Ich und er und null Verkehr
einmal blickt er hoch. »Ist
irgendwas?«, fragt er und runzelt die Stirn.
»Ãh, nein, gar nichts«, lächle ich ihn an. »Möchtest du noch
Kaffee?«
Er sieht mich verwundert an. »Nein, danke, ich habe noch. Aber ein
Aspirin wäre gut. War ein harter Tag gestern.«
»Kommt sofort.«
Dann warte ich voller Ungeduld, bis er mit dem Frühstück fertig ist.
Als er den letzten Bissen mit einem Schluck Kaffee hinuntergespült hat, stehe
ich auf, gehe zu ihm hinüber und vernasche ihn. Ohne Vorwarnung, ansatzlos,
gleich auf dem KüchenfuÃboden.
Als wir danach wieder hochkommen, strahlt er übers ganze Gesicht.
»Was war das denn? Das ist ja eine Ewigkeit her, dass
wir ⦠dass du ⦠ich meine, hier â¦Â«
Dann sieht er mir forschend in die Augen. »Moment mal, Sandra: Was geht hier
eigentlich vor?«
Ich lache fröhlich. »Wieso? Ich dachte einfach nur, schöner Tag,
schönes Frühstück, schöner ⦠mir war eben danach. Es hat dich doch nicht
gestört?«, frage ich dann mit gespielter Bestürzung.
»Oh, nein, also ehrlich ⦠ganz im Gegenteil«, versichert er hastig.
»Ich habe mich nur gewundert, das ist alles. Und es war toll. Du warst toll!« Seine Augen funkeln vor Begeisterung.
Na, bitte, es funktioniert schon wieder. Nach dem Sex werden Männer
gefühlsduselig, und wenn man mit einem Mann ein vernünftiges Gespräch führen
will, sollte man vorher mit ihm ⦠genau.
»Möchtest du jetzt vielleicht noch einen Kaffee?«, frage ich
fürsorglich. »Oder Sekt?«
Martin blinzelt überrascht. »Sekt? Jetzt? Nein, danke, nicht für
mich. Aber falls noch Orangensaft da ist â¦Â«
Als wir uns dann wieder gegenübersitzen, wird er auf einmal wieder
ernster. »Also gut, Sandra, dann schieà mal los. Du hast doch irgendwas auf dem
Herzen, stimmtâs?«
Ich erwidere für ein paar Sekunden seinen Blick. »Ãh ⦠also, es gäbe
da schon etwas, das ich gerne mit dir besprechen würde â¦Â«
»Dachte ichâs mir doch.« Plötzlich weiten sich seine Augen. »Du bist
aber nicht schwanger?«
»Schwanger? Nein«, antworte ich erstaunt. »Wieso sollte ich ⦠nein, gar nicht.« Er atmet sichtlich
erleichtert auf. »Ich habe gestern mit Kerstin geredet, über Beziehungen und
das alles â¦Â«, fahre ich fort, und
Martin zieht sofort eine Grimasse. »Jetzt hör doch erst mal zu, bevor du etwas
dazu sagst. Also, und da hat sie mir dieses Buch gegeben â¦Â« Ich hole es aus einer Schublade hervor, in der ich es
deponiert habe, und schiebe es langsam zu ihm hinüber. »Und ich möchte, dass du
es liest.«
Martin starrt mich konsterniert an, dann nimmt er das Buch in die
Hand und betrachtet es mit säuerlicher Miene. »Ach, deswegen hast du das alles
veranstaltet?«
Ich fühle, wie mir das Blut in den Kopf steigt. »Nein, also, es ist
nicht so, wie du jetzt vielleicht denkst â¦Â«
Ich räuspere mich und lache verlegen. »Ich bin nicht so gut gelaunt, damit du dieses Buch liest, sondern weil ich es gestern
selbst gelesen habe. Wenn du verstehst, was ich meine.« Ich hüstle verlegen.
Martin sieht mich entgeistert an. »Nein, kein Wort«, sagt er
trocken.
Meine Wangen beginnen zu brennen. »WeiÃt du, wir hatten doch in
letzter Zeit ein paar Probleme, beziehungsmäÃig, und darüber habe ich mir
natürlich Gedanken gemacht, und zwischen Kerstin und Ludger läuft es so
hervorragend â¦Â« Ich unterbreche kurz, weil Martin mich verärgert anblitzt,
zwinge mich dann aber, weiterzureden. »â¦Â und
als ich dann dieses Buch gelesen habe â¦Â«
Auf einmal sprudelt es nur so aus mir heraus. Ich rede und rede und
kann gar nicht mehr aufhören, wie ein Staudamm, der soeben geborsten ist.
Martin hört mir mit einer Mischung aus Ãrger und Verwunderung zu, und als ich
zum Ende komme, habe ich einen ganz trockenen Hals und krächze nur noch. »â¦Â und deswegen wäre es schön, wenn du es
auch lesen würdest, um die evolutionsbiologischen Grundlagen zu verstehen und â¦Â« Ich suche nach einem weiteren komplizierten Wort. »â¦Â unsere prähistorische Geschlechterdisposition.«
Eine lange Pause entsteht, während der Martin mich nur ansieht. Mir
wird ganz flau im Magen. Martin hält nicht
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