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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Unterbewusstsein dazu schweigt. Gestern habe
ich die Anfangsbuchstaben dieser Begriffe auf lauter kleine Zettelchen
geschrieben und sie nacheinander aufgelegt. Das Ergebnis war gar kein richtiges
Wort, sondern nur eine wirre Buchstabenfolge. Ich habe dann noch ein bisschen
herumprobiert, aber es kam nichts dabei heraus, was mir irgendeinen Aufschluss
über unsere Beziehung gegeben hätte. Als Martin schließlich nach Hause kam,
habe ich die Zettelchen schnell zusammengesammelt und in meine Handtasche
gesteckt. Ich wollte nicht, dass er erfährt, mit welchen Charaktereigenschaften
ich ihn versehe.
    Aber jetzt hätte ich Zeit. Gedankenverloren ziehe ich die Zettel aus
meiner Handtasche und lege sie in willkürlicher Reihenfolge neben mir auf der
Bank auf. Neugierig lese ich das Wort, das daraus entstanden ist: TRETTERBRUHL . Interessant. Vielleicht ist das Norwegisch
für Traummann ?
    Ich verschiebe die Buchstaben, und auf einmal steht da HERBERT . Ich kenne keinen Herbert. Also weiter. UTE , lese ich. Da kannte ich mal eine in der Grundschule,
aber das muss wohl eher Zufall sein. Ich verrücke die Zettelchen wieder. BETTLER. Hm, hoffentlich kein böses Omen für unsere
Zukunft. TREUE. Schon besser. TEUER. Sehr gut. Martin ist mir lieb und teuer, und hoffentlich gilt das auch
umgekehrt. RETTER. Das macht mich neugierig. Soll das
bedeuten, dass Martin mein Retter ist? Bis jetzt hat sich dazu noch nie eine
Gelegenheit geboten. Meistens hatte er genug damit zu tun, sich selbst zu
retten, wenn er mal wieder als Heimwerker aktiv war. Aber wer weiß, was die
Zukunft bringt?
    Ich nuckle an meiner Flasche und schiebe das Wasser im Mund hin und
her. Als ich die Buchstaben erneut verrücke, lese ich auf einmal HEUTE. Also, damit kann ich jetzt gar nichts anfangen.
    Plötzlich läutet das Handy in meiner Tasche. Als ich rangehe, meldet
sich eine mir unbekannte weibliche Stimme: »Guten Tag. Martina Wenzel am
Apparat. Spreche ich mit Frau Sandra Wilding?«
    Â»Ja, das bin ich.«
    Martina Wenzel?Nie gehört, den Namen. Sie
klingt verdächtig freundlich. Wahrscheinlich eine Meinungsumfrage, oder sie
will mir irgendwas andrehen, Rosshaarmatratzen oder Gesundheitsstrümpfe gegen
Krampfadern. Ich beschließe, auf der Hut zu sein.
    Dann sagt sie: »Ich bin Lektorin beim Beckstein-Verlag, und ich habe
gerade Ihr Buch gelesen …«
    Mein Herz macht einen wilden Hüpfer. Es ist so weit! Endlich! Am
liebsten würde ich kerzengerade in die Luft springen und laut juchzen.
    Stattdessen sage ich: »Jaaa …?«
    Â»Ich weiß, es ist ein bisschen überfallsartig«, entschuldigt sie
sich, »und ich hoffe, Sie haben gerade Zeit …«
    Â»Ã„h, ja, kein Problem«, sage ich eine Spur zu hastig.
    Â»Hervorragend«, sagt sie und klingt erleichtert. »Also, wie ich
schon sagte, ich habe Ihr Buch gelesen, und es hat mir sehr gut gefallen …«
    Es hat ihr gefallen. Es hat ihr sehr gut gefallen!
Das ist der mit Abstand glücklichste Moment in meinem Leben. Ich kenne diese
Frau erst seit ein paar Sekunden, und ich liiiebe sie!
    Stopp! Ich muss mich zusammenreißen. Ich muss souverän klingen. Ich
muss klingen wie eine Buchautorin.
    Â»Jaaa …?«, quetsche ich
erneut hervor.
    Â»â€¦Â aber es gibt da ein
Problem …«, redet sie weiter.
    Ein Problem? Oh, das klingt gar nicht gut.
    Â»Es ist nichts Schlimmes«, sagt sie, »Nur ein kleines
Terminproblem.«
    Â»Terminproblem?«, wiederhole ich atemlos.
    Â»Ja. Ich habe Ihr Manuskript völlig überraschend in die Hände
bekommen, und wir machen gerade die Planung für unser Herbstprogramm …« Sie legt eine Pause ein, die mir wie
eine Ewigkeit vorkommt, bevor sie weiterredet: »Die Sache ist die: Ich würde
Ihr Buch gerne noch im Herbst unterbringen, aber dazu müssten wir das heute
noch entscheiden. Innerhalb der nächsten zwei Stunden, um genau zu sein, weil
ich dann eine Woche im Ausland bin. Daher meine Frage: Könnten Sie es
einrichten, innerhalb der nächsten Stunde hier bei uns vorbeizukommen, damit
wir die letzten offenen Fragen klären können?«
    Sie will mein Buch rausbringen!!!
    Ob ich innerhalb der nächsten Stunde vorbeikommen könnte?
    Ich würde zum Mond fliegen und ihr die amerikanische Flagge
mitbringen, wenn es nötig wäre.
    Â»Natürlich, kein Problem«, höre ich mich sagen.
    Â»Fein«, sagt sie

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