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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Piewitz
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mich höllisch anstrengen, solchen Gedankengängen folgen zu können, dieses Gründeln, das liegt mir irgendwie nicht. Ich bin total erschöpft. Setze mich auf einen Baumstamm, der da am Elbufer rumliegt. Gucke erstmal auf’s Wasser. Konzentration, Arne, du spielst mit deinem Leben.
    Jetzt muß was gesagt werden. Etwas, das die Sache vorantreibt. Aber ich will keinen Krach. Nichtmal Auseinandersetzungen. Ich nehme auch den schwarzen Peter, wenn’s nur keine Tränen gibt. Sie muß eine faire Chance haben, auszusteigen. Sie muß Schluß machen! Ich bin überhaupt nicht frauenfeindlich — aber es ist sicher einfacher für sie, zu sagen »ich hab’ mich da ausgeklinkt« — besonders vor ihren Frauen. Die würden sie doch sonst wieder total auseinandernehmen.

    Oh, die Szenefrauen! Da wird wieder ein Spektakel losgehen... Es hat ja auch was vom Bühneneingang nach einem Rock ’ Roll-Konzert. Die Groupies, meine ich.
    Es ist ja nicht nur so, daß unsereins auf seinen Umgang achten muß. Die junge Frau hier, M., fährt ja auch nicht schlecht in meiner Gesellschaft. Sie hat ja auch ein Renomé zu vertreten, und da bin ich eben eine erste Adresse. Die Platzhirsche haben auch bei uns das größte Rudel. Da kriegen sogar die kleinen Dicken eine ab. »Da, guck mal, der bekannte militante Anarchist«; »das ist der mit den guten Kontakten zur RAF«; und »der da, der hat ziemlich lange gesessen«; »den da drüben haben die Bullen mal fertiggemacht, der daneben ist im Leitenden Gremium vom KB«; »das? Das ist so’n politischer Drahtzieher, ohne den läuft nichts;« »das da ist ’n DKPler, was will der denn hier? Und da drüben, da sitzt Arne.« »Arne? Von dem habe ich schon was gehört. Ist das nicht der...!« »Ja, genau. Und dann hat er noch...«
    »Sieht gut aus, der Arne. Faszinierend. Interessiert mich. Muß ich unbedingt kennenlernen.« Und so weiter, bis: »Keine schlechte Partie.«
    So geht das doch zu in den Kneipen, ich weiß es doch.
    Der, der’s versteht, seine Fortschrittlichkeit am augenfälligsten darzustellen, sei es durch Action oder Rede, hat den größten Harem. Die tollen Typen sind begehrt, und der tolle Typ weiß das auch. Von so einem tollen Typen fallengelassen zu werden, ist kein gutes Zeichen, das bedeutet Abstieg im Ansehen. Denn auch bei uns gibt’s Damen der Gesellschaft, die großen Wert darauf legen, mit irgendeinem Chef eine »Beziehung« zu haben. Und der Kampf um die Plätze ist hart.
    »Das ist die Ex-Frau von Arne« — das kann sehr unterschiedlich gesagt werden... Sie muß die Chance haben, daß der Nachsatz kommt: »Sie hat mit ihm Schluß gemacht.« Wenn dieser Nachsatz nicht kommt, wenn vielleicht sogar das Gegenteil kolportiert wird: Schlecht für sie. Ganz schlecht...
    Ich sitze auf dem Baumstamm, gucke noch auf’s Wasser, sammle alle Kräfte, bin total klar, konzentriere mich auf’s schärfste und sage: »Ich weiß, daß ich nicht in dich verknallt bin.« Sie sagt: »Ich habe das akustisch nicht verstanden.«
    Kann sein, kann nicht sein. Egal. Ich wiederhole: »Ich weiß, daß ich nicht in dich verknallt bin.«
    Pause, Pause, Pause.
    Ich sage: »Schockt dich das jetzt?«
    Pause, Pause, Pause.
    Ich habe Mitleid mit ihr. Sie zeichnet mit einem Stöckchen im Sand herum, ich kann nicht sehen, ob sie weint.
    Ich denke, nun ist alles klar. Jetzt muß sie nur noch sagen, »das habe ich schon gemerkt, also lassen wir’s, das war’s dann wohl.« Sie muß dieses Drama nun beenden.
    Für mich ist nämlich Schluß. Ich habe doch laut und deutlich gesagt, daß jetzt für mich Schluß ist, oder?

    Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch, aber man darf dabei unter Leidenschaft nicht das verstehen, was man im einzelnen die Leidenschaften nennt. Natürlich hat es immer wieder irgendwas gegeben, was mich in diese hineingetrieben hat, und das war vielleicht Leidenschaft, aber im Zustand der Erregung und der erregten Handlungen selbst war mein Verhalten immer zugleich leidenschaftlich und teilnahmslos.
    Ich habe so ziemlich alles mitgemacht, was es gibt, und ich fühle, daß ich mich auch jetzt jederzeit in irgendwas hineinstürzen kann, das mir gar nichts zu bedeuten braucht, wenn es nur meinen Aktionstrieb reizt.
    Mit nur wenig Übertreibung kann ich von meinem Leben sagen, daß sich alles darin so vollzogen hat, wie wenn es mehr zueinander gehört als zu mir. Auf A ist immer B gefolgt, ob das nun im Kampf oder in den »Beziehungen« geschah. Ich glaube, daß die persönlichen

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