Ich und er und null Verkehr
hebe meinen Kopf und sehe Susi an. »Susi, eine Sache musst du
mir sagen.«
»Ja, was denn?«
»Hast du es jemandem weitererzählt?«
Sie guckt überrascht. »Weitererzählt? Diese Geschichte mit Lorenz?«
Ich nicke.
Susi macht ein nachdenkliches Gesicht. »Hm, ja ⦠schon â war ja auch
eine gute Geschichte.« Sie räuspert sich verlegen. »Also, soviel ich weiÃ, habe
ich es bei Jasmin einmal erwähnt und bei Dörte und einmal im Frisiersalon â¦Â«
Auf einmal weiten sich ihre Augen. »O Mann, ich war
es, ich habe es verraten â¦Â«
Ich schüttele schnell den Kopf. »Nein, Susi, das ist nicht wahr. Ich
habe es ja auch noch Kerstin erzählt und einigen anderen. Aber weiÃt du, was
das bedeutet?«
Sie schüttelt betroffen den Kopf.
»Es bedeutet, dass Martin recht hat. Wir tratschen. Wenn man uns
etwas anvertraut, dann weià es schon am nächsten Tag die ganze Welt.« Bei
dieser Erkenntnis verkrampft sich mein Magen. Ich beginne wieder zu heulen und
vergrabe mein Gesicht in Susis Schulter.
Eine Weile ist es ganz still, und Susi streichelt meinen Rücken.
Dann schiebt sie mich plötzlich sanft von sich und sieht mich entschlossen an.
»WeiÃt du was, Sandra? Das Ganze ist vielleicht gar nicht so
schlimm, wie wir jetzt denken.«
»Wieso denn?« Ich blinzele sie aus tränenverhangenen Augen an.
»Weil es doch unmöglich sein kann, dass Martins Fall nur an dieser
einen Sache hängt. Ich meine, so ein Scheidungsverfahren ist doch eine ziemlich
komplexe Angelegenheit, da wird es sicher auch noch andere Möglichkeiten
geben.«
»Glaubst du wirklich?«, schniefe ich hoffnungsvoll.
Susi nickt voller Zuversicht. »Ja, das denke ich. Und überleg doch
mal: Martin ist ein gewitzter Anwalt, dem fallen bestimmt noch eine Menge
Tricks ein, wie er dem ollen Lorenz ein paar Millionen abknöpfen kann.«
So, wie sie das sagt, klingt es eigentlich ganz überzeugend. Martin
hat mir schon oft von hoffnungslosen Prozessen erzählt, die er dann doch noch
gewonnen hat. Er ist ziemlich gut in seinem Beruf, und vielleicht fällt ihm ja
noch irgendein juristischer Supertrick ein. Ich fasse wieder ein bisschen Mut
und wische mir die Tränen aus den Augen.
Susi lächelt mich an. Dann greift sie sich ein Kleenex vom
Beistelltisch und wischt mir die verschmierte Schminke von den Wangen. »Sei
froh, dass es hier keinen Spiegel gibt. Das wäre
wirklich ein Grund zum Weinen!«
Jetzt muss auch ich ein bisschen lächeln.
»Na, siehst du«, sagt sie. »Geht ja wieder.«
Aber dann muss ich wieder an Martin denken. Wie wütend er ist und
wie enttäuscht.
»Aber was ist mit Martin?«, frage ich verzagt. »Er ist jetzt
bestimmt ganz verzweifelt und ⦠allein.«
Susi hält einen Moment inne. »Männer sind nie verzweifelt«,klärt sie mich auf. »Die sind höchstens wütend. Und kannst
du dir vorstellen, dass er jetzt nach Hause fährt, sich aufs Bett wirft und
losheult?«
Bei dieser Vorstellung fangen meine Mundwinkel unwillkürlich zu
zucken an. »Nein, ich kann mir eher vorstellen, dass er ins Cheerio geht und
sich dort mit seinen Kumpels volllaufen lässt.«
»Und dabei mächtig über uns Frauen lästert«, ergänzt Susi.
»Wozu er jetzt ja auch guten Grund hat.«
»Hm, ja, vielleicht ein bisschen«, räumt Susi ein. »Und weiÃt du
was? Ihm gehtâs wahrscheinlich so wie dir vorhin, als du so fertig warst wegen
deiner Verwechslung mit dieser Sandy Wild. Im ersten Moment bricht für einen
gleich die Welt zusammen, aber wenn man es sich dann in Ruhe überlegt, ist
alles nur halb so schlimm«, sagt sie aufmunternd.
»Ja, wahrscheinlich hast du recht. Ach, Susi, gut, dass ich dich
habe«, seufze ich erleichtert. Ich umarme sie gleich noch einmal. Dann gelingt
es mir wieder, einen Schluck aus meinem Glas zu nehmen, und ich genieÃe die
wohlige Wärme des Alkohols in meinem Bauch.
»Aber eines macht mir noch ein bisschen Sorge«, meine ich dann.
»Was denn?«
»Na ja, keine Ahnung, bis wann Martin sich wieder abgeregt hat, und
falls er noch wütend ist, wenn er nach Hause kommt â¦Â« Bei der Vorstellung wird mir ganz flau.
»Heute Nacht bleibst du natürlich hier«, stellt Susi gleich fest.
»Dann kann Martin erst mal in Ruhe Dampf ablassen. Klamotten hast du ja mit,
und
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