Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
Elle und dir zu bedeuten?«
»Ich liebe sie.«
»Du liebst sie? Seit wann?«
Ich zuckte die Schultern. »Seit dem Sommer.«
Er atmete vernehmlich aus. »Mein Sohn, sie ist zu jung für dich. Sie ist erst vierzehn.«
»Erstens ist sie im Juli fünfzehn geworden, und zweitens scheinst du mich nicht zu verstehen. Ich liebe sie. Wirklich und wahrhaftig.«
In den Augen meines Vaters erkannte ich etwas, das mir zeigte, dass ich, ohne es zu wollen, zu viel verraten hatte. Er rieb sich den allmählich kahler werdenden Schädel. »Matt, lass es besser sein. Sie ist zu jung, und du bist es auch. Lass es. Ich meine es ernst. Lass es!«
Ich starrte ihn an. In ein paar Monaten würde jeder erkennen, dass seine Warnung zu spät gekommen war. Alle Träume, die wir je hatten, lösten sich in Nichts auf.
Am nächsten Tag zwang ich Elle, erneut mit mir zur Schwangerschaftsberatung zu gehen. Nach einer qualvollen Sitzung mit einem Sozialarbeiter erhielten wir die Adresse einer Agentur, die auf Adoptionen spezialisiert war, und einer Klinik für Elles Geburtsvorsorge. Zwar hatten wir jetzt einen Plan, aber das Leben wurde dadurch nicht leichter.
Alice wurde mit Krampflösern und einer neuen Schmerzmedikation aus dem Krankenhaus entlassen. Elle und ich waren nämlich nicht die Einzigen, die ein Geheimnis für sich behielten. Schweigend hatte Alice immer stärkere Schmerzen ertragen.
Als ob sie eine letzte Familienfeier hätte abwarten wollen, wachte Alice am Morgen nach Thanksgiving nicht auf. Niemand schaffte es, sie zu wecken. Wieder kam der Notarztwagen, aber dieses Mal schien sich Elle damit abzufinden. Sie kümmerte sich um ihren Bruder, der sich an ihren Hals klammerte. Hank lief unruhig auf und ab und listete den Sanitätern Alices Medikamente auf.
Ich versuchte, Elle Christopher abzunehmen, aber er ließ sie nicht los. Mir war nur wichtig, dass sie sich nicht mit dem Jungen abschleppte, denn immerhin war sie im dritten Monat schwanger. Schließlich brachte ich sie dazu, sich mit Chris auf dem Schoß wenigstens auf die Treppenstufen zu setzen.
»Siehst du, Chris, alles ist in Ordnung. Mom schläft nur. Die Leute in der Klinik wecken sie wieder auf«, sagte sie.
»Aber ich will zu Mommy!«
»Keine Sorge, ich passe schon auf dich auf. Komm mit, jetzt machen wir erst einmal ein Frühstück.« Sie führte ihn ins Haus.
Am Wochenende nach Thanksgiving flehte Hank die Ärzte an, es bei Alice noch einmal mit einer Chemo zu versuchen. Die Ärzte lehnten ab. Sie erklärten Hank, dass Alice zum Sterben entweder in der Klinik bleiben könne oder Hank solle sie wieder mitnehmen und bis zu ihrem Tod zu Hause betreuen.
Und so wurde das Haus der McClures zum Hospiz. Alice befand sich in einem Zustand, den die Ärzte als »leichtes Koma« bezeichneten, aber für uns sah es anders aus. Sie lag auf einem angemieteten Krankenhausbett mitten im Wohnzimmer. Meistens krümmte und wand sie sich. Weil sie nicht bei vollemBewusstsein war, erhielt man sie am Leben, indem man sie durch eine Magensonde ernährte, die in ihrer Nase steckte. Schlimmer war, dass sie ihre Körperfunktionen nicht mehr unter Kontrolle hatte. Bald schon war der Geruch nach Urin und Fäkalien kaum noch aus dem Haus zu vertreiben.
Wenn die betreuende Krankenschwester gerade nicht damit beschäftigt war, Alices körperlichen Bedürfnissen nachzukommen – sie zu drehen, ihre Vorlagen zu wechseln oder einen neuen Beutel an die Magensonde zu hängen –, schlug sie die Zeit damit tot, endlos und monoton zu schwatzen.
Ich saß in der Ecke in einem dick gepolsterten Sessel, tat, als wäre ich nicht anwesend, steckte meine Nase in ein Buch und hatte Kopfhörer auf. Der Walkman lief durchaus nicht immer. Ich versuchte, mit der Tapete zu verschmelzen und da zu sein, ohne bemerkt zu werden.
Im Gegensatz dazu bemühte sich die Schwester, eine Frau mit runden Wangen und noch runderer Kehrseite, in die Familie aufgenommen zu werden, indem sie sich hingebungsvoll um Mutter und Kinder kümmerte. »Wann wollt ihr denn den Weihnachtsbaum aufstellen?«
Elle blickte von dem Buch auf, das sie Alice gerade vorlas. »Was?«
»Mag deine Mutter Weihnachten, Elle?«
Elle presste die Lippen zusammen. Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet.
»Vielleicht würde ein Baum ihr gefallen. Und was wünschst du dir zu Weihnachen? Mädchen in deinem Alter wünschen sich meistens etwas anzuziehen, oder?«
»Mag schon sein«, entgegnete Elle und stand auf. »Meinen Sie wirklich, wir sollten
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