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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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und immerhin scheint er hier der Boss zu sein –
was nicht gerade darauf schließen lässt, dass er harmlos ist.
    Â»Ach, lassen Sie mal. Da finden wir schon eine Lösung.« Er schwingt
sich neben mir auf den Barhocker. »Clarissa, mach mir bitte einen Espresso. Wollen
Sie auch einen?«, fragt er mich.
    Â»Danke, später vielleicht«, lehne ich höflich ab. »Sie meinen also,
wir können die Angelegenheit ohne Ihre beiden Freunde da hinten regeln?«,
versuche ich einen Witz, um die Atmosphäre aufzulockern.
    Bender runzelt die Stirn. »Ohne meine Freunde?« Dann kapiert er.
»Ah, guter Witz, ha ha. Keine Sorge, die sind nur zur Abschreckung da. Für die
Besoffenen, Sie verstehen? Im Übrigen sehen Sie nicht so aus, als müssten Sie
sich vor denen fürchten.« Er betrachtet meine rechte Augenbraue mit
Kennerblick. »Mal geboxt?«
    Â»Ja, das ist aber schon eine Ewigkeit her«, sage ich und mache eine
wegwerfende Handbewegung.
    Insgeheim aber genieße ich es. Diese Narbe ist etwas Feines, die
verschafft einem Respekt. Ich habe tatsächlich mal geboxt, aber nicht lange.
Ich war damals siebzehn, und diese Rocky -Filme
brachten mich auf die tolle Idee, einen Boxclub aufzusuchen. Nach einem Monat
Aufbautraining hatte ich meinen ersten Amateurkampf, eine ziemlich bittere
Erfahrung. Mein Gegner war ein dünner Zwerg, und ich hatte ehrlich Mitleid mit
ihm – bis er mir dann ein paar Dinger verpasste, dass ich nur noch Sterne sah.
Seitdem weiß ich nicht nur, dass in den Rocky -Filmen
maßlos übertrieben wird, sondern auch, dass ich in Sachen Boxen eine absolute Niete
bin. Und diese Narbe, die kommt gar nicht vom Boxen, die kommt vom Rodeln.
Schon erstaunlich, was für eine magische Anziehungskraft ein einzelner Baum an
einem ansonsten kahlen Hang auf einen alkoholisierten Menschen ausüben kann …
    Aber Tatsache ist: Ich habe mal geboxt, und ich habe eine Narbe über
meinem rechten Auge. Und die näheren Umstände muss ich ja nicht jedem auf die
Nase binden, nicht wahr?
    Â»Dachte ich mir«, sagt Erich Bender mit anerkennendem Nicken. »Aber
nun zu meinem Wagen.« Er beugt sich zu mir vor und senkt ein wenig die Stimme.
»Also, ich hätte da eine Idee …«
    Habe ich ein Schwein. Habe ich ein Schwein!
    Die Sache wird mich keinen Euro kosten. Nicht mal einen Cent! Bender
hat mir ein Gegengeschäft vorgeschlagen, wie es für mich gar nicht günstiger
sein könnte. Er hat nämlich ein Problem, ein juristisches Problem, genauer
gesagt. Er hat das Grundstück, auf dem die Venusbar errichtet wurde,
vergangenes Jahr dem vormaligen Eigentümer abgekauft, und der dachte, Bender
wolle darauf ein Wohnhaus errichten. (Vermutlich hat Bender auch nicht
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es ein First-Class-Etablissement werden
sollte.) Als der Verkäufer sah, was da entstand, legte er sich plötzlich quer
und forderte einen Nachschlag von fünfhunderttausend Euro – andernfalls würde
er die Grundbucheintragung zur endgültigen Eigentumsübertragung verweigern. Und
das ist meine Rettung. Als Bender von Schmidt erfuhr, dass ich Rechtsanwalt
bin, kam er auf die geniale Idee eines Gegengeschäftes: Ich soll mich um seine
juristischen Probleme kümmern, und er vergisst dafür die Sache mit dem Wagen.
Eine klassische Win-Win-Situation.
    Und für mich ist das Ganze ein Klacks. Gottfried kennt sich bei
Grundstücksstreitigkeiten hervorragend aus, das bringen wir ganz locker über
die Bühne. Eine Klage auf Vertragserfüllung und Eintragung der neuen
Besitzverhältnisse ins Grundbuch, das war’s.
    Als ich beim Cheerio reinschneie, bin ich in
Feierstimmung. Henning ist da und auch Frankie und Claudia. Gerade als ich mich
setze und dadurch wieder schmerzhaft an die mindere Qualität meiner Sauna
erinnert werde, kommt auch Michael hereingewalzt.
    Â»Ratet mal, was besser ist als eine Stewardess?«, tönt er und hockt
sich schwungvoll neben uns.
    Â»Keine Ahnung. Aber ich schätze, du wirst es uns gleich verraten«,
erwidert Henning.
    Â» Zwei Stewardessen!«, sagt Michael
gewichtig, dann legt er los. Unfassbar, was der Mann für eine Phantasie hat,
wenn es um Sexgeschichten geht. Der sollte Erotikbücher schreiben.
    Als er mit seinem Märchen fertig ist, bestelle ich eine Runde Bier.
    Â»Nanu, so spendierfreudig?«, wundert sich Claudia. »Gibt es einen
Grund

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