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Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Priscille Sibley
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mich der HNO , vorsichtshalber dabei zu sein, während er die Geschwulst öffnete.
    Als Nächstes kam ein Baby, das vier Monate zuvor als Frühchen geboren war. Aufgrund seiner mangelnden Reife hatte sein Gehirn schwerwiegende Schäden erlitten. Ehe der Säugling entlassen wurde, hatten Phil und ich ihm einen Shunt gelegt, um die überflüssige Hirnflüssigkeit abzuleiten. Dieser Shunt funktionierte nicht mehr richtig, und das Baby musste erneut in den OP .
    Die Mutter weinte, als ich ihr die Nachricht überbrachte. In ihren Augen erkannte ich Elle. Ich sah die Trauer einer Frau, die einen unermesslichen Verlust erlitt. Und als ich das Baby betrachtete, sah ich Selina, Dylan und die beiden anderen, dienie wirklich Form angenommen hatten. Ich stellte mir auch das Baby vor, das in Elle heranwuchs.
    »Bitte entschuldigen Sie mich«, sagte ich und verschanzte mich unter dem Vorwand, eine Einverständniserklärung vorzubereiten, in der Schwesternstation. Von dort aus rief ich Phil an. Ich fühlte mich nicht in der richtigen Verfassung, um selbst zu operieren.
    Ich war kurz davor, einzuschlafen, als die Pädiatrie wegen Mark Nguyen anrief. Er hatte schwere Krämpfe und reagierte auf keines der herkömmlichen Medikamente. Als seine Krämpfe aufhörten, war er derart mit Chemie vollgepumpt, dass wir ihn auf die Intensivstation zurückverlegen mussten. Auch ein MRT gab keinen Aufschluss darüber, warum das Kind gekrampft hatte.
    Es war wieder einmal eine lange Nacht, aber immer noch besser, als herumzusitzen und Trübsal zu blasen.
    Tagsüber blieb allerdings alles beim Alten. Manchmal bekam ich Besuch von Phil, der mir Carepakete von seiner Frau Melanie mitbrachte.
    Mike, Christopher und Hank schauten regelmäßig vorbei. Alle hohen Tiere der Klinik machten irgendwann eine Stippvisite. Aber ich hatte nicht die geringste Lust auf Smalltalk, sondern wollte mich in Elles Briefe versenken.
    Ich las keine Zeitungen mehr und vermied Nachrichtensendungen im Fernsehen. Wenn Keisha oder Hank mich ablösten, ging ich manchmal spazieren oder schlief eine Runde im Bereitschaftsraum. Die beiden waren die Einzigen, denen ich traute.
    Wenn etwas Ruhe einkehrte, las ich. Die frühen Briefe enthielten typisches Teenagergeplänkel über zu wenig Freiheit, die Schule und Ärger mit den Eltern.
    Anschließend war es die Krebserkrankung ihrer Mutter, die ganze Seiten füllte. Die Briefe wurden düsterer. Auf der Suche nach einer konkreten Aussage überflog ich viele Seiten nur flüchtig. Nur dann und wann sah ich genauer hin.
    Am meisten verunsichert mich, wie Mommys Hände sich verkrampfen, als hätte sie große Schmerzen. Sie leidet. Warum lassen wir das zu? Warum helfen wir ihr nicht? Angeblich liegt sie im Koma und spürt nichts. Aber das stimmt höchstens teilweise. Sie quält sich, kann sich aber nicht äußern. Und wir helfen ihr nicht!
    Die Nachmittagssonne schien ins Zimmer und fiel auf Elles fast durchsichtige Haut. Ich ließ die Läden herunter, um ihre Augen zu schützen. Ich konnte einfach nicht anders, obwohl ich genau wusste, dass sie blind und taub war. Ich rückte meinen Stuhl näher heran und legte meinen Kopf neben ihren auf das Kopfkissen. »Du hast keine Schmerzen. Bitte sag mir, dass du keine Schmerzen hast. Und sag mir, dass ich das tue, was du getan hättest.«
    Plötzlich stand meine Mutter an der Tür. Sie trug noch ihren OP -Kittel. »Das hier hätte Elle sicher nicht gewollt. Auch wenn sie keine Schmerzen hat. Aber wir wissen eben nicht ganz genau, ob sie etwas spürt.«
    »Himmel nochmal!« Erschrocken sprang ich auf und steckte die Hände in die Hosentaschen.
    Mom trat ans Bett, küsste Elle auf die Wange und sagte: »Hallo, Liebes. Dein Gesicht sieht schon viel besser aus. Die Schwellung geht allmählich zurück.«
    »Ich möchte nicht schon wieder streiten«, meinte ich.
    »Ich weiß. Aber darf ich mich bitte eine Minute zu ihr setzen?« Mom ließ sich auf einen Stuhl fallen und betrachtete Elle. »Danke für deine Hilfe im Park«, sagte sie leise. »Deine Geste hat mir viel bedeutet.«
    Ich grunzte. Nein, ich durfte nicht weich werden. Immerhin hatte sie sich mit Adam verbündet. »So, jetzt hast du Elle gesehen. Ich glaube, du musst wieder zurück an deine Arbeit.«
    »Du hättest ihr kein Kind machen dürfen, Matt. Nicht nach den schweren Blutungen bei Dylan, als sie fast gestorben wäre.«
    Da war er! Der Vorwurf, dass alles meine Schuld war. Als ob ich mir nicht längst darüber im Klaren gewesen wäre. »Ich

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