Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
schachtelweise verbraucht. Das Dumme war nur, dass ich mir nie die Gebrauchsanweisung durchgelesen hatte, sondern den Umgang mit den Dingern gelernt hatte wie jeder andere Junge auch – durch Mundpropaganda. Du wartest, bisdu hart bist, und rollst es über. Wenn du fertig bist, wirfst du es weg und stellst sicher, dass deine Eltern die Verpackung nicht finden. Der springende Punkt allerdings war, dass man noch hart sein musste, wenn man ihn herauszog.
Bei dem Mädchen in Wales ging es mir kaum schnell genug, ihn wieder herauszuziehen. Aber mit Elle war es anders. Ich blieb gern in ihr. Und einmal rutschte das Kondom halb herunter, als ich ihn herauszog. Nur ein Stück, nicht vollständig. Ich wähnte uns in Sicherheit. Himmel nochmal!
Die Tür ging auf, und eine Frau im weißen Kittel rief mich herein. Elle saß in einem dieser hässlichen Krankenhaushemden an einem Tisch mit Klammern. Wenigstens hatte sie ihre Füße nicht darin. Sie ließ den Kopf hängen und blickte mich nicht an.
»Möchten Sie es Matt sagen, oder soll ich es tun?«
Elle biss sich auf die Lippen und starrte ihre Hände an, die sie so fest verschränkt hatte, dass die Knöchel schon weiß wurden.
»Sie ist etwa in der zehnten Woche schwanger«, sagte die Ärztin. »Es gibt mehrere Möglichkeiten. Wenn Sie einen Abbruch wollen, müssen Sie sich rasch entscheiden, denn dazu bleiben uns nur noch zwei Wochen. Sie können das Baby natürlich auch behalten. Oder sie geben es zur Adoption frei. Ich denke, Sie sollten sehr bald mit Ihren Eltern reden«, fuhr sie fort.
Elle stand auf und raffte die klaffende Öffnung des Hemdes zusammen. »Nie und nimmer. Meine Mom und mein Dad dürfen nie davon erfahren. Weder jetzt noch irgendwann später.« Sie lief zur Toilette und knallte die Tür hinter sich zu.
Ich blickte ihr wie belämmert nach, bis ich die Augen der Ärztin auf mir spürte. »Ihre Mutter ist sehr krank«, versuchte ich zu erklären. Erst in diesem Moment kam mir die Tragweite der Situation zu Bewusstsein.
»Ich möchte, dass Sie sich mit einem unserer Berater unterhalten.«
»Sicher.« Nachdem die Ärztin gegangen war, tauchte Elle wieder auf, fuhr in ihre Schuhe und zog sich den Pullover über den Kopf. »Lass uns gehen.«
»Die Ärztin will aber, dass wir …«
»Ich kann nicht. Nicht jetzt. Ich muss nachdenken. Bitte, Matt, bring mich nach Hause.«
Aber ich brachte sie nicht nach Hause. Kaum saßen wir im Auto, als mir eine bessere Idee kam. Ich fuhr auf die Autobahn. Innerlich verfluchte ich mich. Ich hatte ihr versprochen, achtzugeben. Und Elle hatte mir vertraut.
Eine Stunde später nahm ich die Ausfahrt zu einer Stadt am Meer. Der Himmel war bedeckt und grau. An den Bäumen hingen keine Blätter mehr. Wir parkten am Strand und liefen durch den Sand. Vom Atlantik her pfiff ein kühler, aber nicht wirklich kalter Wind. Hand in Hand wanderten wir den langen, leeren Strand entlang. »Was immer du willst«, sagte ich, »wir tun es.«
»Vor allem will ich nicht schwanger sein. Sieht man es mir an?«
Ich schüttelte den Kopf. Aber ihre Brüste waren größer geworden, und ihr Körper wirkte voller als früher. Ich hatte hinter den weiblichen Kurven eine zunehmende Reife vermutet. »Willst du es abtreiben?«
Sie blickte mich an. »Kommt überhaupt nicht infrage! Meine Mom stirbt, und jeden Tag flehe ich den lieben Gott an, dass er sie rettet. Und da soll ich eine Kehrtwendung machen und ein Baby töten?«
»Nein, Peep. So habe ich das nicht gemeint.« Aber ich wusste nicht, was ich denken sollte. Oder sagen. Noch nicht einmal, was ich wollte. Doch – ich wollte, dass sie nicht schwanger war.
»Meine Eltern helfen uns bestimmt. Nachdem sie mir den Hals umgedreht haben.«
»Ich bin erst fünfzehn. Ich kann jetzt kein Baby bekommen. Ich muss mich um Christopher kümmern, das habe ich meiner Mom versprochen.« Elle begann zu weinen. Ich nahm sie in die Arme, und wir setzten uns eng aneinandergekuschelt in den kalten Sand.
All unsere Träume zerstoben im Wind. Medizinstudium für mich, MIT und NASA für sie. Und dann war da auch noch das ganz Naheliegende. Alice würde es erfahren müssen, ebenso wie meine Eltern. Ich hatte sie alle unendlich enttäuscht. Hank würde sich wünschen, mich totgefahren zu haben, anstatt mir nur ein Bein zu brechen. Ich hatte ein Durcheinander angerichtet, aus dem es keinen Ausweg zu geben schien. Und doch war da ein Teil von mir, ein ganz winzig kleiner Teil von mir, der ehrfürchtig staunte, dass
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