Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
fast das Herz, und sie fühlte sich schuldig, weil sie das Kind nicht austragen konnte. Das hat sich nie geändert. Und es wiederholte sich bei jedem Baby, das wir verloren haben. Ich schwöre dir, sie wollte dieses Baby unbedingt behalten.«
Ich setzte mich auf einen freien Barhocker neben Hank. Vor ihm auf dem Tresen stand eine ganze Reihe leerer Whiskygläser, ein halb volles hielt er in der Hand. Und gleich daneben wartete ein weiteres, bis zum Rand gefülltes Glas. »Wie hast du mich gefunden?«, fragte er.
Ich zuckte die Schultern. »Vor dieser hier war ich in dreizehn anderen Kneipen und habe dafür ungefähr drei Stunden gebraucht. Durchhaltevermögen, würde ich sagen.«
Die Barkeeperin, eine punkige, kesse Rothaarige, stand vor mir und lächelte mich so breit an, als erhöhe die Anzahl der gezeigten Zähne ihre Chance auf ein Hundert-Dollar-Trinkgeld. »Was darf ich Ihnen bringen?«
»Corona, wenn Sie Limetten dahaben«, sagte ich und wandte mich wieder Hank zu. »Ich habe dich immer für einen Biertrinker gehalten.«
»Damals zu Hause hat Alice mir nur Bier erlaubt, weil sie davon ausging, dass ich davon weniger schnell betrunken würde. In dieser Hinsicht war sie nicht die Schlaueste. ›Naiv‹ wäre wahrscheinlich der treffendere Ausdruck. Ein wahres Unschuldslamm.« Er leerte sein Glas, setzte es hart auf denTresen und nickte der Barkeeperin zu, ihm das nächste zu füllen.
Die junge Frau servierte mir mein Bier und warf mir einen prüfenden Blick zu. »Habe ich Sie nicht neulich im Fernsehen gesehen? Sie sind doch der Mann dieser Astronautin.«
»Sie haben uns hier nie gesehen, okay?«, sagte ich und legte ihr einen Zwanziger hin.
Sie ließ den Schein in die Tasche gleiten und zog sich zurück.
»Du wirkst überhaupt nicht betrunken«, stellte ich mit einem Blick auf Hank verwundert fest.
»Oh, ich kann eine ganze Menge vertragen, ehe man es mir anmerkt. Außerdem waren das alles Softdrinks.«
Ich streckte die Hand aus und griff nach dem vollen Glas. Es enthielt Scotch und halb geschmolzenes Eis.
»In allen anderen war Pepsi. Die Versuchung ist immer da, ob nun real oder nur eingebildet. Manchmal ist es leichter, wenn man dem Feind mitten ins Gesicht schaut.« Er schien mich zu beobachten.
»Also zunächst einmal: Elle hat niemals abgetrieben. Und dann wollte ich dir von der ersten Schwangerschaft erzählen. Es wäre wichtig, denn … also, ich werde ohnehin darüber reden, wenn ich aussagen muss. Die kurze Version lautet: Wir waren jung, schwer verliebt und ziemlich dumm. Und Alice ging es gar nicht gut.«
Hank nickte und griff nach einem Barlöffel, schob aber dann den Scotch über den Tresen. »Nehmen Sie den hier fort, und bringen Sie mir einen frischen. Bitte mit Eis. Ich hasse verwässerten Scotch.«
Die Barkeeperin blickte mich kurz an und tat dann wie ihr geheißen.
»Weißt du, ich hätte nie geglaubt, dass du und sie … etwas miteinander hattet. Mein Gott, sie war doch ein Baby.«
»Wir waren Teenager, und rings um uns gingen schreckliche Dinge vor. Deshalb suchten wir Zuflucht bei dem einzig Guten, das wir hatten: uns beide. Elle hat niemandem etwas erzählt, weil sie nicht alles noch schlimmer machen wollte, als es ohnehin schon war. Und dann hatte sie eine Fehlgeburt. Sie hat wirklich nicht abgetrieben! Chris muss da etwas missverstanden haben.«
»Wolltet ihr das Baby denn behalten?«
»Ich weiß es nicht. Irgendwann einmal kam auch das Thema Adoption auf, aber ich weiß es wirklich nicht.«
Er biss sich auf die Lippen. »Und ich war zu besoffen, um auch nur den kleinsten Hinweis zu erkennen. Mein Gott! Sie war erst fünfzehn. Du hast mit meiner Tochter geschlafen, als sie fünfzehn war. Du hättest es wirklich besser wissen müssen. Du bist schließlich älter als sie.«
»Schon, aber nicht viel. Ich war doch selbst noch ein Kind. Ich wäre sicher auch entsetzt, wenn meine fünfzehnjährige Tochter mit ihrem Freund schliefe – ganz besonders nach allem, was uns widerfahren ist –, aber wenn du jung bist und eine Freundin hast, denkst du nicht an solche Dinge. Du denkst nur daran, wie sehr du sie begehrst. Außerdem habe ich sie damals schon geliebt, und ich liebe sie noch immer. Wir haben Mist gebaut. Sie wurde schwanger. Und dann war sie es plötzlich nicht mehr.«
Er starrte mich böse an. »Und ich dachte immer, Elle wäre ein gutes Mädchen gewesen. Sie war so süß, weißt du?«
»Oh ja, das war sie.«
»Wusste Alice Bescheid?«
»Ich glaube, eher
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