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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Blick, und
seine Augen zucken hektisch zwischen mir, dem Boden und der Akte hin und her,
die er vorhin mit in mein Büro gebracht hat.
    Â»Fichtel hat dir eine Pflichtverteidigung aufgebrummt?«, rate ich.
    Gottfried nickt ängstlich.
    Ich beuge mich vor und greife mir die Akte. »Und du willst, dass ich
das für dich übernehme?«
    Gottfried sieht mich für eine Sekunde an wie ein bettelnder Hund,
dann senkt er sofort wieder den Blick und starrt zu Boden.
    Eigentlich müsste ich auf der Stelle in Fichtels Büro marschieren
und ihm mit dieser Akte links und rechts eine runterhauen. Gottfried ist ein
brillanter Jurist, das bestätigen nicht nur seine Zeugnisse, sondern auch seine
Arbeit hier in der Kanzlei, aber er ist zugleich auch der schüchternste Mensch,
den ich kenne. Fichtel weiß das natürlich auch, aber er beauftragt ihn immer wieder
mit Prozessfällen, damit Gottfried endlich aus seiner »Höhle hervorkommt«, wie
er es nennt. Natürlich ist das vollkommener Unsinn, Gottfried kann ganz einfach keinen Prozess führen, und deswegen
tauschen Gottfried und ich uns immer gegenseitig aus: Ich übernehme seine
Prozessfälle, und er übernimmt dafür manchmal meinen Papierkram und hilft mir
auch ganz allgemein bei theoretischen Fragen – ehrlich gesagt kann ich seinen
Rat oft gut gebrauchen, denn der Paragrafendschungel ist wahrlich
undurchdringlich.
    Â»Geht klar, Gottfried, ist so gut wie erledigt«, sage ich.
    Â»Super!« Er sieht mich unendlich dankbar an. Wäre er nicht so
schüchtern, würde er aufspringen und mich umarmen, das kann ich ihm ansehen.
    Â»Die Haftprüfung war schon?«
    Â»Ja … äh … da hatte er einen anderen Anwalt, den er aber dann
abgelehnt hat.«
    Â»Soso. Hat sich wohl ein Wunder erwartet, der gute Mann, wie? Und
einen Prozesstermin gibt’s auch schon?«
    Gottfried nickt. »Ja, nächste Woche.« Er deutet auf die Akte. »Steht
alles da drin«, fügt er dienstbeflissen hinzu.
    Da bin ich mir ganz sicher. In Gottfrieds Akten steht immer alles drin.
    Â»Okay, geht klar.« Ich blicke auf meine Uhr. Schon fast elf. Um
zwölf habe ich einen Termin in der Autowerkstatt. Wird Zeit, dass ich mich auf
den Weg mache. »War’s das dann?«
    Gottfried springt augenblicklich hoch. »Oh ja, sicher … und danke
nochmals für … du weißt schon …« Er deutet auf die Akte in meiner Hand, dann
flieht er regelrecht aus meinem Büro.
    Armer Kerl, denke ich, während ich ihm kopfschüttelnd nachsehe.
    Werkstattleiter Schmidt fuchtelt verlegen mit den Armen.
»Es tut mir wirklich leid, Herr Dr. Becker. Ich war mir sicher, dass das
Ausgleichsgetriebe vom Vorgängermodell bei Ihnen reinpasst, und jetzt so was …«
    Wir stehen unter der Hebebühne und betrachten ratlos die zerlegte
Hinterachse meines Wagens.
    Â»Es soll ja auch nicht bei mir reinpassen, sondern bei meinem
Wagen«, sage ich sarkastisch.
    Er kapiert meinen Witz nicht. »Ja, das meinte ich doch«, sagt er.
    Â»Eindeutig Ihr Fehler, Schmidt«, stelle ich gleich mal klar.
    Â»Sicher, das gebe ich ja zu«, meint er zerknirscht.
    Â»Wie lange wird’s denn dauern, bis das richtige Teil angeliefert
wird?«, will ich wissen.
    Schmidt sieht auf seine Uhr und schüttelt bedauernd den Kopf. »Heute
wird das nichts mehr … frühestens Montag«, meint er.
    Â»Montag?« Langsam werde ich sauer. Vor drei Tagen bin ich mit meinem
Wagen hergekommen, weil ich seltsame Geräusche an der Hinterachse gehört habe.
Schmidt hat dann einen Schaden am Ausgleichsgetriebe festgestellt und gleich
das nötige Ersatzteil bestellt – allerdings das falsche.
    Â»Na gut, dann bauen Sie alles wieder zusammen, und ich komme am
Montag wieder«, brumme ich mürrisch. »Und kommen Sie bloß nicht auf die Idee,
mir die Mehrarbeit zu berechnen.«
    Schmidt schüttelt den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Aber das ist ja
gar nicht das Problem. Das Problem ist, dass Sie so nicht weiterfahren können.
Beim Zerlegen haben wir gesehen, dass der Schaden ziemlich fortgeschritten ist.
Die Planetenräder sind total im Ar … äh … im Eimer. So kann ich Sie unmöglich wegfahren lassen, das wäre viel zu
gefährlich.«
    Â»Dann geben Sie mir ein Ersatzauto fürs Wochenende«, verlange ich
und füge hinzu: »Das ich natürlich

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