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Ich waer so gern ganz anders, aber ich komme einfach nicht dazu

Ich waer so gern ganz anders, aber ich komme einfach nicht dazu

Titel: Ich waer so gern ganz anders, aber ich komme einfach nicht dazu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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»gelesen und gelacht« vermerkte. Ein echter Haudegen, der sich die Nächte in Rockerspelunken um die Ohren schlug und ein Gewinner im Wettsaufen war. Mario hatte oft Besuch, denn der Rocker an sich ist nicht gern allein und taucht am liebsten im Rudel auf. So lernte ich ihn kennen und so traf ich ihn meistens an: lärmend, zotig, ein Großmaul eben. Was will die Weiner denn mit dem? Fragten sich meine Kollegen.
    Ich fand das WG-Leben mit Mario sehr bereichernd, denn früh und plastisch durfte ich damals schon erfahren, dass der Satz: »Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust«, wie aus dem Leben gegriffen ist. Waren wir allein, hatte Mario nämlich nichts mehr von dem Kerl in Lederkluft, sondern verwandelte sich in eine derart pedantische Hausfrau, wie sie keine Komödie besser erfinden könnte. Im besten Frankfurterisch zeterte er auf mich ein: »Weiner, wenn du weiderhin so viel Haar verlierst, dann lass isch disch nur noch mit de Badekapp in die Woohnung!« Ich hatte ihn dabei auf der Erde kniend vorgefunden, wie er mittels eines Schwämmchens den Badezimmerteppich reinigte.
    Seine Kumpels haben den Mario mit dem Putzschwämmchen nie zu sehen bekommen. Sobald er das »Blubbern« einer Harley hörte, ließ er Schwämmchen, Tuch und Essigreiniger verschwinden. Er ließ dann wieder die Kronkorken springen und rülpste so laut, dass die Gardinen meines Zimmers wehten. War Mario jedoch verliebt, dann putzte er sich heraus, »fraß Kreide« und verwandelte sich in einen Koch, zauberte die unglaublichsten Köstlichkeiten an unserem kleinen Herd und verzehrte diese dann später im Beisein seiner Freundin mit umgebundener Serviette und abgespreiztem kleinen Finger. Ich lernte den wütenden Mario kennen, der sich von seinem Mädchen »verarscht« fühlte und auch die sehr verletzte und »kleine« Seite von ihm, als diese ihn mit einem anderen betrog. Nach vielen »Pflümli« fand ich ihn heulsusig, von Bauchgrimmen geplagt in seinem Zimmer vor: »Isch würd ja um se kämpfe, wenn isch nur net so ä Weichwoschd wär!«
    All das war Mario. Oh, einen habe ich noch vergessen: den Kleinkriminellen Mario, der nächtens krumme Dinger drehte und mich im Morgengrauen mit dem stolzen Versprechen weckte: »Weiner, isch glaab, wir habbe ka Geldsorche mehr.« Es hat nie geklappt, was wohl auch besser war, darüber hinaus hatte ich sowieso keine Geldsorgen zu dieser Zeit, zumindest keine, bei denen der »Kredit« eines überfallenen Supermarktes geholfen hätte. Als die Bank trotz aller Aufforderungen nicht lachen wollte und den Gerichtsvollzieher schickte, wanderte Mario nach Australien aus, nicht ohne vorher ziemlich viele Menschen, mich mit eingeschlossen, noch einmal tüchtig übers Ohr zu hauen. Wie auch immer, es war eine besondere Zeit und sollte ein Filmproduzent Lust haben, mit mir ein Drehbuch zu entwickeln, ich wäre sofort dabei. Viele verrückte Geschichten konnte ich hier gar nicht erzählen, weil es ja nicht um Mario und mich geht, sondern um viele mehr, nämlich die vielen Persönlichkeiten, die in uns allen stecken.
    Zurück zu Ihnen. Was Mario kann und ist, das können und sind Sie nämlich auch. Nur, das hoffe ich zumindest, wollen Sie Ihre vielseitigen Kompetenzen vielleicht etwas bewusster, sprich intelligenter nutzen. Zum Beispiel, indem Sie – Sie ahnen es schon – erkennen, dass Ihre Verschiedenheit Ihnen großen Nutzen bringen kann. Der erste Schritt besteht darin, darauf zu hören, was da so alles in einem schwätzt.
    Das innere Hörspiel
    Wenn Sie in sich hineinlauschen, dann werden Sie vermutlich eines kleinen »Chors« von Stimmen gewahr werden. Diese Stimmen tragen maßgeblich dazu bei, ob wir uns »passend« fühlen oder unzulänglich. Wenn es eher um letzteres geht, dann zeigt sich das in verschiedenen Gefühlen (verstimmt, verärgert, traurig, bockig, verzweifelt, arrogant), und/oder wir streben eine Veränderung an. Wie immer wir aber entscheiden, die inneren Stimmen sprechen ein Wörtchen mit. Und das tun sie ständig, wenn auch nicht immer auf sehr schlaue Art und Weise. Sogar jetzt, da ich mich mit Ihnen unterhalte, kann es sein, dass Ihre inneren Stimmen noch immer meine Geschichte mit Mario oder Ihre eigene Vielfältigkeit infrage stellen oder diskutieren. Das könnte ein kleines Geraunze sein, ein interessierter Kommentar und auch eine richtige Diskussionsrunde:
    ) Das hat die doch erfunden, das mit dem Rocker.
    ) Spinnt die? Ich höre keine Stimmen. Ich bin doch nicht bekloppt!
    ) Innere

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