Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono
Quellen zufolge soll das Mädchen von ihrem Entführer vergewaltigt worden sein. Der Gesundheitszustand des Mädchens ist kritisch.
»Endlich ein Vater, der Anzeige erstattet hat«, kommentierte sie laut, dann an Funi gewandt: »Ich bräuchte Sie für ein paar Überstunden. Geben Sie mir eine ehrliche Antwort, ob Sie dazu bereit wären.«
»Um was geht es genau, Frau Kommissarin?« Er hätte gern geantwortet Ja, da muss ich nicht lange überlegen , ließ ihr jedoch das Vergnügen, ihre Bitte wenigstens zu formulieren.
»Ich habe beschlossen, selbst ein paar Nachforschungen im Ayas-Tal durchzuführen. Außerhalb meines Dienstplanes, am Wochenende. Wann eben Zeit ist. Wollen Sie mir dabei helfen?«
»Ja.« Aus seiner eindeutigen Antwort klang Zufriedenheit mit heraus.
»Wie wäre es mit morgen?«, fragte sie, und wartete auf ein weiteres Signal seines Einverständnisses.
»Ja.«
»Wir werden auch in das Dorf gehen, aus dem Don Paolo stammt. In Ligurien sind die Menschen normalerweise nicht so verschlossen wie auf Sizilien: Vielleicht finden wir ja dort etwas heraus. Wir nehmen mein Auto und fahren zeitig los. Ich hole Sie ab.«
»Lassen Sie lieber mich fahren, Frau Kommissarin«, sagte er, beunruhigt bei dem Gedanken an eine Frau am Steuer. Und erst recht dieser Frau.
»Das nächste Mal, Funi.«
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»Ja. Aber wenn du sie mit aufs Zimmer nimmst, ist die Arbeit nicht wirklich anstrengend. Ein bisschen lecken, ein bisschen blasen. Das ist alles. Gestern habe ich einundzwanzig geschafft und heute fünfzehn«, wies die Blonde eine weitere Neue ein. »Du stellst dich vor die Tür und drückst sie mit dem Hintern zu. Dann kann die Chefin sie nicht öffnen, und du kannst rechtzeitig so tun, als ob nichts wäre. Und dann behältst du das Geld für dich.«
Die Chefin hieß Jessi, die Russinnen Lena und Olina. Zusammen waren sie fünfzig. Jessi fünfunddreißig – und eine echte Hyäne. Sie hatte den lap dance aufgegeben und ihren Platz anderen überlassen, die sie nun wie Prostituierte ausbeutete.
Lena: »Gestern haben die Zwillinge sogar dreißig geschafft.«
Olina: »Alle gevögelt?«
Lena: »Von wegen, nur schnell einen geblasen.«
Olina: »Und zahlen gut?«
Lena: »Fünfzig. Nicht schlecht, oder?«
Olina: »Ja, wirklich.«
Lena: »Und ich sag dir noch was. Schau mal die Kleine, da drüben. Die mit den Busen ohne Nippel. Die hat es geschafft, tausend in einer Woche zu machen, ohne einen Euro abzugeben. Alles für sie. Gut, was?«
Olina: »Aber du, wie lange schon hier?«
Lena: »Drei Jahre. Aber nächsten Sommer gehe ich nach Hause zurück. Zu meinem Kind.«
Olina: »Hast du Kind?«
Lena: »Ja, sonst wäre ich ja nicht hier.«
Eine Videokamera zeichnete alles auf. Neuerdings wurden sie überwacht.
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»Wenn ich schon an der Sache dran bin, schau ich gleich mal etwas genauer hin«, meinte Pietro Corsari entschieden. »Das wird eine ganze Weile brauchen, aber wir haben ja keine Eile, oder?«
»Russinnen, hast du gesagt?« Maria Dolores Interesse war nur vorgetäuscht.
»Ja. Und ein paar auch aus Litauen«, las er in seinen Notizen nach.
Er war müde, war die ganze Nacht durch Lokale in Rotlichtvierteln gezogen. Tuca-mi, Pazza Blondie, Jeka Peep. Dem Äußeren nach Nachtclubs, in denen lap dance und table dance angeboten wurden, doch in Wahrheit nichts anderes als illegale Bordelle.
»Die meisten Mädchen absolut durchschnittlich. Hätte ich nicht gedacht«, kommentierte er.
Wie auch die meisten Männer , dachte Maria Dolores, hielt es jedoch für absolut zwecklos, den Gedanken laut auszusprechen. Sie fragte: »Gibt es eine Verbindung zu den Torvai-Nutten?«
»Ja, das Einsatzgebiet. Dort, wo schon die Albanerinnen verkehrten und wohnten. Südlich von Bergamo, Rivolta d’Adda, Treviglio, weißt du, wo ich meine?«
»Klar. Interessant wäre es herauszufinden, ob es eine Art Konzession für die Straßenabschnitte zu kaufen gibt, so was Ähnliches wie eine Taxilizenz«, sagte sie ernst.
»Ich nehme mal an. In unserem konkreten Fall allerdings glaube ich, dass sie noch besser organisiert sind. Und mich interessiert, wie gut.«
»Brauchst du nicht eine Genehmigung dafür?«
»Mir wird alles genehmigt, das weißt du doch. Ich bin der Liebling des Chefs«, lachte er und fügte dann hinzu: »Wenn du also was brauchst, gib Bescheid.« Er hatte es ernst gemeint, ohne die geringste Spur von Ironie. Und sie schätzte diese unverlangte Hilfe, auch wenn sie von einem Mann kam, der von sich selbst mehr als
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