Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
aus Elle gerne den Nachthimmel beobachtete.
»Du brauchst doch kein Teleskop, um Sternschnuppen zu beobachten«, wandte ich ein und rieb mein Bein. Seit der Gips endlich ab war, kratzte ich ununterbrochen an mir herum.
»Sag das bloß nicht meinen Eltern. Wenn die spitzkriegen, dass ich Opis Teleskop nicht brauche, muss ich zu Hause bleiben und mir die Sternschnuppen vom Garten aus ansehen.«
»Hier oben können sie uns nicht hören.« Ich zog Elle zurück in den Speicher, wo ich sie in aller Ruhe küssen konnte. Ich drückte sie sanft gegen die Wand, ließ meine Hand unter ihre Bluse gleiten und öffnete ihren Büstenhalter.
»Matt! Bitte nicht!«
Ich hörte nicht auf sie, sondern küsste ihren Hals, ihre Ohren – eigentlich alles, von dem ich wusste, dass es eine Reaktion hervorrief.
»Und wenn meine Eltern kommen und nach uns suchen?«
Ich legte ihr meine Hand auf die Brust.
»Matt! Lass uns bis morgen warten.«
»Morgen?« Ich straffte mein Kreuz. Mein Rücken war nicht mein einziger aufgerichteter Körperteil.
Sie zitterte und schaute mir gerade in die Augen. Ihr Blick wirkte alles andere als sicher. »Du musst dich aber um Schutz kümmern. Ich bleibe morgen die ganze Nacht hier, um die Perseiden zu beobachten. Allein. Du könntest doch heimlich dazukommen. Du hast morgen frei, richtig?«
Ich starrte sie atemlos an. »Meinst du das ernst?«
Sie nickte. »Ich möchte gern … mit dir schlafen.«
»Mein Gott, wie ich dich liebe, Peep.«
»Ich dich auch«, erwiderte sie. »Aber wir müssen sehr vorsichtig sein.«
Und das waren wir. Wie sich allerdings herausstellen sollte, nicht vorsichtig genug.
12
Zwanzig Jahre vor dem Unfall
I m September 88 begann mein letztes Schuljahr in der Oberstufe. Elle hatte mich längst überholt. Seit dem letzten Semester war sie als Gasthörerin im Bowdoin College eingeschrieben und steckte ihre Kommilitonen so locker in die Tasche, dass sie trotz ihres jugendlichen Alters ab dem Wintersemester als ordentliche Studentin aufgenommen wurde. Weil sie noch keinen Führerschein hatte, erbot ich mich, sie nachmittags abzuholen, was natürlich nur ein Vorwand für kleine Ausflüge zum Haus ihres Großvaters war.
Mit den fallenden Temperaturen verschlechterte sich auch Alices Gesundheitszustand. Da sie sehr wohl wusste, was auf sie zukam, brach sie gegen den Willen ihres Ehemannes die Krebsbehandlung ab.
Elles Tränen überraschten mich nicht. Sie wollte mehr Zeit mit ihrer Mutter verbringen, schwänzte Vorlesungen und blieb dann die halbe Nacht auf, um den Stoff nachzuholen. Nie achtete sie auf sich selbst. Trotzdem fanden wir dann und wann Zeit für uns. Wir kamen uns immer näher. Ich schwöre, ich spürte ihren Schmerz und hätte ihn ihr liebend gern abgenommen. Zwar waren wir noch Kinder, aber wir fühlten uns als Familie. Für mich gab es nur eine Zukunft: Natürlich würden wir heiraten – irgendwann.
Eines Nachmittags Mitte November heizten wir im Haus ihres Großvaters den Holzofen ein und kuschelten uns auf das Sofa. Elle ging es nicht gut. Alle merkten es. Meine Muttersagte immer: »Das Mädchen macht sich noch kaputt mit der ganzen Hausarbeit, die sie neben dem Studium erledigen muss. Warum stellt Hank keine Haushälterin ein? Er könnte es sich wirklich leisten.«
Ich streichelte Elles Haar. Plötzlich sprang sie auf und rannte zur Toilette. Ich hörte, wie sie sich übergab, und mit einem Mal kam mir eine völlig blödsinnige Idee. Ich wusste zwar, dass Krebs nicht ansteckend ist, aber die Veranlagung kann sich innerhalb einer Familie vererben. Dann jedoch fiel mir ein, dass den Patienten von der Chemotherapie schlecht wird. Nicht vom Krebs. »Peep?«
»Geh weg.«
»Darf ich reinkommen?«
»Nein.«
»Elle, du bist krank. Willst du nicht lieber zum Arzt gehen?«
Die Tür ging auf. Bleich wie die Wand wankte Elle zum Sofa und schlug die Hände vors Gesicht.
»Was ist denn mit dir?« Sanft massierte ich ihren Rücken.
Sie blickte mich mit riesengroßen Augen an. »Zuerst wollte ich es nicht wahrhaben …« Ihr Kinn zitterte. »… aber ich glaube, ich bin schwanger.«
Elle wollte nicht, dass ich sie zur Untersuchung begleitete. Also blieb ich im Wartezimmer sitzen und schlug die Zeit tot, indem ich Heftchen über Geschlechtskrankheiten las. Ich hatte bestimmt keine. Beim Sex hatte ich immer Kondome benutzt. Wirklich immer. Als Nächstes las ich etwas über Kondome. Wie man sie richtig benutzte. Das war mir natürlich bekannt, denn ich hatte sie
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