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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Piewitz
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Fall wirklich opportun? Schluß? Oder abwarten? Immer diese Entscheidungen.
    Ich habe da einen gewissen Charme aus der Dose anzubieten: unter halbgeschlossenen Augenlidern blinzeln. Das nimmt bei vielen Gegnern den Druck weg, natürlich hauptsächlich bei Frauen. Irgendwie macht ihnen das die Aggression kaputt, irgendwas bewirkt, daß ich plötzlich lieb und hilflos wirke, ein böser Bub, der wieder brav sein möchte. Das Mittel ist beliebig verfüg- und einsetzbar, jeder weitere Widerstand ist meist sinnlos und kostet unnötige Opfer.
    Sie sagt relativ milde: »Das war eine Unverschämtheit!«
    Ich nicke nur.
    Wenn sie das für eine Unverschämtheit hält, was ich da vor der Kneipe gesagt habe — da kann man nichts machen. Gegen solch riesige Löcher im Verstand komme ich nicht an mit meinem kleinen Schäufelchen. Wenn sie das für nichts anderes als eine Unverschämtheit hält, kann ich auch ohne Skrupel »tut mir leid« sagen. »Weißt du«, sagt sie, »ich habe ja selbst auch solche Scheiße wie Männerfreiheit im Kopf, ich schalte auch erstmal auf solche Kategorien um wie: ihm seine Freiheit lassen. Mir fällt es auch schwer, mich gleich gegen sowas zu wehren.«
    »Freiheit?« frage ich, »wieso — ich lasse dir doch auch deine Freiheit. Wenn du in ’ne Kneipe willst, das kannst du doch jederzeit.«
    »Es hat keinen Zweck«, murmelt sie.
    Ich sage, »ich versteh gar nicht, wie man sich um sowas streiten kann, in meinen früheren Beziehungen hat’s darum nie irgendeine Auseinandersetzung gegeben.«
    Da kriegt sie einen Tobsuchtsanfall. Tobt und schreit:
    »Freiheit statt aufeinander eingehen.
    (Auf der möchte ich auch nicht eingehen. Aber auf dir auch nicht/Der Verlag.) Freiheit statt einmal zu fragen: möchtest du auch noch in ’ne Kneipe? Wenn das Freiheit ist, dann will ich keine Freiheit. Männerfreiheit!«
    Sie hört auf zu schreien. Ich habe angefangen, mich auszuziehen... Aber an diesem Abend spielt sich nichts mehr ab. Sie robbt ein bißchen ran, wuselt rum, hier ein Schenkelchen, da ein kunstvoll geschwenktes Tittchen — aber ich will nicht. Nein, ich kann nicht. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich sicher auch gewollt.
    Das ist ja nun mal immer so...

    Am Morgen bringe ich’s dann doch. Sie steigt voll ein. Aber es ist nicht so wie sonst. Da fehlt was. Innigkeit? Wir sind nicht so spaced out wie sonst. Wir bumsen einfach. Sie bumst mich durch, ich sehe es ihr an. Es ist die blanke Geilheit, da ist nichts mit Zärtlichkeit, die Poren durchbohrt, heute morgen könnte mich auch jemand bei ihr vertreten.
    Es stört mich nicht. Ganz im Gegenteil. Kommt die junge Frau nun auf meine Ebene? Ich habe dagegen keine Ein wände...

    Wieso eigentlich »Freiheit statt aufeinander eingehen?« Das klingt wie »Freiheit statt Sozialismus« — nein, das klingt viel schlimmer, das klingt wie »Sozialismus statt Freiheit!« Sie benutzt ja »Freiheit« als etwas minderwertiges, als etwas, das einem »aufeinander eingehen« entgegengesetzt und unterlegen ist. So, wie in dem blöden Wahlspruch der Sozialismus als der Freiheit unterlegen und entgegengesetzt dargestellt wird. Wat’n Schwachsinn! Was heutzutage alles unter »Freiheit« verstanden wird...
    Freiheit ist, wenn jede(r) jederzeit jedenorts mit jedermann ein Pfeifchen rauchen kann, ohne daß sich jemand gestört fühlt.
    Freiheit heißt auch, wenn ich einem Impuls nachgeben und irgendwas machen will, daß ich dann niemandes Erlaubnis, ja nicht einmal das Einverständnis, einholen muß. Und daß ich, immer wenn ich komme, genau richtig komme, und das hängt nicht davon ab, wann ich komme — ja, das gehört unbedingt zur Freiheit, daß ich das weiß, daß ich da keinen Zweifel habe. Wenn das nicht so ist, dann muß ich mich unfrei fühlen, angebunden, mit Verpflichtungen im Nacken. Und das ruiniert die spontane Entscheidung, da bist du von jeder spontanen Action abgeschnitten.
    Na ja, das liest sich jetzt wie ein Leitfaden zur Unzuverlässigkeit. Ich meine schon, daß man Verabredungen einhalten muß, daß da keine Mißverständnisse aufkommen. Ist so insgesamt vielleicht etwas überspitzt ausgedrückt. Ich meine nur — dieses Gefühl, Rechenschaft ablegen zu müssen, das kann ja zwanghaft werden.
    Ständig fühlst du dich unter Beweisdruck.
    Was hat sie gegen Männerfreiheit?
    Ich habe nichts gegen Frauenfreiheit.
    Angesichts der herrschenden Klasse, vertreten durch das Patriarchat, kann es ja wohl nicht darum gehen, die Männer- der Frauenfreiheit

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