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Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Priscille Sibley
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hatte sie mir erzählt, dass sie mit den Tagebüchern angefangen hatte, als ich ein Auslandssemester absolvierte. Und zwar in Form von Briefen an mich, die sie nie abschickte. Sie fuhr fort, dass sie immer noch ihre Einträge mit »Lieber Matt« begann. Gezeigt hat sie mir die Aufzeichnungen nie. Und ich wagte es nie, einen Blick hineinzuwerfen. Als ich sie einmal fragte, was sie da immer schriebe, sagte sie nur: »Manche Leute meditieren, um mit ihrem Alltag klarzukommen. Ich verarbeite meine Erlebnisse auf diese Weise. Es ist, als würde ich mit meinem besten Freund über alles reden. Du weißt, dass du mein bester Freund bist, aber sieh es einmal so: Ich erspare dir meine wehleidige Seite.«
    Ich hätte gar nicht wissen wollen, ob sie über mich herzog. Mein Gott, wie ich sie vermisste. Und ich würde wirklich alles darum geben, ihre Stimme zu hören – selbst wenn sie mich nur abkanzelte oder ausschimpfte.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Jake besorgt.
    Ich blickte ihn an. »Klar. Ich verspreche dir, mein Bestes zu tun, weiß aber nicht, ob ich etwas Hilfreiches finde. Um dir übrigens die ganze Wahrheit zu sagen: Elle sympathisierte mit Pro-Choice.«
    Jake ließ den Kopf nach hinten sinken und schlug die Hände vors Gesicht. »Genau das wollte ich auf keinen Fall hören!«
    »Ich sagte: Sie sympathisierte. Sie hat niemandem ihre Auffassung aufgezwungen, war aber dafür, dass Frauen sich frei und legal für einen Abbruch entscheiden können. Die Vorstellung von ungewollten, toten Babys in Müllcontainern oder verzweifelten jungen Frauen, die nach einer Behandlung bei einem Engelmacher mit schmutzigen Händen und einem aufgebogenen Kleiderbügel verbluten, war ihr entsetzlich. Sie selbst aber hätte niemals abgetrieben, ganz gleich, was es sie gekostet hätte.« Eigentlich hatte ich nicht vor, Jake ins Vertrauen zu ziehen. Aber falls die Geschichte in der Verhandlung zur Sprache kommen würde – und das konnte durchaus passieren, weil meine Mutter sie kannte –, wollte ich nicht, dass Jake unvorbereitet damit konfrontiert würde. »Als Elle fünfzehn und ich siebzehn war, habe ich sie geschwängert.«
    Jake riss die Augen auf und setzte sich auf. »Was geschah mit dem Baby?«
    Ich atmete tief durch und erzählte Jake von der kleinen Tochter, die Elle und ich vor langer Zeit verloren hatten.

11

Zwanzig Jahre vor dem Unfall
    E nde Mai 1988 kehrte ich von einem Studienaufenthalt in Wales zurück. Ich war der Meinung, endlich erwachsen geworden zu sein. Als ob der erste Geschlechtsverkehr einen Jungen zum Mann machen würde! Erst viel später wurde mir klar, dass der Verlust der Jungfräulichkeit nicht zwangsläufig erwachsenes Verhalten nach sich zieht. Ich war immer noch der gleiche Kaugummi kauende Siebzehnjährige, der jüngste von vier Brüdern, der zehn Monate zuvor tapfer sein Elternhaus verlassen hatte. Ich wollte nicht mehr das Nesthäkchen der Familie sein, sondern endlich als Mann akzeptiert werden.
    Zu Hause hatte sich nur wenig verändert. Mein Bruder Mike war in eine eigene Wohnung gezogen, und meine Mutter hatte sein Zimmer mit einer scheußlichen Blumentapete verschandelt, aber abgesehen davon war alles noch wie zuvor.
    Im Nachbarhaus aber lag die beste Freundin meiner Mutter im Sterben. Alice McClure musste sich in allen Dingen des Alltags auf Elle verlassen – angefangen von der Sorge um den siebenjährigen Bruder bis hin zur Kontrolle des Bierkonsums ihres Vaters Hank.
    Vor meinem Auslandsaufenthalt war mir Elle mit ihren riesigen, moosgrünen Augen wie ein lästiges Hündchen auf Schritt und Tritt gefolgt. Ich wäre Klassenbester gewesen, hätte nicht Elle zwei Jahrgangsstufen übersprungen, um ebenfalls in meiner Klasse zu landen. Sie war hochbegabt, ich hingegen nur ein herausragender Schüler. Aber ich tolerierte sie als Herausforderung für mich. Das Mädchen von nebenan. Meine Nachbarin. Eine mehr oder weniger durch Nähe erzwungene Freundin.
    Merkwürdigerweise vermisste ich sie während meiner Abwesenheit mehr als irgendwen sonst, vor allem, als ihre täglichen Briefchen plötzlich ohne Erklärung ausblieben. Nur Stunden nach meiner Rückkehr machte ich mich auf die Suche nach ihr. Und das nicht etwa, weil mir klar gewesen wäre, dass ich sie inniger liebte, als ich je einen anderen Menschen lieben würde. So weit war ich noch nicht. Noch hatte mein kindlicher Narzissmus die Oberhand.
    Nein, ich polterte an die Hintertür ihres Hauses, weil sie nicht mit dem Rest meiner

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