Ich hatte Mühe, bis zur Korridortür zu kommen. Was hätte ich darum gegeben, wenn ich auch nur die achtzehn Stufen bis zum nächsten Stock hätte bewältigen können. Aber ich konnte es nicht. Manfred trug mich hinab.
    »Sie müssen schwimmen«, bestimmte Frau Doktor, »mindestens zweimal in der Woche .«
    »Ich kann aber nicht schwimmen!«
    »Dann wird es höchste Zeit, daß Sie es lernen, und bitte nur im warmen Wasser, Frau Pfarrer!«
    »Schwimmen ist kein Hexenwerk«, sagte Manfred, »jedes Kind kann es!«
    »Unsere Beiden nicht.«
    »Gut, dann geht alles in einem Aufwasch. Ich bringe es euch bei!«
    Nun war es kein Wunder, daß ich nicht schwimmen konnte, ich hatte schreckliche Angst vor tiefem Wasser. Kein See vermochte mich zum Bade zu verlocken, selbst wenn es noch so heiß war. Schaudernd kroch ich in mich zusammen, wenn ich auch nur an einem Schwimmbad vorbeifuhr. Mir genügte mein erstes und einziges Badeerlebnis.
    Es geschah an einem Waldsee in Polen, einem flachen, verwunschenen Gewässer, mit Seerosen bewachsen.
    »Los, wir baden!« rief Michael, mein großer Bruder. Onkel Fritz war uns als Begleitung zugesellt.
    »Geht ruhig hinein«, sagte er und lagerte sich am Ufer, »ich hole euch raus, wenn’s nötig ist, ich kann schwimmen.«
    Also planschten wir hinein, spritzten und schrien vor Vergnügen. Ich stand schon bis zum Bauch im Wasser, fühlte meine Zehen im weichen Modder einsinken und spürte voll Entsetzen, daß es da unten lebendig war. Irgendetwas bewegte sich und biß mir ins Bein. Schreiend fiel ich um, bekam Wasser in Mund und Nase, hustete. Der gute Onkel krempelte sich die Hosen hoch und zog mich ans Ufer. Drei Blutegel hingen an meinem Bein, widerliche, schwarze Würmer. Zwei von ihnen riß der Onkel heraus, der dritte wollte nicht.
    »Man muß ihn lassen, wenn er voll ist, fällt er von ganz allein ab. Hör auf zu brüllen, Amei. Blutegel sind nicht gefährlich.«
    Mich aber erfüllte der Anblick dieses schwarzen Wurmes an meinem Bein mit solchem Ekel und Entsetzen, daß mir schwarz vor Augen wurde. Seitdem habe ich die Freude an verwunschenen Gewässern und am Baden verloren.

    Nun, wir tauchten in kein verwunschenes Gewässer, Manfred schleppte uns in ein geheiztes Schwimmbad.
    Wir waren auf s beste versorgt mit drei Paar Schwimmflügeln und vielen guten Ratschlägen aus unseres Lehrherren

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