Ich und er und null Verkehr
nett, aber der war wohl nicht für mich bestimmt?«
Ich sehe, wie Kerstin aufatmet. Sie hatte wohl schon Angst, dass sie
leer ausgehen würde, und sie sieht sehr durstig aus. So durstig, dass sie auch
zwei Gläser vertragen kann. Ich drücke ihr beide in die Hände.
»Wissen Sie was, wir gehen in das Café um die Ecke«, sage ich zu
Frau Wenzel. »Kerstin, du kommst doch eine halbe Stunde ohne mich aus?«
Kerstin nickt ein bisschen enttäuscht. Sie hätte gerne gehört, was
Frau Wenzel und ich zu besprechen haben, aber genau das will ich vermeiden.
Nachdem der Kellner im Piccolo uns die Cappuccinos serviert hat,
kommt Frau Wenzel zur Sache.
»So, das war also Ihr Behavioral Science Institute«, sagt sie und
sieht mich dabei prüfend an.
»Ãh, ja ⦠also indirekt«, winde ich mich und merke, wie ich rot
anlaufe. »Die Abteilung, die Sie gesehen haben, war eigentlich die für â¦Â«
»â¦Â die für den Kindergarten?«, hilft sie mir weiter und bleibt ganz
ernst dabei.
»Ãh, ja, genau«, murmle ich und rühre hektisch in meinem Milchschaum
herum. »Und der Rest ist dann der â¦Â« Mir fällt nichts mehr ein.
»â¦Â auch der Kindergarten?«
»Mmm.« Ich starre konzentriert auf meine Tasse. Ich schaffe es
nicht, ihr in die Augen zu sehen. Für die nächsten Sekunden herrscht peinliches
Schweigen, dann linse ich vorsichtig wieder hoch.
Zu meiner Ãberraschung ist Frau Wenzel jetzt auch rot im Gesicht,
und ihre Mundwinkel wandern nach oben.
»Was ist los?«, frage ich.
»Ach, gar nichts ⦠Es ist
nur â¦Â« Auf einmal prustet sie los, und
ich kann nicht anders, als in ihr Lachen einzustimmen. Ich bin unendlich
erleichtert, dass sie mir nicht böse ist.
»Ich habe mir nur vorgestellt, wie Sie das machen mit Ihren ⦠wissenschaftlichen Studien«, sagt sie, nachdem wir uns wieder gefangen haben.
»Führen Sie da Aufzeichnungen über die unterschiedlichen Kampftechniken der
Jungs? Der eine beherrscht ja einen erstklassigen Würgegriff.«
»Natürlich machen wir das«, erkläre ich grinsend. »Und wir führen
auch Statistiken darüber, wer am weitesten spucken kann. Das ist von enormer
pädagogischer Bedeutung, müssen Sie wissen.«
»Wenn Sie das sagen«, erwidert sie und tut so, als wäre sie tief
beeindruckt. »Als Laie hat man ja keine Ahnung davon.«
Dann lachen wir wieder, und der Bann ist endgültig gebrochen. Diese
Frau ist echt sympathisch, und sie hat auch Humor.
»O Gott, war das peinlich«, sage ich.
»Was?«
»Na, als sie plötzlich aufgetaucht sind und mein ⦠kleiner Trick
aufgeflogen ist.«
»Das muss Ihnen aber gar nicht peinlich sein.« Sie legt ihre Hand
beruhigend auf meine. »Bei Autoren ist das nicht unüblich, dass sie ihre
Lebensläufe frisieren. Und für den Verkauf eines Buches ist es sogar besser,
wenn die Vita des Autors interessant klingt.«
»Dann bin ich ja erleichtert.«
»Fein«, sagt sie und lächelt. Dann öffnet sie ihre Mappe. »So,
nachdem das geklärt wäre, zeige ich Ihnen mal die Entwürfe.«
Die Skizzen sehen wirklich gut aus, viel besser als meine eigenen,
das muss ich zugeben. Der schlaue Tim sieht richtig pfiffig aus, und der doofe
Max so richtig ⦠doof. Besser hätte es der Zeichner gar nicht treffen können.
»Super«, sage ich beeindruckt.
»Das sind natürlich erst Entwürfe«, erklärt sie. »Wenn es fertig
ist, wird es wesentlich bunter und abgerundeter.«
Noch bunter? Noch abgerundeter? Wow.
»Aber eigentlich gibt es noch einen anderen Grund, weswegen ich hier
bin«, sagt Frau Wenzel und schiebt die Skizzen wieder zurück in die Mappe.
»So? Welchen denn?« Ich schlürfe an meinem Kaffee.
»Nun, bei Ihren Geschichten ist mir aufgefallen, dass Sie einen
witzigen Schreibstil haben â¦Â«
»Oh, wenn da etwas nicht passt, dann können wir das natürlich
ändern«, sage ich hastig.
»Nein, nein.« Sie schüttelt den Kopf. »Mit witzigmeine ich, dass Ihr Stil amüsant ist. Sie erzeugen damit gute Laune,
verstehen Sie?«
»Finden Sie wirklich?« Ich werde rot, aber zur Abwechslung mal vor
Stolz.
»Ja.« Sie nickt überzeugt. »Und deshalb wollte ich Sie fragen, ob
Sie vielleicht mal Lust hätten, etwas anderes zu
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