Ich war Jack Falcone
Bereich der organisierten Kriminalität. Ich erlebte meine Zeit als »FNG« in Newark neu. Die Jungs in der Einheit waren hart arbeitende, angesehene Agenten, und alle hatten von dem renommierten Dezernat für organisiertes Verbrechen der New Yorker Polizeibehörde Auszeichnungen erhalten. Die ganze Einheit verfolgte ein gemeinsames Ziel – »Ganoven in den Knast zu bringen«, wie wir zu sagen pflegten. Die C-13 war das Beste, was das FBI und die New Yorker Polizeibehörde vorzuweisen hatten, und ich war dankbar dafür, dass ich ein Teil von ihr wurde.
Ich arbeitete undercover an mehreren großen Fällen, bei denen es um Geldwäsche und Kokain ging. Jedes Mal spielte ich verschiedene Rollen. Für mich war es eine besondere Herausforderung, in die Rolle eines italienischen Mafioso zu schlüpfen, wenn ich unter spanisch sprechenden Leuten war. Ich verstand, was sie sagten, und wollte mich daher oft spontan an ihren Gesprächen beteiligen. Aber ich musste geduldig warten, bis der Informant für mich »übersetzt« hatte. In vielen Situationen hätte ich beinahe diesen Fehler gemacht. Hatte ich mit Jamaikanern zu tun, gab ich mich als kolumbianischer Drogenboss aus, der schlecht englisch sprach. Ich fand es nicht glaubhaft, aber zum Glück schluckten sie es.
Während diese Fälle sich entwickelten, schlugen wir etwa 30 Mal blitzschnell gegen Drogenhändler zu. Ich arbeitete mit Detective Paul Caroleo von der New Yorker Polizeidienststelle als Case Agent und mit Agent Craig Arnold zusammen. Craig kümmerte sich um meine Sicherheit. Wir beschlagnahmten etliche Kilo Heroin und Kokain und – wichtiger noch – brachten einige richtig böse Jungs in den Knast. Wir alle liebten diese schnellen Einsätze – sie jagten den Adrenalinspiegel hoch und stärkten den Teamgeist. Die ganze Truppe ging zusammen raus. Ich übernahm die verdeckte Ermittlung, andere die Festnahmen und so weiter. Es war für uns alle ein Riesenspaß.
Kurz nachdem ich zur C-13 abkommandiert worden war, berichtete ein Infor mant, dass einige Mitglieder einer Jugendbande an der Kreuzung 123. Straße und Lenox (dem Ground Zero des Drogenhandels) größere Mengen Kokain für die Kolumbianer verkaufen wollten. Diese Kreuzung ist so ungefähr der gefährlichste Ort, den ein verdeckter Ermittler aufsuchen kann. Also ließ ich durch den Informanten ausrichten, ich sei ein möglicher Käufer, wolle die Burschen aber nicht im Norden der Stadt treffen. Stattdessen schlug ich ein Gelände vor, das für einen wie mich erheblich angenehmer und sicherer war – die Mitte von Queens.
»Kein Problem«, lautete die Antwort. Wir vereinbarten ein Treffen am gleichen Abend im Georgia Diner in der Nähe der Queen Center Mall, wo der Queens Boulevard die Long-Island-Autobahn kreuzt.
An diesem Abend traf ich die Gangster. Es waren hartgesottene Stra ßenkriminelle, gefährlicher als die Dealer in den Badlands. Sie versprachen mir »Fishscale-Kokain«. Dieses Kokain ist von einer kaum zu übertreffenden Reinheit und Qualität. Der Name ist vom Aussehen des Kokains abgeleitet. Wenn man das Päckchen öffnet, sieht das Kokain sehr glänzend und weiß aus wie die Schuppen eines Fisches, den man aus dem Wasser holt. Die Gangster von der 123. und Lenox wollten den Handel an diesem Abend abschließen, hier und jetzt; aber das lehnte ich strikt ab, angeblich, weil ich große Mengen Kokain nur tagsüber kaufte – dann sei es leichter, in der Menge unterzutauchen. Das war ihnen recht, und wir verschoben den Termin einvernehmlich auf den nächsten Morgen.
Zum vereinbarten Zeitpunkt hatte sich die Umgebung des Georgia Diner in das verwandelt, was wir beim FBI »Drehort« nennen – eine Kulisse für eine Begegnung zwischen Kriminellen und Polizisten. In einem Lieferwagen, der vor dem Lokal parkte, saßen Agenten und Kripobeamte. Verdeckte Ermittler und weitere Kripobeamte hielten sich in mehreren PKW bereit, Fluchtwege in allen Richtungen zu blockieren, falls etwas schiefgehen sollte. Ein Agent lehnte sogar auf dem Gehsteig an einer Mülltonne, hielt eine Flasche in einer braunen Papiertüte in der Hand und gab sich als betrunkener Obdachloser aus. Natürlich beobachtete er alles genau. Solche Agenten nennt man Geister – sie sind für jeden sichtbar, passen sich der Straßenszene aber so gut an, dass die Ganoven sie nie bemerken. Und ich wartete selbstverständlich auf die Ankunft der Gangster. Wir hatten alles, was wir brauchten … außer den Drogenhändlern.
Dealer
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