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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
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stellte sich fast immer dem Gericht, verpfiff nie seine Komplizen und saß seine Strafe immer ab – ein wahrer Gangster. Er res pektierte die Mafia, lebte für sie und drückte immer Geld an seine Bosse ab. In der Welt der Kriminellen war er ein echter Samurai. Bald wurde uns klar, dass DePalma wieder an die Macht kommen würde, so hartnäckig war er. Meine Case Agents und ich entschieden, dass ich DePalma treffen und mir selbst einen Eindruck von seiner Zukunft in der Mafia verschaffen sollte.
    An seiner Stelle hätte ich aller Welt zugerufen: »Ich hab genug. Ich bin 71 Jahre alt. Ich möchte nie wieder ins Gefängnis gehen, sondern mich nur noch um meinen Sohn kümmern. Wenn Sie mir mit ein paar Dollar helfen wollen, großartig. Aber meine kriminelle Zeit liegt hinter mir.« Doch das war nicht DePalmas Art. Er wollte zurück ins Leben, und es schien, als werde es ihm bald gelingen.
    Jeder hätte Greg jederzeit ermorden können: die Gambinos, die Albaner, LaSorsa und all jene, die ihn aus einem Grund hassten, den andere längst vergessen hatten. Aber es war klar, dass DePalma demnächst im Gambino-Clan wieder eine beachtliche Rolle spielen würde. Ich musste ihn treffen. Die Frage war nur, wann und wo.
    Am 4. März 2003, sechs Tage nach Greg DePalmas Entlassung aus dem Gefängnis, erhielten wir einen Tipp: Er wollte im Spaghetti Western essen, zusammen mit einigen Gangstern aus verschiedenen Mafiaclans, von denen ich einige kannte. Das Mahl sollte am späten Abend stattfinden, nachdem die anderen Gäste das Restaurant verlassen hatten. Wir beschlossen, dass ich an diesem Essen teilnehmen sollte.
    »Ich trage eine Wanze, oder?«, fragte ich.
    Nat schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht?«, wollte ich wissen.
    »DePalma hat zu Protokoll gegeben, dass er keine neuen Bekanntschaften schließen will. Er will nicht mehr in den Knast.«
    »Aber ich habe immer eine Wanze bei mir«, beharrte ich.
    Nat war ebenso stur. »Nein.«
    »Aber ich könnte wichtige Beweise verpassen!«
    »Egal«, sagte Nat. »Auf keinen Fall.«
    Also trug ich keine Wanze. Ich werde den Augenblick nie vergessen, als ich das Restaurant betrat, um schnell etwas zu trinken. Am anderen Ende des ansonsten leeren Speisesaals sah ich zehn Mafiosi an einem Tisch essen und trinken. Am oberen Ende saß Greg DePalma. Ich hatte Fotos von ihm gesehen und erkannte ihn sofort. Aber ich war nicht auf seine neue, bizarre Frisur vorbereitet, mit der er aussah wie der Großvater aus der Comedy­serie The Munsters . Er hatte das schüttere Haar von hinten nach vorne gekämmt.
    Ich dachte daran, was DePalma Gerüchten zufolge mit Leuten anstellte, die ihn seiner Meinung nach bestohlen hatten. Spogliari erzählte mir, ­DePalma habe einmal einen Schlagbohrer an den Kopf eines Typen gehalten, der ihm im Naked Truth angeblich etwas gestohlen hatte. Einen anderen habe er mit einer Viehpeitsche in den Unterleib geschlagen. Greg selbst erzählte mir, er habe auf das Auto eines armen Kerls geschossen, nur um ihn zu ärgern. Der Betroffene – der damals im Auto gesessen hatte – bestätigte mir diesen Vorfall.
    Gleich als ich Greg sah, dachte ich daran, dass er nach unseren glaubhaften Informationen jederzeit ermordet werden konnte, und dieses Restaurant war dafür ebenso geeignet wie jeder andere Ort. Obendrein wussten wir von unseren Informanten, dass er das FBI leidenschaftlich hasste, weil es ihn angeklagt und dann alles beschlagnahmt hatte – sein Haus, seine Autos, sein Geld, seine Kunstsammlung, alles. Sollte er je den Verdacht haben, ich sei FBI-Agent, würde er mich womöglich auf der Stelle umbringen, ohne Rücksicht auf die »Regel« der Mafia, keine Justizbe­amten zu ermorden. Wer zum Teufel bin ich? Wie kann ich es wagen, mich mit ihm an den Tisch zu setzen, obwohl er kein Risiko mehr einge-hen darf?
    Ich stand am Eingang und betrachtete die Szene. Zugegeben, ich war ganz schön aufgeregt, aber es machte auch Spaß. Ich liebte den Nervenkitzel, den diese gefährliche Situation auslöste. Dann trat ich zuversichtlich ein, weil ich wusste, dass ich jeder Situation gewachsen war. Und falls diese Kerle mich filzten, würden sie nichts finden. Vielleicht hatte Net recht. Das alles stärkte mein Selbstvertrauen, als ich zum Tisch ging.
    Gregs laute Whiskystimme hallte durch das leere Lokal. Er erklärte lang und breit, wie er Geld verdienen wolle und wie hart sein Leben sei. Ich kannte die Hälfte der Leute am Tisch von meinen Nächten in der Stadt. Auch Jerry

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