Ich war der Märchenprinz
ihr schlafe.
In dieser Nacht treibe ich es mit Helga, der Schwester einer früheren »Beziehung«, mit Suse aus meiner BI, mit Jane Fonda und am Schluß mit Sabine. Ich fasse Sabine an, ich streichle Sabine, ich küsse Sabine, ich liebe Sabine — ein starker Orgasmus und sofortiges Einschlafen.
M. hat keine Ahnung. Sie hielte mich sonst womöglich für ein Schwein...
Ich schlage die Augen auf. M. liegt da und guckt mich an. Die Zärtlichkeit in ihrem Blick ist unübersehbar. Warum verärgert mich das nur?
Sie lächelt. Sie lächelt mich wahrhaftig glücklich an. Sie lächelt so doof glücklich, wie ich es sonst nur im »Goldenen Blatt« gesehen habe. Ich habe regelrechte Fluchtgedanken. Wenn sie wüßte, daß ich sie als Wichsmaschine, als sexuell stimulierende Apparatur, mißbraucht habe, noch nichtmal als Onaniervorlage, das ginge ja noch, nein, als mechanische Einrichtung: sie würde umgehend einen flammenden Protestartikel in der ’Courage’ veröffentlichen. Aber sie lächelt. Sie fühlt sich wohl und offensichtlich tiefbefriedigt.
Sie hat eine Nacht hinter sich, die die Erwartungen, die sie an eine »Beziehung« richtet, voll erfüllt hat. Ich auch. Mir hat das gut gefallen. Das einzige, was gefehlt hat, war Keith Jarrett. Das Kölner Konzert. Ich hätte gern mit ihm noch das Klavier gefickt. Ich habe nichts einzuwenden gegen diese Kombination von frei umherschweifender Phantasie und intensivem physischem Reiz. Für mich ist das in Ordnung. Das Problem ist, daß sie sich mit ihrer Rolle in diesem Spielchen nicht einverstanden erklären wird. Obwohl ihr ja eigentlich nichts verloren geht... Mir fehlt ja auch nichts... Im Gegenteil: So wenig Leute haben eine ideale »Beziehung« — da ist doch eine solche Aufgabenteilung, wer auch immer welchen Part übernimmt, geradezu ein Segen Gottes. Casanova hat das schließlich auch so praktiziert — ob er was geraucht hat, weiß ich nicht, aber ich vermute das mal: als der mit der alten Frau schlafen mußte, hat er sich das Bild eines jungen Mädchens auf den Nachttisch gestellt und immer, keuch, keuch, da rüber geschielt.
Die alte Frau soll auch glücklich gelächelt haben...
M. will nicht, wie sie sagt, Sexualität von mir, sondern mit mir. Das war’s dann. Was sollen solche Wortspielchen, wenn ein einziger Joint diesen subtilen Unterschied einfach flachpupt?
Soll ich ihr nun, unter Auslassung wesentlicher Details, mitteilen, daß ich in Zukunft nur noch bekifft mit ihr schlafe, weil das einen Teil ihrer Probleme löst? Es kann sie ja nicht stören, sie merkt es ja nicht...
Nein, das hat keinen Sinn. In einer »funktionierenden Beziehung« hat man ja auch mal Vormittags Lust, oder während des Abendbrots, ach was, eigentlich hat man immer Lust, ständig und überall, und diese permanente Lust kann man sich nicht herbeikiffen. Ausgeschlossen und ganz im Gegenteil: da läuft dann sehr bald gar nichts mehr. Linke Frau, 24, zu einfältig?
Ich muß mir was anderes einfallen lassen...
Beim Spaziergang an der Elbe habe ich Schwierigkeiten, ihre Zärtlichkeiten zu erwidern. Viel schlimmer: ich kann sie kaum ertragen. Ich hasse es, wenn frau ihre Hände in meine Hosentaschen steckt. Wenn sie überhaupt ständig nach meinen Händen grapscht. Ich hasse es, wenn sie sich bei mir einhakt. Verkneife es mir aber, darauf hinzuweisen, daß diese Art, sich auf einen Mann zu stützen und ihn als Geländer zu gebrauchen, auch nicht gerade ein Zeichen von Selbständigkeit ist. Hasse es auch, Arm in Arm mit ihr zu gehen. Dieser Zwang, den gleichen Geh-Rhythmus zu entwickeln, macht mich völlig fertig.
Aber sie sucht die körperliche Nähe, nutzt jede Chance der Berührung. Wenn das so weitergeht, kriege ich eine Allergie. Ausschlag oder so. Ich muß jetzt wirklich bald was sagen. Sie redet. Daß sie das Gefühl hat, mit mir könne sich eine gemeinsame Sexualität entwickeln; daß ihr Mitbewohner Jörn nur Lust hat, wenn ihre Mitbewohnerin Ulla auch Lust hat, und wenn Jörn merkt, daß Ulla keine Lust hat, daß sich dann seine Lust in Luft umwandelt, und daß es ihr, M., mit mir ganz genauso geht; daß sie auch nicht frustriert ist, wenn »es« mal nicht passiert, und wenn es anders wäre, dann hätte das schon was sehr Objekthaftes, ja, es drückt eine Objekthaftigkeit aus, weiterhin Lust zu haben, obwohl man merkt, daß der/die andere keine Lust hat. Sie erzählt, daß das in ihrer vorigen Liaison so war, und daß es eben jetzt mit mir ganz ganz anders sei.
Ich muß
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